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Heinrich Strößenreuther ist ehemaliger Greenpeace-Campaigner, Bundestags-Referent, Strategie-Berater, Interims-Geschäftsführer, Startup-Unternehmer, Business Angel und Initiator des Volksentscheids Fahrrad in Berlin.

© Kai-Uwe Heinrich TSP

Update

CDU-Mann und Radaktivist zum Radwege-Baustopp: „Habe nicht den Eindruck, dass Hardcore-Autopolitik gemacht wird“

Es sei ganz normal, Projekte zu priorisieren, sagt CDU-Mitglied und Fahrradaktivist Heinrich Strößenreuther. Unterstützung kommt auch von Fraktionschef Stettner.

| Update:

Nach dem vorläufigen Baustopp für einen Teil der Radwege haben die Berliner Christdemokraten die Entscheidung ihrer Verkehrssenatorin Manja Schreiner gegen teils massive Kritik verteidigt. Heinrich Strößenreuther, Fahrradaktivist, Initiator des Berliner Volksentscheids Fahrrad, Auslöser für das spätere Mobilitätsgesetz, und seit 2021 CDU-Mitglied, wirbt für eine nüchterne Betrachtung des Vorgehens. „Ich habe nicht den Eindruck, dass hier Hardcore-Autopolitik gemacht wird“, sagte er dem Tagesspiegel.

Stattdessen mache die Verkehrsverwaltung Kassensturz und priorisiere anschließend, welche Projekte sie umsetzen wolle. „Das ist ein ganz normales Vorgehen.“ Wer damit ein Problem habe, habe wahrscheinlich nie Management-Verantwortung gehabt.

Die Senatsverkehrsverwaltung hatte angekündigt, den Bau geplanter Radwege in Berlin teilweise zu stoppen. Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) bestätigte am Freitag, dass Maßnahmen für die Radwegeinfrastruktur „überprüft und priorisiert“ werden sollen, unter anderem in Hinblick auf mögliche „Zielkonflikte“ und „Alternativen“.

Wie berichtet, hatte die Verwaltung am Mittwoch in einer E-Mail die Bezirke über diese Pläne informiert und sie gebeten, Radwegprojekte vorläufig ruhen zu lassen. Grüne, Linke und Fahrradverbänden hatten das Vorgehen heftig kritisiert. Auch der Koalitionspartner SPD zeigte sich irritiert.

Radfahrende in Berlin.
Radfahrende in Berlin.

© IMAGO/Seeliger

Mit Blick auf die verbalen Attacken gegen die neue Verkehrssenatorin rief Strößenreuther dazu auf, Ruhe zu bewahren. Auch 2016, als die Verkehrsverwaltung von einer grünen Senatorin übernommen worden sei, habe es gedauert, bis diese politische Prioritäten gesetzt habe.

Er sei enttäuscht von der Verkehrspolitik der Grünen. „Da ist zu wenig passiert.“ Wenn man nun einen echten Veränderungsprozess anstoßen wolle, bei dem viele Menschen mitmachen, müsse man beim Umbau von Straßen beginnen, bei denen es weniger Widerstand gebe. „So kann Rückhalt für Veränderung aufgebaut werden“, sagte Strößenreuther.

Eine Mitverantwortung an der aufgeheizten Debatte sieht er aber auch bei der CDU: Man habe einen Autowahlkampf gemacht, dafür kriege man nun die Quittung. Strößenreuther ist Gründer der Klimaunion, in der sich CDU-Mitglieder, die für mehr Klimaschutz eintreten, organisieren. Seit Kurzem gibt es einen Berliner Ableger der Gruppe, bei der auch Verkehrssenatorin Schreiner Mitglied ist.

Danny Freymark, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, rief ebenfalls zu mehr Gelassenheit auf. Es werde trotz der Mail an die Bezirke mehr sichere Radwege geben, davon sei er überzeugt, sagte er dem „Neuen Deutschland“. Allerdings sei an manchen Orten mit Blick auf den unausgeglichenen Haushalt wie der Schönhauser Allee eine Überprüfung oder gar ein Stopp angemessen. Er ergänzte: „Es wäre doch politischer Selbstmord, wenn die Verkehrssenatorin jetzt alle geplanten Radverkehrsprojekte ad acta legt“.

Rückhalt von CDU-Fraktionschef

Auch CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hatte die Verkehrssenatorin am Freitag im Abgeordnetenhaus verteidigt. Es sei „absolut notwendig, dass sich die neue Verkehrssenatorin erstmal einen Gesamtüberblick verschafft“, sagte er. „Am Ende der Legislaturperiode werden wir mehr Radwege gebaut haben als die letzte Regierung.“

Ausgenommen vom angekündigten Baustopp sind Radwege, für die „nicht mehr als zehn Parkplätze“ auf einer Strecke von 500 Metern wegfallen – ebenso von der Unfallkommission angestoßene Projekte an Gefahrenstellen und Maßnahmen für die Schulwegsicherheit.

Das Gleiche gilt bei Sanierungen von bestehenden Rad- und Fußwegen und für Fußgängerüberwege, die im Sofortprogramm des Senats genannt werden. Darüber hinaus dürfen die Bezirke Maßnahmen fortführen, die keine Auswirkungen auf Fahrstreifen, Busspuren oder den öffentlichen Nahverkehr haben.

Tatsächlich steht im Koalitionsvertrag genau das, was Verkehrssenatorin Schreiner jetzt macht. „Die Koalition priorisiert, welche Radverkehrsprojekte aus dem Radverkehrsplan sie in dieser Legislaturperiode umsetzt“, heißt es auf Seite 55.

Wir gehen nicht mit der Schablone vor, sondern orientieren uns am Bedarf aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer

Manja Schreiner, CDU-Verkehrssenatorin

Schreiner selbst sagte: „Wir möchten mehr, aber vor allem funktionierende und bedarfsgerechte Radwege. Ziel der Priorisierung der Maßnahmen der Radfahrinfrastruktur ist ein insgesamt funktionierender Verkehrsmix für alle Berlinerinnen und Berliner und damit auch ein funktionierendes Radverkehrsnetz.“

Dafür schaue doch die Verkehrsverwaltung alle Radverkehrsprojekte genau an. „Wir gehen nicht mit der Schablone vor, sondern orientieren uns am Bedarf aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer“, sagte Schreiner. So müssten große Straßen für den Pendler-, Wirtschafts- und Lieferverkehr leistungsfähig bleiben. Ein weiteres Ziel sei eine bessere Anbindung der Außenbezirke mit Radwegen an Bus und Bahn

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner sprang Schreiner am Freitagabend bei. „Wir wollen ein besseres Miteinander aller Verkehrsteilnehmer erreichen. So haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart“, sagte er. „Das bedeutet mehr Radwege, ein besseres ÖPNV-Angebot und mehr Sicherheit für Fußgänger, ohne dabei einen Kulturkampf gegen das Auto zu führen.“ Das habe die CDU den Berlinern versprochen.

Alexander J. Herrmann, Rechtsexperte der CDU-Fraktion, sagte, es gehe um einen Radwegebau, der rechtssicher sei „und mit den Menschen, anstatt teilweise rechtswidrig und mit dem ideologischen Holzhammer.“

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