zum Hauptinhalt
Ibrahim Bradley musste beim Spiel gegen den HSV noch auf der Bank Platz nehmen. Doch Trainer Pal Dardai hält eine Menge von ihm.

© IMAGO/Matthias Koch

Pal Dardai setzt auf Bradley Ibrahim: Hertha BSC und die Suche nach dem perfekten Sechser

Beim 1:2 gegen den HSV offenbart sich erneut Herthas Schwäche im zentralen Mittelfeld. Die Hoffnungen ruhen jetzt auf einem 19 Jahre alten Engländer, der noch auf sein Profidebüt wartet.

Pal Dardai, der Trainer von Hertha BSC, weiß sehr genau, welcher Spieler seiner Mannschaft bei der Niederlage am Wochenende gefehlt hat. Es ist ein Spieler, der in der vergangenen Woche jeden Tag bei den Berlinern auf dem Trainingsplatz gestanden hat. Der aber nach eigener Aussage im Moment 120 Kilo auf den Rippen hat (was vermutlich ein bisschen übertrieben ist).

Der Spieler heißt Pal Dardai.

„Wenn ich der Sechser bin in so einer kompakten Mannschaft, dann erobere ich bestimmt drei, vier Bälle, die ich sofort in die Tiefe spielen kann“, hat er am Tag nach der 1:2-Niederlage gegen den Hamburger SV gesagt. Einen Ballfresser, wie er selbst es in seiner aktiven Zeit gewesen ist, den hätte der inzwischen knapp 48 Jahre alte Dardai gebraucht; einen, der sich ins Getümmel schmeißt, der auch mal das Becken ausfährt. „Das war nicht da“, sagte er.

Das Problem auf der Sechserposition im Besonderen und im zentralen Mittelfeld im Allgemeinen ist nicht neu bei Hertha BSC. Es verfolgt den Berliner Fußball-Zweitligisten seit Saisonbeginn, und trotz einiger Bemühungen auf dem Transfermarkt ist es immer noch nicht zu Dardais Zufriedenheit gelöst.

Ich suche noch den Haken: Der Junge ist zu gut.

Herthas Trainer Pal Dardai über die Neuverpflichtung Bradley Ibrahim

Gegen den HSV begann Andreas Bouchalakis als Sechser, davor spielten der gerade erst verpflichtete Aymen Barkok und Florian Niederlechner, der eigentlich Stürmer ist. „Sie haben gearbeitet“, sagte Dardai. Begeisterung klingt anders.

In der Zentrale mangelt es Hertha weiterhin an vielem: an Kreativität, an Präsenz, an Struktur und Aggressivität. Das war am Samstagabend erneut deutlich zu sehen und ein Grund dafür, dass Dardai gegen die ausgewiesene Ballbesitzmannschaft HSV einen reaktiven Ansatz wählte. Der andere waren die personellen Engpässe.

Marton Dardai fehlte mit muskulären Problemen; Pascal Klemens saß nach seinem Infekt zwar auf der Bank, sollte allerdings nur im äußersten Notfall eingewechselt werden. Das Pärchen Dardai/Klemens, mit dem die Berliner in die Saison gestartet sind, hat sich im Laufe der Spielzeit als erste Wahl für die Doppelsechs herausgestellt – ohne dass es durchgehend überzeugt hätte.

Das spricht nicht für die Spieler, die Hertha seit Saisonbeginn verpflichtet hat: nicht für Andreas Bouchalakis und Bilal Hussein, die im August gekommen sind, und auch nicht für Aymen Barkok, den die Berliner im Januar von Mainz 05 ausgeliehen haben.

Hussein schafft es nicht einmal in den Kader

Hussein stand weder im Pokal gegen Kaiserslautern noch drei Tage später gegen den HSV im Kader. Krank (wie so viele aus der Mannschaft) oder verletzt war er nicht. Für Dardais Geschmack kommt der Schwede zu leichtgewichtig daher. Herthas Trainer vermisst bei ihm die Robustheit, um sich überhaupt bemerkbar zu machen.

Bei Bouchalakis ist es ähnlich. Der Grieche ist Nationalspieler, er hat mit seinem vorherigen Klub Olympiakos Piräus in der Champions League gespielt und kann mit seinen Pässen dem Spiel einer Mannschaft Struktur geben. Aber mit dem körperlichen Fußball in der deutschen Zweiten Liga fremdelt er immer noch.

Zu viele Fehler. Andreas Bouchalakis (links) leitete im Pokal-Viertelfinale gegen Kaiserslautern mit einem schlampigen Pass das vorentscheidende 0:3 ein.
Zu viele Fehler. Andreas Bouchalakis (links) leitete im Pokal-Viertelfinale gegen Kaiserslautern mit einem schlampigen Pass das vorentscheidende 0:3 ein.

© IMAGO/Matthias Koch

Zudem ist sein Spiel, gerade für diese neuralgische Position vor der Abwehr, deutlich zu fehleranfällig. Im Pokal gegen Kaiserslautern leitete Bouchalakis mit seinem schlampigen Rückpass auf Innenverteidiger Marc Kempf das vorentscheidende 0:3 ein.

Das Gespür für Gefahr, essentiell für einen guten Sechser, geht auch Aymen Barkok ab. Der Neue aus Mainz ist ein echter Straßenfußballer, der den Ball mit seinem Fuß liebkosen kann. Aber sein Auftritt gegen den HSV belegte sehr deutlich, warum er in all den Jahren als Profi nie dauerhaft über den Status als Ergänzungsspieler hinausgekommen ist.

Vor dem ersten Tor der Hamburger hielt Barkok stattlichen Abstand zum Schützen Miro Muheim. Vor dem zweiten Treffer ließ er Ludovit Reis einfach laufen.

„Bei den Sechsern gibt es noch Dinge, die man besser machen muss“, sagte Dardai, den es zunehmend nervt, dass seiner Mannschaft die immer gleichen Fehler unterlaufen. „Da kann keiner denken, er müsse immer spielen. Die Leistung muss stimmen. Aber da ist noch Luft nach oben.“

Es ist bezeichnend, dass die Hoffnungen jetzt auf dem 19 Jahre alten Engländer Bradley Ibrahim ruhen, den die Berliner in der vergangenen Woche vom FC Arsenal verpflichtet haben und der bisher noch kein einziges Profispiel bestritten hat. Nach dessen ersten Training mit seinen neuen Kollegen sagte Dardai: „Ich suche noch den Haken: Der Junge ist zu gut.“

Sogar einen Einsatz gegen den HSV hatte Herthas Trainer Ibrahim in der vergangenen Woche in Aussicht gestellt. Tatsächlich saß der Neue auf der Bank, wurde aber nicht eingewechselt. „Schmeiße ich ihn rein und wir verlieren, kommen wieder die Kritiker und sagen: Du sollst einen Jugendspieler nicht gleich verbrennen“, erklärte Dardai.

Wenn Ibrahim allerdings das bestätigen kann, was er in den ersten Trainingseinheiten angedeutet hat, „dann ist es eine sehr gute Investition in die Zukunft von Hertha BSC“, glaubt Pal Dardai. Er wirke stabil, spiele saubere Pässe und: „Er ist ein Ballfresser.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false