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Die „Benin-Bronzen“ hat das Ethnologische Museum Berlin 2022 an Nigeria übertragen, rund in Drittel der 512 Objekte verbleibt als Leihgabe im Humboldt-Forum.

© IMAGO/Joerg Krauthoefer

Neue Initiative für Provenienzforschung: Deutschland, Frankreich und die koloniale Beute

Koloniales Raubgut zurückzugeben, haben Deutschland und Frankreich 2023 zur Staatsaufgabe erklärt. Zunächst gilt es noch, die Herkunft zigtausender Objekte aufzuklären.

Viele Jahrzehnte, manchmal ein Jahrhundert, dauerte es, bis Regierungsvertreter aus Deutschland, Frankreich und Italien sich erstmals rückblickend für die grausamen Verbrechen um Entschuldigung baten, die die ehemaligen Kolonialmächte etwa im heutigen Namibia, in Senegal oder Libyen begingen. Ungeschehen machen lassen sich jene damit nicht. Als Versuch der Wiedergutmachung haben sich Frankreich und Deutschland in den vergangenen Jahren aber der Forderung gestellt, koloniales Raubgut, das heute in Museen und Universitäten lagert, zumindest zum Teil zurückzugeben.

Dafür muss erstmal die Herkunft der infrage kommenden Exponate, von rituellen Objekten bis Alltagsgegenständen, aufgeklärt werden. Die beiden Nachbarländer haben jetzt einen gemeinsamen Fonds eingerichtet: Er soll Forschungsprojekte finanzieren, die die Herkunft von Kulturgütern aus Regionen südlich der Sahara ergründen und Empfehlungen zur Restitution geben.

Zunächst auf drei Jahre angelegt, stehen der Initiative „Franco-German Research Fund on the Provenance of Cultural Objects from sub-Saharan Africa“ jährlich 720.000 Euro zur Verfügung, teilte das binationale Forschungsinstitut Centre Marc Bloch (CMB) mit, das das Projekt steuert. Beauftragt haben es das französische Kultur- und Außenministerium, auf deutscher Seite die Kulturbeauftragte Claudia Roth (Grüne) und das Wissenschaftsministerium.

Im wissenschaftlichen Beirat, der mit externen Gutachtern über die Vergabe der Gelder entscheidet, sind mit dem Direktor des Nationalmuseums von Kamerun, Hugues Heumen Tchana, und der Chefkuratorin vom Nationalmuseum in Nambia, Nzila Marina Mubusisi, zwei Länder der beforschten Regionen vertreten. Der Philosophieprofessor Souleymane Bachir Diagne von der Columbia University sitzt dem Beirat vor. Von deutscher Seite sind Barbara Plankensteiner vom Museum am Rothenbaum Hamburg und die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy von der TU Berlin beteiligt.

Savoy war es auch, die entscheidende Impulse für einen kritischen Umgang mit geraubten Sammlungen gab und Rückgaben anstieß. Der Blick auf ihre Forschung legt indes nahe, dass es für eine umfassende Restitution mehr Mittel als das Dreijahresbudget, das das CMB fortan verwaltet, brauchen wird. In einem Bericht, den Savoy mit ihrem senegalesischen Kollegen Felwine Sarr 2018 an Emmanuel Macron übergab, halten die beiden Autoren einleitend fest, „dass die Gesamtheit des materiellen Erbes der afrikanischen Länder südlich der Sahara außerhalb des afrikanischen Kontinents aufbewahrt wird.“

Ihr Bericht erinnert auch daran, dass 2017 Präsident Macron in Burkina Faso versprach, binnen fünf Jahren die Voraussetzungen zu schaffen, „um das afrikanische Erbe zeitweise oder endgültig an Afrika zu restituieren“. Heute, sieben Jahre später, ist klar: Die Arbeit herauszufinden, welche Güter damals aus welchem Kontext entrissen wurden, fängt gerade erst an. Allein in deutschen Museen lagern laut Experten über 40.000 Objekte aus der ehemaligen Kolonie Kamerun.

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