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Optisch gibt es zwischen dem E-Astra und seiner Verbrenner-Verwandschaft kaum einen Unterschied.

© Opel Automobile Gmbh

Elektrisch unterm Gasspeicher: Den Opel Astra gibt es als Verbrenner, Plug-in – und nun auch als reinen Stromer

Einen klassischen Kühler hat der E-Astra nicht mehr, der Kühlergrill aber ist ihm geblieben. Traditionsbewussten Liebhabern des Modells hilft das beim Umstieg auf die neue Technik.

Die sicherste Methode, einen vorbeirollenden vollelektrischen Opel Astra als solchen zu identifizieren, besteht darin, ihm hinterherzufahren. Eigentlich ist es auch die einzige. Das E im Kennzeichen hilft da noch nicht weiter, zu dem ist auch die Plug-in-Version berechtigt. Man achte vielmehr auf die Heckklappe, unten rechts: Nur wenn dort ein kleines e draufsteht, ist auch nur reine Elektrizität drin.

Von vorne dagegen macht es beim aktuellen Astra optisch keinen Unterschied, ob er als Verbrenner, teil- oder seit neuestem sogar rein elektrisch daherkommt. Stets zeigt er das „Vizor“ genannte Opel-Markengesicht, tut auch als vollgültiges E-Mobil noch so, als habe er einen Kühlergrill nötig. Traditionsbewussten Astra-Piloten hilft das sicher beim Umstieg auf die neue Technik.

Im Ruhezustand immerhin gibt es ein weiteres Detail, woran man den brandneuen Astra Electric von außen erkennt: die Felgen. Um aus der 54 kWh fassenden Lithium-Ionen-Batterie noch ein paar Kilometer mehr herauszukitzeln, sind die hochglanzschwarzen Leichtmetallräder im Fünf-Speichen-Design zusätzlich mit Radspeichenclips in Anthrazit versehen, das verringert ihren Luftwiderstand, hebt ein wenig die Reichweite, die mit maximal 418 Kilometern angegeben ist.

Der Euref-Campus in Berlin-Schöneberg diente dem Opel Astra als perfekte Bühne.
Der Euref-Campus in Berlin-Schöneberg diente dem Opel Astra als perfekte Bühne.

© Opel Automobile Gmbh

Die Weltpremiere des Astra Electric fand bereits im Januar beim Brüsseler Autosalon statt, dieser Tage folgte nun die Internationale Fahrvorstellung in Berlin, mit dem Schöneberger Euref-Campus als Mittelpunkt, der Opel als „Zentrum für innovative Zukunftsprojekte“ und damit als prädestiniert zur Vorstellung nagelneuer Fahrzeuge gilt. Schon der E-Corsa wurde hier 2020 präsentiert, kurz bevor es in den pandemiebedingten Lockdown ging.

Ab 2028 nur noch Elektroautos

Ihr komplettes strombetriebenes Fahrzeugssortiment hatten die Rüsselsheimer im Schatten des altehrwürdigen Gasspeichers aufgefahren, meist bereits vollelektrisch. Ab 2024 gebe es von jedem Modell eine Batterie-elektrische Variante, versprach das Unternehmen. Mit dem bereits angekündigten Astra Sports Tourer Electric, Opels erstem vollelektrischen Kombi, werden es bis Jahresende bereits 15 Nur-Stromer sein, und bis 2028 sollen in Europa alle Verbrenner einschließlich der Plug-ins aus dem Sortiment verbannt sein.

Nun also der Astra Electric, kompakt und mit nur 1679 Kilo geradezu ein Leichtgewicht, sicher hilfreich beim Stromverbrauch. Der ID3 von VW dagegen wiegt rund 1,8 Tonnen.

Mit 1679 Kilo ist der Astra Electric geradezu ein Leichtgewicht. 
Mit 1679 Kilo ist der Astra Electric geradezu ein Leichtgewicht. 

© Opel Automobile Gmbh

Der erste Eindruck von Opels neuem E-Mobil nach einer kleinen Landpartie südlich von Berlin: ein grundsolides, dabei mit seiner Zweifarb-Lackierung sehr ansehnliches Auto für tiefenentspanntes Fahren, zumal in ergonomischen „Sport-Aktiv-Sitzen“ und möglich auch als rekuperierungsintensives One-Pedal-Driving, bei dem allein der rechte Fuß Beschleunigung wie Verzögerung steuert. Löst er sich vom Pedal, so verlangsamt sich der Wagen bis auf Schritttempo. Die jederzeit verfügbare Bremse dient nur noch zum finalen Stopp.

In 9,2 Sekunden von 0 auf 100

Wie üblich gibt es neben den Fahrmodi Normal und Eco aber auch die Variante Sport für gesteigerte Fahrdynamik, mit den wechselnden Hintergrundfarben Blau, Grün und Rot auf dem Fahrer-Display. Bei einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 9,2 Sekunden ist das zwar nicht übertrieben sportlich, aber fürs zügige Überholen auf der Landstraße genügt das voll und ganz, und mit 170 km/h Spitze ist der Wagen sogar ein bisschen schneller als viele Konkurrenten, denen das Tempo schon bei 160 km/h heruntergeregelt wird.

Der Astra Electric hat noch immer einen Kühlergrill, aber dahinter sitzt kein Kühler mehr.
Der Astra Electric hat noch immer einen Kühlergrill, aber dahinter sitzt kein Kühler mehr.

© Opel Automobile Gmbh

Wer will, kann die beiden Widescreen-Displays noch mit einem Head-up-Display ergänzen, das aktuelles Tempo, Straßenverlauf und Geschwindigkeitsbegrenzungen auf die Frontscheibe projiziert, Letzteres nicht immer ganz zuverlässig. Die geschlossene Ortschaft Haseloff an der B 102 westlich von Treuenbrietzen beispielsweise hätte laut Anzeige mit 100 km/h durchquert werden können. Selbst als nach dem Ortsausgang 70 km/h vorgeschrieben wurden, verkündete der dem Wagen serienmäßig mitgegebene „Verkehrsschild-Assistent“ weiterhin das „Ende aller Streckenverbote“. Aber mit solchen Unschärfen steht Opel nicht alleine da.

Ebenfalls serienmäßig ist der Astra Electric mit hilfreichen Systemen wie einer 360-Grad Kamera, einer Müdigkeitserkennung für Fahrer oder Fahrerin, einem Parkpiloten für Front und Heck und einem automatischen Geschwindigkeits-Assistenten mit Stoppfunktion ausgestattet. Dieser dürfte es sein, der bei zu geringem Abstand zum Vorderwagen warnend „Hindernis erkannt“ aufs Fahrerdisplay schreibt.

Oder ist es doch der Frontkollisionswarner mit automatischer Gefahrenbremsung? Kann sein, dass die auch bei Wildtieren funktioniert. Als aber auf freier Landstraße bei Tempo 100 plötzlich ein Fuchs die Bahn versperrte, der interessiert dem heransausenden Astra Electric entgegensah, fiel die spontane Entscheidung doch zugunsten der eigeninitiativen Vollbremsung mit quietschenden Reifen – für den Fuchs das Signal, mit einem Riesensatz ins nahe Kornfeld zu entschwinden.

Vor Regen wird gewarnt

Regenschauer blieben bei dem kleinen Ausflug ins Brandenburgische aus, Opels brandneues, optional erhältliches „Intelli-Drive 2.0-System mit intelligenter Geschwindigkeitsanpassung und teilautomatischem Spurwechsel-Assistenten“ konnte also keinem Wettertest unterzogen werden.

Dieser elektronische Assistent führt den Wagen mit kleinen Lenkbewegungen auf die gewünschte und als frei erkannte Spur, warnt gegebenenfalls und verweigert den Fahrspurwechsel. Auch passt er das gewünschte Tempo bei neuen Geschwindigkeitsbegrenzungen an, verringert oder erhöht es entsprechend – oder empfiehlt bei Regen rechtzeitig langsameres Fahren. Dabei nutzt er nicht nur die Sensoren des Fahrzeugs selbst, sondern ebenso vernetzte Over-the-Air-Informationen. Früher mussten da noch am Straßenrand aufgestellte Warnschilder genügen: „Ab 80 fahren Sie Wasserski!“

Auf zwei Widescreen-Displays haben Fahrerin oder Fahrer alles im Blick.
Auf zwei Widescreen-Displays haben Fahrerin oder Fahrer alles im Blick.

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Insgesamt also ein bequem zu fahrendes, den E-Anfänger nicht durch technischen Schnickschnack überforderndes Auto und auch akustisch nervenschonend. Zu recht verweist Opel auf das „vorbildlich geringe Geräuschniveau im Innenraum“, auch ein Effekt der serienmäßig laminierten Scheiben, die im Wageninneren Außenlärm und Fahrgeräusche reduzieren.

Nur leider wird diese Ruhe durch den Blinker ein wenig beeinträchtigt: ein ungewohnt lautes Klack-Klack, das an ein zu eilig eingestelltes Metronom erinnert. Mit etwas Basteln am Sounddesign wäre das sicher leicht zu beheben.

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