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Das Wichtigste für die deutsche Wirtschaft wäre ein schneller Abbau der voranschreitenden Bürokratie, sagt CDU-Chef Friedrich Merz.

© dpa/Ronny Hartmann

„Echte Unternehmensteuer schaffen“: Merz fordert radikale Reform für deutsche Wirtschaft

Der CDU-Chef fordert, es solle nur noch eine einzige Steuer für Unternehmen geben. Dies werde den Staat zwar zunächst bis zu 30 Milliarden Euro kosten, sich aber langfristig lohnen.

Aus der Wirtschaft gibt es Warnungen, Deutschland drohe im internationalen Wettbewerb den Anschluss zu verlieren. Die Parteien streiten, welche Maßnahmen geeignet sein könnte, um deutsche Unternehmen zu unterstützen. CDU-Chef Friedrich Merz schlägt nun für eine umfassende Steuerreform vor.

Das Wichtigste wäre ein schneller Abbau der voranschreitenden Bürokratie, sagte Merz. Dazu gehöre eine Trennung zwischen der Besteuerung von Unternehmen und privaten Haushalten, sagte der Oppositionschef dem „Handelsblatt“ in einem Interview. „Das bedeutet: Alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Rechtsform, werden nur noch nach einem einheitlichen Unternehmenssteuerrecht besteuert, Personengesellschaften nicht mehr nach der Einkommensteuer.“

Merz argumentierte, vom bisherigen Wahlrecht, Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer zu zahlen, machten zu wenige Unternehmer Gebrauch, weil es zu kompliziert sei. „Ich plädiere für die Schaffung einer echten Unternehmensteuer“, sagte Merz. Personengesellschaften müssten heraus aus der Einkommensteuer. „Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und Einkommensteuer für die unternehmerischen und gewerblichen Einkünfte gehen auf in einer einfachen und verständlichen Unternehmensbesteuerung“, sagte der CDU-Chef.

So wie es ist, kann es nicht bleiben. Im Jahr 2022 betrug der Kapitalabfluss aus Deutschland 135 Milliarden Euro.

Friedrich Merz, CDU-Chef

Einwände, schon Wolfgang Schäuble (CDU) sei als Finanzminister mit dem Versuch, die Gewerbesteuer zu reformieren, am Widerstand der Kommunen gescheitert, ließ Merz nicht gelten. Damals sei es ausschließlich um die Gewerbesteuer gegangen.

Ziel müsse aber eine grundlegende Reform der gesamten Unternehmensbesteuerung sein, bei der es dann auch eine Neuverteilung des Steueraufkommens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geben müsse. „Natürlich werden wir dabei auf eine ausreichende Finanzausstattung der Gemeinden zu achten haben. Wir würden ihnen sogar zusätzliche Freiräume geben, etwa bei der Festlegung von Hebesätzen“, sagte Merz.

Der CDU-Chef räumte ein, dass dies für die etwa eine Million Personengesellschaften in Deutschland eine gewaltige Umstellung sein würde, für die es daher ausreichend zeitlichen Vorlauf geben müsse. Er sehe aber keine Alternative, sagte Merz. „So wie es ist, kann es nicht bleiben. Im Jahr 2022 betrug der Kapitalabfluss aus Deutschland 135 Milliarden Euro.“ Deutschland müsse daran etwas ändern, wenn die mittelständische Struktur auf Dauer international mithalten können solle. Merz’ Schlussfolgerung: „Wettbewerbsfähig sind wir mit etwa 25 Prozent.“

Der Staat müsste dann mit weniger Einnahmen von zunächst 20 Milliarden bis 30 Milliarden Euro rechnen. „Aber natürlich werden wettbewerbsfähige Unternehmensteuern auch zu mehr Wachstum und damit zu mehr Einnahmen führen. Das lässt sich nur schwer beziffern. Aber klar ist: Wenn wir alles so lassen wie bisher, verlieren wir mittelfristig noch viel mehr.

Weniger Bürger sollten Spitzensteuersatz zahlen, so Merz

Merz schlug zudem Änderungen bei der Besteuerung von Privatpersonen vor. Dabei gehe es nicht um die Frage, ob der Spitzensteuersatz 42 oder 45 Prozent betrage, sondern wie viele Bürger ihn bezahlen müssten. „Der Steuersatz von 42 Prozent wird heute bereits für Steuerzahler fällig, die das Eineinhalbfache des Durchschnittseinkommens verdienen. Das trifft schon den Facharbeiter und die Facharbeiterin. Früher war es das Fünfzehnfache“, sagte der Unionsfraktionschef.

Die Botschaft des Staates heute sei: „Je mehr du arbeitest, desto mehr nehmen wir dir ab. Wir müssen den Menschen das Signal geben, dass wir uns freuen, wenn sie mehr leisten. Deshalb haben wir vorgeschlagen, dass Überstunden zumindest teilweise steuerfrei gestellt werden und dass ein bestimmter Zuverdienst von Rentnern nicht besteuert wird. Das Ziel muss sein, die Mittelschicht und untere Einkommensgruppen deutlich zu entlasten“, sagte der Oppositionschef.

Aus der Ampelkoalition kam umgehend Widerspruch. Der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Andreas Audretsch, kritisierte, die vorgeschlagenen Mindereinnahmen seien nicht gegenfinanziert. „Der Wünsch-Dir-Was-Vorschlag von Herrn Merz ist in einem Maße unseriös, dass man an seiner Ernsthaftigkeit und Regierungsfähigkeit Zweifel haben muss.“ (lem)

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