zum Hauptinhalt
Hinten die null und vorne die acht – das war mal ein Comeback für Manuel Neuer.

© dpa/Tom Weller

Nach unglaublichem 8:0 gegen Darmstadt: Manuel Neuer ist „happy wie selten“

Manuel Neuers Rückkehr ins Bayern-Tor wird zum verrückten Spektakel. Drei Rote Karten, acht Tore in 38 Minuten, ein 55-Meter-Kunstschuss von Harry Kane. Doch der Kimmich-Platzverweis trübt die Stimmung.

Von Klaus Bergmann, dpa

Das schwarze Trikot von seinem „sehr emotionalen“ Comeback-Spiel mochte Manuel Neuer partout nicht hergeben. Freundlich, aber bestimmt lehnte der Bayern-Kapitän nach dem Münchner 8:0-Torfest den Wunsch des bedauernswerten Darmstädter Torwart-Kollegen Marcel Schuhen ab. „Bei dem Comeback würde ich das Trikot schon ganz gerne selber behalten“, berichtete Neuer über den kurzen Plausch der Schlussmänner nach einem verrückten Fußballspiel mit einer Rotflut in der torlosen ersten Hälfte und einem Münchner Tor-Orkan nach der Pause inklusive Traumtor von Harry Kane aus 55 Metern.

Neuer vertröstete Schuhen aufs Rückspiel im neuen Jahr. „Alles easy, dann ist das gar kein Problem, ich tausche ja immer. Nur das Trikot vom heutigen Tag behalte ich“, sagte der Nationaltorwart. Das verstand auch Schuhen. Das Outfit seines 479. Bundesligaspiels stellt für Neuer quasi eine Trophäe dar. Als Sieg über sich selbst und viele „Höhen und Tiefen“ auf dem 323 Tage langen Weg zurück ins Tor nach dem komplizierten Beinbruch bei einer Ski-Tour kurz nach dem frühen deutschen WM-Aus in Katar.

Der Unfall in den bayerischen Bergen hätte Neuers Hochglanz-Karriere beinahe beendet. „Ich bin so happy, wie ich selten happy gewesen bin, dass ich es geschafft habe“, gestand der Ausnahmesportler, ehe er sich in den trainingsfreien Sonntag verabschiedete.

Ich denke, dass er aktuell auf jeden Fall die Nummer eins ist.

Manuel Neuer über Marc-Andre ter Stegen und die Rollenverteilung in der Nationalmannschaft.

Neuer ist zurück. Erstmal im Bayern-Tor. Aber natürlich ereilten ihn schon nach den ersten 90 Minuten mit einer bemerkenswerten und vom Publikum frenetisch gefeierten Parade gegen Darmstadts Marvin Mehlem beim Stand von 0:0 umgehend Fragen zur Nationalmannschaft, zur Heim-EM 2024 und zum DFB-Konkurrenten Marc-André ter Stegen. Mit seinem Ex-Coach und Neu-Bundestrainer Julian Nagelsmann stand er am Freitag in Kontakt. „Julian hat mir für heute alles Gute gewünscht“, erzählte der Weltmeister von 2014.

DFB-Comeback? „Ich glaube, das ist ein Thema, womit ich mich aktuell gar nicht beschäftige, weil ich heute mein erstes Spiel gemacht habe.“ Bei ihm sei „alles tiefenentspannt“, versicherte der 37-Jährige. „Ich freue mich auf die nächsten Spiele und werde da wie immer Gas geben.“ Zu Konkurrent ter Stegen bemerkte Neuer: „Ich denke, dass er aktuell auf jeden Fall die Nummer eins ist.“ Wohlgemerkt - aktuell!

Die Gegenwart für Neuer heißt Rückkehr zu alter Stärke

Nationalelf und Heim-EM sind Neuer-Themen für 2024. Die Gegenwart heißt Rückkehr zu alter Stärke. „Ich denke jetzt erstmal an den FC Bayern, alles andere kommt dann hoffentlich von alleine“, sagte Neuer auch im Hinblick auf einen neuen Bayern-Vertrag im Sommer.

Der Rückkehrer wurde nicht nur von Trainer Thomas Tuchel mit Komplimenten für seine Willensleistung auf dem beschwerlichen Weg zurück überschüttet. „Man kann sich vorstellen, welches Mindset (Denkweise) man benötigt, um nach so einer Verletzung zurückzukommen. Das schaffen nicht viele. Das ist eine sensationelle Leistung. Dafür gebührt ihm der höchste Respekt“, sagte Tuchel: „Er hat sensationell gut gespielt“.

Wenn es mal läuft, trifft man auch aus 55 Metern. So wie hier Harry Kane.
Wenn es mal läuft, trifft man auch aus 55 Metern. So wie hier Harry Kane.

© dpa/Tom Weller

Der 28. Oktober 2023 wird aber nicht nur wegen Neuers Rückkehr in Erinnerung bleiben. Es war ja nicht nur für den Bayern-Kapitän „skurril“, was sich in der Allianz Arena abspielte. Drei Roten Karten in der ersten Hälfte für Joshua Kimmich sowie Darmstadts Verteidiger Klaus Gjasula und Matej Maglica waren ein Novum in 60 Jahren Bundesliga. Und die acht Treffer der Münchner Offensiv-Asse Kane (3), Leroy Sané (2), Jamal Musiala (2) und dem erneut nur eingewechselten Thomas Müller betitelte Sportdirektor Christoph Freund als „Feuerwerk“.

Mann des Tages war Neuer, Mann des Spiels aber Harry Kane. Der 30 Jahre alte Engländer scheint jeden Euro seiner 100-Millionen-Ablöse wert. Zwölf Tore nach den ersten neun Spielen, das schaffte kein Bundesliga-Neuling vor ihm. Und dann glückte Kane gegen den weit vor dem Tor postierten Schuhen auch noch ein Tor aus der eigenen Hälfte. „Als der Ball in der Luft war, habe ich einfach nur gebetet, dass er unter die Latte geht. So ein Tor ist mir zum ersten Mal gelungen“, sagte Kane: „Einen Hattrick zu schießen, ist immer großartig.“

Neuer zurück, Kane, Sané, Musiala und Co. im Torrausch – alles bestens vorm Liga-Hit in Dortmund? Nein. Tuchel muss wegen Kimmichs Sperre ein kapitales Mittelfeld-Problem lösen. „Der Platzverweis war sehr blöd. Und ich ärgere mich sehr, dass ich gegen Dortmund fehle“, sagte der Nationalspieler. „Das ist extrem unglücklich, weil Joshua ein Schlüsselspieler in der Mitte des Feldes ist“, sagte Tuchel.

Auch Kapitän Neuer sprach von einer Schwächung. „Joshua wird uns in unserer Achse als Leistungsträger und Führungsspieler fehlen.“ Die Hoffnung lautet, dass Leon Goretzka nur zwei Wochen nach seinem Mittelhandbruch gegen den BVB auflaufen kann. Dortmund wird auch für Neuer die erste echte Bewährungsprobe nach Darmstadt und einem weiteren Warm-up im DFB-Pokal am Mittwoch. „In Saarbrücken müssen wir weiterkommen - und dann steht der Klassiker an“, sagte Neuer mit leuchtenden Augen. „Ich kann jetzt noch nicht sagen, welches Level ich habe.“ Aber jedes weitere Spiel betrachtet er als „Geschenk“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false