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Eine Werbeanzeige für die erste LP im Jahr 1948 in einem US-Magazin.

© mauritius images/Alamy Stock Photos / John Frost Newspapers

Heute vor 75 Jahren: Die Geburt der Langspielplatte

1948 brachte das Label Columbia Records die ersten Langspielplatten auf Vinyl heraus. Die LPs liefen unverschämt lange - und revolutionierten das Musikhören.

Eine Kolumne von David Will

Wer heutzutage Musik hören will, muss dafür keine Mühen aufbringen. Ein Klick reicht und der Computer oder das Smartphone spielen so lange Musik ab, wie man will. Die ganz Bequemen können sich sogar die Qual der Wahl abnehmen lassen und einem Algorithmus die Entscheidung überlassen, welcher Song als nächstes in die Playlist rückt.

Das war früher noch anders. Frühe Schallplatten boten Platz für rund drei Minuten pro Seite und machten damit jedes längere Musikstück zu einer Geduldsprobe. So erging es jedenfalls Peter Goldmark, der Mitte der 1940er Jahre als Ingenieur für das Plattenlabel Columbia Records arbeitete.

Plattenwechsel fürs Klavierkonzert

Goldmark beschrieb später, wie er sich damals mit einem Freund Johannes Brahms’ zweites Klavierkonzert anhören wollte und immer wieder aufstehen musste, um die Platte zu wechseln. Das musste doch besser gehen, sagte er sich. 

Er sollte Recht behalten. Im Juni 1948 verkündete Columbias Präsident Edward Wallerstein bei einer Pressekonferenz im New Yorker Waldorf Astoria Hotel eine Sensation. An diesem 21. Juni vor 75 Jahren – wobei in den Quellen auch mal vom 20. Juni oder 18. Juni die Rede ist – trat Wallerstein mit großer Geste zwischen einen zweieinhalb Meter hohen Turm handelsüblicher Schallplatten und einen knapp 40 Zentimeter hohen Stapel, auf dem Columbias neueste Erfindung liegt: Der „Long-playing microgroove record“, kurz LP.

Ein Arbeiter 1948 mit einer LP an der Schallplattenpresse.
Ein Arbeiter 1948 mit einer LP an der Schallplattenpresse.

© imago stock&people

Den Journalist:innen erzählte Wallerstein, dass auf den Stapeln neben sich dieselbe Laufzeit an Musik liege. Die LP, die der Ingenieur Goldmark und seine Kolleg:innen in jahrelanger Arbeit entwickelt hatten, bestand nämlich aus dem Plastikgemisch Polyvinylchlorid – kurz PVC – , das viel dünnere Rillen im Material erlaubt. Damit war es möglich, mehr Musik auf dieselbe Fläche zu pressen.

In den folgenden Jahrzehnten revolutionierte die LP die Art, wie Menschen Musik machten und konsumierten. Nachdem sie anfangs vor allem für Klassik gedacht war, brachte Columbia bald auch Musicals auf LP heraus.

Jazzmusiker:innen konnten auf einmal lange, kreative Jamsessions veröffentlichen. Und schließlich schufen Bands wie die Beatles und Pink Floyd ganze Konzeptalben: Musik, in der sich die einzelnen Lieder zu einem Gesamtkunstwerk verbanden – und für deren Genuss ein einziger Knopfdruck genügte. David Will

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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