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Der neue Volvo EX30, der kleinste SUV der Marke,  feierte seine Weltpremiere in Mailand. Gebaut wird er in China.

© Tagesspiegel/Andreas Conrad

Es geht auch kleiner: Mit dem Kompakt-SUV EX30 will Volvo sich neue Käuferschichten erschließen

Der jüngste Schwede wartet mit einigen Überraschungen auf. Von welchem Auto sonst kann man schon sagen, dass bei seinem Design eine berühmte „Star Wars“-Figur Pate stand.

Es war einmal vor langer Zeit in unserer Galaxis, da tauchte im „Star Wars“-Universum erstmals ein Sternenkrieger namens Boba Fett auf. Auf TV-Bildschirmen soll das 1978 in einem „Star Wars Holiday Special“ gewesen sein, der Sprung auf die Kinoleinwand gelang ihm 2002 im „Angriff der Klonkrieger“.

Mittlerweile ist der frühere Kopfgeldjäger Kult, gewann sein Kopfschutz, halb Ritter-, halb Motorradhelm, geradezu ikonographische Qualität. Niemand aber, selbst George Lucas nicht, hätte sich träumen lassen, dass der Helm des Boba Fett einmal als Inspirationsquelle für die Frontpartie eines neuen E-Mobils dienen würde - des vollelektrischen Volvo EX30.

Das Erbe des Boba Fett

So stand es in den Pressematerialien, die im Vorfeld der vor wenigen Tagen in Mailand gefeierten Weltpremiere des neuen Schweden verteilt wurden, und so wurde es dort auch auf Nachfrage von T Jon Mayer, Volvos Head of Exterieur Design, gerne bestätigt. Die Formensprache des Helms, umgesetzt in dessen klarer T-Struktur aus Augen- und Nasenpartie, den nach innen gewölbten Wangen, sei auch beim EX30 aufgenommen worden – davon inspiriert, nicht nachahmend. Und was Mayer besonders wichtig ist, schließlich geht es um ein Auto: In der Rüstung steckt ein Mensch, kein Roboter. R2-D2, noch weitaus berühmter als Boba Fett, dürfte damit als Vorbild künftigen Karosseriedesigns ausfallen.

Beim Design des Volvo EX30 wurde auf jegliche überflüssigen Schnörkel verzichtet.
Beim Design des Volvo EX30 wurde auf jegliche überflüssigen Schnörkel verzichtet.

© Volvo Cars Deutschland

Die Schweden-Feier war in der lombardischen Metropole nicht zu übersehen. Fast eine ganze Hochhausfassade in der Nähe der Event-Location „The Mall“ und des Volvo Studios Milano war plakatiert, um der dortigen Präsentation des neuen Modells („A not-so-big, big deal“) die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Ein Wortspiel mit Hintersinn, bedeutet doch der EX30 für Volvo einen weiteren Schritt auf dem Weg zum erklärten großen Ziel, ab 2030 nur noch vollelektrische Fahrzeuge anzubieten. Darüber hinaus aber ist der Wagen Volvos bislang kleinster SUV.

In dem kompakten EX30 sieht Volvo das „Potenzial zu einem echten Bestseller der Marke“.
In dem kompakten EX30 sieht Volvo das „Potenzial zu einem echten Bestseller der Marke“.

© Volvo Cars Deutschland

„We believe that small is a great philosophy“, wie Jim Rowan, CEO von Volvo Cars, bei der als choreografierte Show inszenierten Vorstellung des Autos nicht müde wurde zu betonen. Der EX30 steht damit für eine Änderung der Modell- und Geschäftspolitik, ergänzt er doch die Palette der großvolumigen, schon preislich für viele unerschwinglichen Autos um ein kompakteres und damit auch günstigeres Modell, ohne dass aber der Premium-Anspruch aufgegeben wird. Neue Käuferschichten sollen so der Elektromobilität, der Volvo sich bedingungslos verschrieben hat, erschlossen werden, ja man sieht sogar das „Potenzial zu einem echten Bestseller der Marke“.

Rund 180 internationale Journalisten hatte Volvo zur Weltpremiere seines EX30  eingeladen.
Rund 180 internationale Journalisten hatte Volvo zur Weltpremiere seines EX30 eingeladen.

© Tagesspiegel/Andreas Conrad

Anleihen bei Boba Fetts intergalaktischer Ritterrüstung werden da, soweit es das Optische betrifft, nicht genügen. Wichtigster Referenzstil bleibt daher das Skandinavisch-Puristische, das Prinzip „Form follows function“, klare Linienführung also, ausgewogene Proportionen und Verzicht auf überflüssige Schnörkel, Schlitze, Wölbungen.

So ist denn auch, wie schon beim EX90, darauf verzichtet worden, den von Verbrennern gewohnten Kühlergrill im Design noch irgendwie anzudeuten. Der EX30 zeigt eine geschlossene Front, akzentuiert nur durch das gewohnte Kreis-Pfeil-Logo mit sehr zierlich geratenem Diagonalstreifen und den ebenso schmal wie breit ausgefallenen LED-Leuchten.

Aus alten Jeans werden neue Sitzbezüge

Auch im Inneren geht es sehr skandinavisch-minimalistisch zu, samt blau-gelbem Schweden-Fähnlein an einem der Vordersitze, wenngleich der Wagen in China, Heimat des Mutterkonzerns Geely, produziert wird. In der Mailänder Event-Location mit der eigens entworfenen, aufwändigen Showroom-Architektur waren in fünf individuell gestalteten Räumen die Sitzvarianten aufgebaut, in deren Bezüge jede Menge Recycling-Material eingeflossen ist, alte Jeans beispielsweise oder PET-Flaschen, zumal ohnehin, so wird versichert, bei der Produktion viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wurde. Insgesamt 17 Prozent aller im EX30 verwendeten Kunststoffe seien recycelt, dazu etwa ein Viertel des verwendeten Aluminiums und 17 Prozent des Stahls.

Der zentrale Touchscreen ist der einzige Bildschirm des neuen Volvo EX30.
Der zentrale Touchscreen ist der einzige Bildschirm des neuen Volvo EX30.

© Volvo Cars Deutschland

Dass der in den Maßen geschrumpfte EX30 weniger Material verbraucht, verkleinert noch dessen ökologischen Fußabdruck. Von einem Bonsai-Volvo zu sprechen wäre dennoch unzutreffend, trotz einer dies nahelegenden Szene des die Mailänder Präsentation eröffnenden Films: Die Vorzüge des EX30 preisend, schnippelt CEO Rowan an solch einem Bäumchen, erst riesengroß, dann selbst wie der Wagen im Liliput-Format.

Erinnerung an die gute alte Lenkradschaltung

Die kompaktere Bauweise des neuen Volvo bedeutet im Inneren logischerweise weniger Platz, dem man durch allerlei Design-Tricks begegnete. Um zusätzlichen Stauraum zu schaffen, verschwanden beispielsweise aus den Türen die Lautsprecher in eine Soundbar unterhalb der Frontscheibe und die Schalter für die Fensterheber in die vielseitig gestaltete Mittelkonsole, die nicht länger den Fahrwählhebel aufnehmen muss. Dessen gewohnte Positionen P, R, N und D sind geblieben, aber er sitzt jetzt rechts hinterm Lenkrad und wirkt auf den ersten Blick, als sei die gute alte Lenkradschaltung zurückgekehrt. Der dort gewohnte Schalter für den Scheibenwischer dagegen ist in den Blinkerschalter links vom Lenkrad integriert.

Der Fahrwählhebel rechts hinterm Lenkrad, also dort wo sonst der Scheibenwischerschalter sitzt, ist gewöhnungsbedürftig.
Der Fahrwählhebel rechts hinterm Lenkrad, also dort wo sonst der Scheibenwischerschalter sitzt, ist gewöhnungsbedürftig.

© Tagesspiegel/Andreas Conrad

Gewöhnungsbedürftig ist auch der Verzicht auf Anzeigeelemente am üblichen Platz hinterm Lernkrad, wo statt dessen ein Sensor den Fahrer ins Auge nimmt. Will man das Tempo oder sonst etwas wissen, muss man den Blick nach rechts aufs einzige Display des EX30 richten, einen vertikal montierten 12,2-Zoll-Bildschirm im Zentrum der Armaturentafel. In dessen oberem Bereich werden die wichtigsten Fahrinformationen angezeigt, darunter finden sich Navigation, Medien und Bedienelemente sowie eine „Kontextleiste“ mit den Funktionen, die für die jeweilige Fahrsituation relevant sind. Voll vernetzt, mit Zugang zu 5G-Mobilfunknetzen, ist der Wagen sowieso.

Ein Helfer gegen „Dooring“-Unfälle

Doch so viel Staufläche man durch geschicktes Design auch schafft - der Gesamtraum wird davon nicht größer. Auf den Vordersitzen gibt es zwar jede Menge Beinfreiheit. Falls Besitzer oder Besitzerinnen mit besonders langen Extremitäten ihren Sitz aber ganz nach hinten schieben, bleibt im Fond kaum noch Platz, zumal die Rückbank leider nicht verschiebbar ist.

Nicht gespart wurde dagegen bei der Sicherheit. Rund 13 Mal pro Sekunde nimmt der Sensor hinterm Lenkrad den Fahrer aufs Korn, analysiert, ob er konzentriert oder kurz vor dem Einnicken ist, und schlägt bei Bedarf Alarm. Das ist nur einer von zahlreichen die Sicherheit steigernden Helferlein, ein weiterer dient der Vermeidung der so genannten „Dooring“-Unfälle: Will man die Fahrertür öffnen, während sich von hinten ein Radler oder Rollerfahrer nähert, reagiert der im hinteren Stoßfänger befindliche Sensor und protestiert optisch wie akustisch.

Einen Eindruck vom Fahrverhalten des EX30 zu bekommen, war auf der „statischen Weltpremiere“ naturgemäß nicht möglich. Zwei wenige Meter auf die Bühne rollende Fahrzeuge, eines gesteuert vom CEO persönlich, reichen da doch nicht aus. Die Leistungen sollen aber beachtlich sein. Zwei Versionen verfügen über Heckantrieb, je nach Batterie mit unterschiedlicher Reichweite von maximal 480 Kilometern. Nimmt man noch einen vorderen E-Motor dazu, treiben den Wagen zusammen 428 PS voran, und er ist in nur 3,6 Sekunden von 0 auf 100. Damit aber ist der EX30 nicht nur Volvos bisher kleinster SUV, sondern zugleich der schnellste Volvo aller Zeiten.

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