zum Hauptinhalt
Carola Zarth ist Präsidentin der Handwerkskammer Berlin.

© Marie Staggat / Marie Staggat

Syrische Mosaike für Berliner Badezimmer: Wie Geflüchtete das Handwerk bereichern können

Dem Fachkräftemangel lässt sich nur mit Offenheit begegnen, meint unsere Kolumnistin. Das Handwerk spiele dabei eine besondere Rolle, als Motor der Integration. Folge 68 unsere Serie „In der Lobby“.

Eine Kolumne von Carola Zarth

Sie locken, bitten oder mahnen. Die Schilder an Fahrzeugen, Schaufenstern und Werkstätten mit Aufschriften wie „Fachkräfte dringend gesucht“, „Wir stellen ein“ oder vertraulicher „Komm in unser Team“ gehören zum Stadtbild wie die Schrippe auf den Frühstückstisch.

Da sind wir schon mittendrin: Wer backt sie morgen für uns, wer montiert die so wichtigen Photovoltaikanlagen aufs Dach, wer legt die Leitungen, repariert die Schlaglöcher und führt überhaupt all die wichtigen Dienstleistungen aus, die – ja, auch das – unser Leben verschönern: Friseure, Malerinnen, Zahntechniker oder … oder?!

Die demografische Uhr tickt, und die Zahl der offenen Stellen in Handwerksbetrieben steigt schneller als der Preis für ein unbezahlbares Kunstwerk. Aber Spaß beiseite – die Lage ist ernst. Wie so viele haben auch knapp 40 Prozent der Handwerksbetriebe schon jetzt Probleme, Fachkräfte zu entwickeln und zu halten.

Angesichts der bereits bestehenden Schwierigkeiten – die Versorgung der Stadt ruckelt hier und da schon merklich – ist die Besetzung und die Sicherung von Arbeitsplätzen von zentraler Bedeutung, für Frauen beispielsweise, Alleinerziehende oder auch Geflüchtete.

Die Berliner Handwerksbetriebe haben diese Herausforderung längst erkannt. Denn seien wir ehrlich: Auf Baustellen und in Werkstätten werden viele Sprachen gesprochen, aber am Ende des Tages zählt vor allem eines: Können. Und die einzige Sprache, die man wirklich beherrschen muss, ist die der Arbeit.

Das Handwerk ist so etwas wie der integrative Club der Möglich-Macher. 

Carola Zarth, Präsidentin der Handwerkskammer

Sollen diejenigen, die vor Krieg, Verfolgung oder Hunger geflohen sind, jetzt unsere Maurermeister, Tischlerinnen, Fleischer oder Mechatronikerinnen der Zukunft werden? Aber warum auch nicht? Immerhin bietet das Handwerk viele Möglichkeiten. Es ist so etwas wie der integrative Club der „Möglich-Macher“.

Woher jemand kommt, spielt keine Rolle

Hier spielt es keine Rolle, woher man kommt, solange man bereit ist, anzupacken und zu lernen. Im Handwerk – das zeigt auch die Erfahrung – werden Talente gefördert, Leistungsbereitschaft ausgebaut und mit kontinuierlicher Weiterqualifizierung Karrieren entwickelt.

Schließlich werden auf Baustellen nicht nur Häuser gebaut, sondern auch soziale Barrieren abgebaut. Denn Arbeit ist die beste Integrationsmöglichkeit – ganz im Sinne von „Gemeinsam sind wir stark, aber gemeinsam im Handwerk sind wir unschlagbar“.

Zuwanderung ist eine Chance für das Handwerk.
Zuwanderung ist eine Chance für das Handwerk.

© Andreas Klaer

Und nicht zu vergessen die Vorteile für die Arbeitgeber und Auftragnehmer. Durch die Integration von Menschen aus anderen Ecken der Welt erhalten die einen nicht nur Fach- und Arbeitskräfte, sondern die anderen auch eine bunte Vielfalt an handwerklichen Fähigkeiten.

Wer weiß, vielleicht bringt der syrische Fliesenleger ja eine neue Art der Mosaikgestaltung mit, die Berliner Badezimmer in kunstvolle Meisterwerke verwandelt.

Insgesamt ist das Handwerk also nicht nur der Motor der Integration, sondern auch der Taktgeber für ein buntes und vielfältiges Berlin. Es ist eine Chance, Kreativität zu nutzen, um mit einer gehörigen Portion Handwerkskunst große gesellschaftliche Herausforderungen zu meistern, denn es zählt nicht, wo man herkommt, sondern was man erreichen will – im Handwerk und anderswo.

In dieser wöchentlichen Kolumne blicken führende Köpfe aus Berlins Kammern, Verbänden und Gewerkschaften auf die aktuelle Politik in Berlin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false