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UdK-Lehrende und Beschäftigte haben sich in einer Erklärung gegen Antisemitismus im eigenen Haus gewandt.

© dpa/Gerald Matzka

Update

Antisemitismus an der UdK Berlin: Präsident spricht von „sehr polarisierter“ Lage

Beschäftigte der UdK kritisieren „gewaltvolle antisemitische Proteste und Aktionen“ an der Uni und gehen klar auf Distanz. Einige Studierende und Lehrende seien nicht mehr kompromissfähig, warnt der Präsident.

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Nach umstrittenen pro-palästinensischen Aktionen an der Universität der Künste (UdK) in Berlin in den vergangenen Monaten haben sich Dutzende Lehrende gemeinsam gegen Antisemitismus gestellt. „Für uns ist es unerträglich und nicht hinnehmbar, dass jüdische, israelische und antisemitismuskritische Menschen, darunter Studierende und Dozierende an der UdK Berlin seit dem Massaker der Hamas an Zivilisten in Israel am 7. Oktober 2023 diskriminiert und bedroht werden“, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung.

Kritisiert werden „gewaltvolle antisemitische Proteste und Aktionen“ an der UdK im November, die unter anderem den Terror der Hamas relativierten. Vor allem eine Performance am 13. November hatte für große Empörung gesorgt, bei der eine Protestgruppe sich mit blutrot bemalten Händen versammelte. Im Jahr 2000 hatte ein Palästinenser nach Mord zweier israelischer Soldaten seine blutverschmierten Hände stolz gezeigt.

Die Unterzeichnenden plädieren für einen „respektvollen Austausch über identitätsbezogene Verortungen hinweg“ und versprechen, zur Aufklärung über verschiedene Formen von Antisemitismus beizutragen. Politische Diskurse an der Uni müssten ohne Stigmatisierung und „gewaltsame Ausdrucksweisen“ geführt werden. Initiiert wurde die Aktion von rund zehn UdK-Mitarbeitenden überwiegend aus der Fakultät Darstellende Künste, darunter die Schauspiel-Professorin Marion Hirte, die Theaterwissenschaftlerin Joy Kristin Kalu und der Theoriedozent Daniel Nartschick.

Laut Präsident hat die UdK ein Antisemitismusproblem

Auslöser für die Erklärung sei der Protest vom 13. November gewesen, sagt Nartschick dem Tagesspiegel. Die Veröffentlichung einige Tage nach dem Angriff auf einen FU-Studierenden war eher Zufall. „Dass so ein grobschlächtiger Antisemitismus unter Menschen“ Verbreitung finde, habe die Gruppe zum Handeln bewegt.

Hat die UdK ein Antisemitismus-Problem? Ja, sagt Präsident Norbert Palz, „jedenfalls in bestimmten Gruppen, das dürfen wir nicht wegdiskutieren: Im Moment ist die Situation sehr polarisiert.“ Es gebe aber auch, wie das Statement zeige, viele, die differenzierter seien und sich gegen Antisemitismus positionierten.

Palz sorgt sich um eine weitere Tendenz, die er als „Demokratieproblem“ an der Uni zusammenfasst: Einige Studierende, auch manche Lehrende seien nicht mehr kompromissfähig. Hochschulpolitik und Gremien lebten aber davon, sich auf andere Perspektiven einlassen zu können – „das frustriert viele“.

Im Gespräch zeigt sich der Präsident engagiert gegen Antisemitismus an seiner Uni. Er habe eine Whatsapp-Gruppe mit jüdischen und israelischen Studierenden, um auf dem Laufenden zu bleiben und für sie erreichbar zu sein. Sie seien „sehr, sehr verschreckt“. Er wisse von einer jüdischen Person, die außerhalb des Campus angespuckt worden sei, eine jüdische Studierende überlege, die Uni zu wechseln. Denen wolle er zeigen: „Wir halten eine schützende Hand über euch.“

Doch was bedeutet das? Es brauche mehr Personal für Veranstaltungen und Lehre, sagt Palz. In der Bildenden Kunst, wo es unter Studierenden „hoch hergehe“, sei schon eine weitere Lehrende eingestellt worden, „um die individuelle Betreuung der Klassen zu verstärken und Spannungen abzubauen“. Gerade die internationale Kulturszene, mit der die UdK Berlin verbunden ist und mit der sich viele Studierende identifizieren, fiel seit nach dem 7. Oktober mit Relativierungen des Hamas-Massakers und einseitigen Solidaritätsbekundungen auf. Workshops zum Thema Antisemitismus oder Islamfeindlichkeit gab es an der Udk noch keine, sie werden aber laut Palz erwogen.

Palz für Gesetzesänderung, aber gegen Verbotspolitik

Palz würde auch befürworten, das Berliner Hochschulgesetz wieder zu ändern, um eine Exmatrikulation wegen „Ordnungsverstößen“ zu ermöglichen. Der Paragraf wurde im Zuge der Gesetzesnovelle 2021 durch die damalige Rot-Rot-Grüne Koalition abgeschafft. Er könnte als Grundlage für eine neue Gesetzgebung dienen, findet Palz. Wie FU-Präsident Ziegler ist aber auch er kein Fan von Verbotspolitik. Es sei ihm wichtig, bei Protestaktionen immer im Einzelfall abzuwägen, ob man eingreifen müsse.

Eine Aktion von Studierenden, die sich regelmäßig im Café Kubik aus Solidarität mit Palästinensern treffen, würde die Uni erlauben und „aus der Ferne beobachten“, „bislang wurden die vereinbarten Verabredungen eingehalten“. Mit den Organisatoren sei er im Gespräch gewesen.

Der Austausch mit den pro-palästinensischen Gruppen an der Uni gerate aber immer wieder an Grenzen. „Es wurde gefordert, dass die Unileitung ihre Kritik an der Aktion vom 13. November zurücknimmt“, das stehe bei ihm aber nicht zu Debatte. Dass, wie zur Verteidigung der Aktion mitunter behauptet, die roten Händen als geschichtsloses Symbol verwendet wurden, hält er für wenig plausibel. Die Ikonografie und ihre Wirkung auf andere hätte man sich vorher bewusst machen müssen, „so naiv und deutungsoffen“ könne die Aktion nicht geplant worden sein.

Nicht zuletzt habe die UdK aufgrund ihrer Geschichte, „ihrer eigenen Nazivergangenheit“, eine besondere Verantwortung im Einsatz gegen Antisemitismus, betont Palz. Er verweist auf Arno Breker, der 1937 an die Berliner Hochschule der Künste berufen wurde, wie die Uni damals hieß. „Das war Hitlers Lieblings-Bildhauer“.

In einem Zeit-Artikel hieß es, unter den Dozenten der Fakultät Bildende Kunst hätten sich kaum Unterstützer für das Statement gegen Antisemitismus finden können. Laut Mitinitator Nartschick ist dies nicht richtig. Vielmehr seien die Kontakte nicht so eng, die Kollegen hätten erst später von der Aktion erfahren. Auch Kunst-Star und UdK-Professorin Hito Steyerl hat unterzeichnet.

Der Zentralrat der Juden begrüßte das Statement der Profs und Angestellten der UdK. „Ein wichtiges, ausführliches und differenziertes Statement der Lehrenden und Mitarbeiter der @UdK_Berlin_ zum Antisemitismus an ihrer Einrichtung und zum Umgang mit Antisemitismus an Hochschulen insgesamt“, schrieb der Zentralrat auf der Plattform X. (mit dpa)

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