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3 auf 1 zu Julian Nagelsmanns Debüt.

© Alex Grimm/Getty Images AFP

Premiere von Nagelsmann: Wieviel Kredit hat der neue Bundestrainer?

In den USA hat das DFB-Team seine ersten Auftritte mit dem neuen Coach an der Seite. Es gilt, die aufkommende Aufbruchstimmung nicht gleich wieder im Keim zu ersticken.

Auf der umstrittenen USA-Reise feiert Julian Nagelsmann nun sein Debüt als Bundestrainer. Am Samstag trifft die Nationalelf in Hartford auf die USA (21 Uhr auf RTL). In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch spielt das DFB-Team dann in Philadelphia gegen Mexiko (2 Uhr in der ARD).

Für Nagelsmann beginnt damit sein Projekt Europameisterschaft 2024. Bis dahin hat er unterschrieben, am Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft beim Turnier im eigenen Land wird er gemessen werden. In unserer Serie „3 auf 1“ geben drei Sportjournalist:innen ihre Einschätzung zu den Erfolgsaussichten des Projekts ab. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Auf Flick zu folgen ist diesmal kein Nachteil

Als Julian Nagelsmann vor ein paar Wochen den Posten des Bundestrainers antrat, meldeten sich gleich ein paar Bedenkenträger: Er ist zu jung, mit einem für sein Alter zu großem Ego ausgestattet, seine Bayern-Vergangenheit ein Problem. Und dann ist da noch die angebliche Nähe zum Boulevard, weil die Lebensgefährtin mal bei der Bild gearbeitet hat.

Der Tenor war aber sowohl bei den Fans als auch bei den Experten und vor allem Spielern, dass Nagelsmann die Mannschaft sehr wohl voranbringen kann. Dass er wie einst beim FC Bayern an Hansi Flick gemessen wird, ist dieses Mal kein Nachteil.

In München startete Nagelsmann mit der Bürde, dass sein Vorgänger in eineinhalb Jahren sieben Titel gewonnen hat. Bei der Nationalmannschaft folgt er nun einem Flick, der zuletzt überhaupt nicht mehr gewann. Die meisten Spieler, vielleicht sogar alle, sind froh, dass sie den Ballast des vergangenen Jahres abwerfen können, die Ansprache eine andere ist, eine positivere. Es wird nicht alles von heute auf morgen gut werden, aber das erwartet kaum jemand von Nagelsmann. Er hat auf jeden Fall Zeit. Bis zur EM im kommenden Sommer.


Gefordert sind jetzt die Spieler

Julian Nagelsmann weiß die Situation einzuschätzen. Er hat eine sehr klare Idee auf dem Platz, angepasst an die (nicht) vorhandene Qualität der Spieler, an die knappe Zeit bis zur Euro und ganz sicher hat er auch das atmosphärische Gesamtbild im Auge.

Er kann begeistern, intern wie extern. Nagelsmanns Öffentlichkeitsarbeit ist frisch und authentisch. Er kann moderieren, wenn es klemmt. Mit nachvollziehbarem Fehlermanagement kann er Verständnis für den Gestaltungsprozess erwarten, auch mediale Überhöhung beruhigen.

Gefordert sind die Spieler. Auftritte mit maximaler Leidenschaft sind Pflicht, auf und außerhalb des Platzes. Sie müssen lernen, die Kritik zu verstehen. Das ist für mich ein entscheidender Faktor.

Verantwortung, Vorbildfunktion endet nicht an der Eckfahne. Menschen erwarten mehr vom Fußball. Nichts ist mehr selbstverständlich, seit sich die Blase Profifußball in andere Sphären verabschiedet hat.

Wenn der Funke wieder überspringen soll, muss man sich gegenseitig begeistern. Leidenschaftlicher, erfolgreicher und bestenfalls attraktiver Ereignis-Fußball wäre eine gute Basis. Julian Nagelsmann ist der genau richtige Mann für diese nationale Mission.


Wer Uli Hoeneß auf seiner Seite weiß, dem kann nicht viel passieren

Pal Dardai, der nicht nur Trainer von Hertha BSC ist, sondern auch ein Fußball-Philosoph, predigt immer wieder, im Fußball nicht allzu weit vorauszudenken: „Wichtig ist nur der nächste Pass.“

Bis zur Europameisterschaft im kommenden Jahr wird die Nationalmannschaft noch viele Pässe spielen – und jeder einzelne ist theoretisch geeignet, die gerade aufkommende Aufbruchstimmung zu torpedieren. Aber man muss ja nicht vom Schlimmsten ausgehen.

Die Nationalmannschaft hat jetzt einen jung-dynamischen Trainer, der viel Tatendrang ausstrahlt und auch fachlich geschätzt wird. Entsprechend groß ist sein Rückhalt in der Öffentlichkeit.

Julian Nagelsmann sei „genau der Richtige“, hat niemand Geringeres gesagt als Uli Hoeneß, der beim FC Bayern München immer noch ein gewichtiges Wort mitzureden hat. Dass die Bayern Nagelsmann im Frühjahr entlassen haben, hat Hoeneß sogar als „nicht unbedingt klug“ bezeichnet.

Wer Uli Hoeneß hinter sich weiß, muss sich in der Regel wenig Sorgen machen. Es sei denn, die Nationalmannschaft spielt bald ziemlich viele nächste Pässe am Ziel vorbei.

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