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Gesundheit: Keine Hirntumoren durch Handys – vermutlich

Der normale Gebrauch eines Mobiltelefons erhöht nicht das Risiko, an einem Hirntumor zu erkranken. Das ist das wesentliche Ergebnis der Interphone-Studie, einer großen internationalen Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation.

Allerdings kann die im „International Journal of Epidemiology“ veröffentlichte Studie keine allerletzte Sicherheit bieten.

Untersucht wurde die Gefahr, an einem Meningeom oder einem Gliom, den häufigsten Hirntumoren, zu erkranken. Nach ihren Telefonier-Gewohnheiten befragt wurden dazu in den Jahren 2000 bis 2003 insgesamt 2765 Gliom- und 2425 Meningeom-Patienten. Verglichen wurden diese beiden Gruppen mit 7658 gesunden Vergleichspersonen, um so herauszufinden, ob Tumorpatienten tendenziell länger mit dem Handy telefonierten als Gesunde.

Wie sich herausstellte, war insgesamt das regelmäßige mobile Telefonieren nicht mit einer höheren Tumorhäufigkeit verbunden. Es war statistisch sogar mit einem um 20 Prozent erniedrigten Hirntumorrisiko verknüpft. Ist Handy-Telefonieren also „gesund“? Dieser Schluss wäre voreilig, denn die vermeintliche Risikoverringerung beruht vermutlich auf Unsicherheiten bei der Erhebung der Daten. So könnte es sein, dass sich weniger gesunde „Nichtbenutzer“ von Handies für die Studie zur Verfügung stellten und so das Ergebnis zugunsten der Mobiltelefonierer verzerrt wurde.

Auffällig ist jedoch, dass in der fünf Prozent der Teilnehmer umfassenden Gruppe der allerstärksten Telefonierer das Tumorrisiko, insbesondere für ein Gliom, leicht erhöht war. Und dabei vor allem bei denjenigen, die das Handy nach eigenen Angaben bevorzugt an die vom Gliom betroffene Kopfseite gehalten haben. Allerdings gilt auch hier, dass die Ursache des Befunds ein methodisches Problem sein kann. So neigen Erkrankte dazu, in der Erinnerung den Einfluss möglicher Risikofaktoren zu überschätzen.

Dafür spricht zudem, dass die Erhöhung des Risikos mit 15 Prozent beim Meningeom und 40 Prozent beim Gliom sich auf den ersten Blick zwar erheblich ausnimmt, es aber in Wirklichkeit nicht ist. Denn es handelt sich um seltene Erkrankungen, sodass leichte Schwankungen der Häufigkeit auch zufallsbedingt sein können. „Nur wenn diese Tumoren um das Zwei- oder Dreifache bei den Vieltelefonierern angestiegen wären, hätte man das nicht mehr mit methodischen Problemen erklären können“, sagt Maria Blettner von der Universität Mainz, eine der beteiligten Wissenschaftlerinnen.

Hinzu kommt, dass das Tumorrisiko nicht mit der Dauer des Telefonierens allmählich ansteigt, wie man es bei einem klassischen Risikofaktor erwarten würde, sondern sich nur bei den Vieltelefonierern findet. Und schließlich gibt es keinen plausiblen biologischen Mechanismus, durch den die beim Telefonieren ausgesandten hochfrequenten elektromagnetischen Felder Tumorwachstum auslösen könnten. Versuche in der Zellkultur verliefen negativ.

„Die möglichen Effekte einer ausgeprägten Langzeit-Benutzung von Mobiltelefonen bedürfen der weiteren Abklärung“, lautet das salomonische Urteil der Autoren der Interphone-Studie. Allerdings gibt es mittlerweile wohl keine „handyfreie“ Gruppe zum Vergleich mehr, sodass der Sinn weiterer neuer Studien fraglich ist, sagt Maria Blettner. Und verweist auf 2009 im Fachblatt „Journal of the National Cancer Institute“ veröffentlichte skandinavische Daten zur Häufigkeit von Hirntumoren aus den Jahren 1974 bis 2003. Danach stieg das Hirntumor-Risiko jedes Jahr geringfügig an. Dieser Trend ändert sich auch nach 1998 nicht, obwohl seitdem das Mobiltelefonieren erheblich zunahm. Das spricht nicht für ein messbar erhöhtes Risiko durch Handys.

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