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Nach einem Dammbruch ist der Uralfluss im Gebiet Orenburg über die Ufer getreten.

© IMAGO/SNA/RIA Novosti

Jahrhundertflut in Kasachstan und Russland: Das Wasser steht bis in den zweiten Stock

Die Region am Uralfluss in Kasachstan und Russland wird vom schlimmsten Hochwasser seit 30 Jahren heimgesucht. Die Ursachen dafür sind auch menschengemacht.

Seit knapp zwei Wochen steigen die Pegelstände der Flüsse im Norden Kasachstans, im russischen Südural und in Teilen Westsibiriens. Das wiederholt sich in jedem Jahr so, doch in diesem sind die Wassermassen völlig außer Kontrolle geraten. In den betroffenen Gebieten ist der Notstand ausgerufen worden.

Die russischen Behörden sprechen inzwischen vom schlimmsten Hochwasser seit 30 Jahren, und der Höhepunkt ist noch nicht erreicht. Die Situation wird immer dramatischer.

Angesichts rasant steigender Pegelstände mussten bis zum Mittwoch bereits mehr als 100.000 Menschen ihre Häuser verlassen. Allein in Kasachstan wurden nach Angaben der Behörden 96.000 Menschen in Sicherheit gebracht.

Pegelstand zehn Meter, Tendenz steigend

In Russland begann die Katastrophe rund 1200 Kilometer südöstlich von Moskau in der Stadt Orsk, als zwei Dämme brachen und den Ort unter Wasser setzten. Inzwischen liegt der Fokus auf der Großstadt Orenburg. Dort schwoll der Ural-Fluss allein in der Nacht zu Mittwoch um mehr als einen halben Meter an. Der Pegelstand liegt jetzt bei knapp zehn Metern, weit über der kritischen Marke.

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7700 Menschen wurden laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Tass evakuiert. In Hunderten Häusern steht das Wasser, in manchen bis in den zweiten Stock. Das Schlimmste stehe den rund 550.000 Bewohnern von Orenburg jedoch noch bevor, warnten Experten. Der Ural könne noch erheblich weiter anschwellen. 

Russlands Katastrophenminister Alexandr Kurenkow rief die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten auf, rechtzeitig die Flucht zu ergreifen oder die Evakuierungsmaßnahmen ernst zu nehmen. Viele wollen jedoch ihre Häuser nicht verlassen, aus Angst, Marodeure könnten sie während ihrer Abwesenheit um Hab und Gut bringen.

Putin ist faktisch, wenn er auch nicht physisch dort ist, ständig mit dem Thema befasst.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zur Kritik daran, dass Putin nicht an den Ort der Katastrophe reist.

In diesem Frühjahr steigen die Pegelstände überdurchschnittlich stark, weil der Schnee im Hochgebirge Kasachstans durch einen raschen Temperaturanstieg besonders schnell schmilzt. In den Ebenen ist der Boden jedoch weithin gefroren, sodass das Wasser nicht über die Flächen versickern kann. Hinzu kamen Anfang des Monats auch noch ergiebige Regenfälle.

Doch verstärkt wird die Katastrophe nach Ansicht von Experten durch menschengemachte Ursachen. So habe eine massive Abholzung der Wälder in der betroffenen Region dazu beigetragen, dass weniger Schnee und Wasser über einen längeren Zeitraum gebunden werden können.

Die Bevölkerung fordert: „Putin hilf!“

Zudem wird in Veröffentlichungen der regionalen Medien in den letzten Tagen darauf hingewiesen, dass Gelder, die für den Bau der Dämme vorgesehen waren, in den Taschen von Unternehmern oder korrupten Mitarbeitern der Verwaltung verschwunden sein könnten.

Der Pegelstand des Urals lag in der Großstadt Orenburg am Mittwoch bei knapp zehn Metern (Bild vom 8. April).

© imago/ITAR-TASS/IMAGO/Yegor Aleyev

Die russische Führung versucht derweil zu vermeiden, dass das Hochwasser zum Politikum wird. Bei einem Meeting vor der Stadtverwaltung von Orsk forderten erboste Einwohner ein Eingreifen Moskaus und des Präsidenten persönlich. Sie skandierten: „Putin hilf!“

Präsident Putin plant jedoch bisher nicht, in das Katastrophengebiet zu reisen. Seinen Sprecher Dmitri Peskow ließ er erklären: „Putin ist faktisch, wenn er auch nicht physisch dort ist, ständig mit dem Thema befasst.“

Auch sein Propagandaapparat ist stark engagiert. Die oppositionelle Plattform „Wjorstka“ hat seit dem 4. April in den sozialen Netzwerken mehr als 4000 Posts gezählt, in denen die Behörden vor Ort, die Mitarbeiter des Katastrophenministeriums und Putin persönlich für ihren Einsatz gelobt werden. „Wjorstka“ geht davon aus, dass es sich dabei um Bots, von Computern generierte Texte, handelt. (mit Agenturen)

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