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Im Licht. Herthas Trainer Pal Dardai ist zuversichtlich, dass seine Mannschaft das hohe Niveau der Hinserie halten kann.

© imago/Sebastian Wells

Nach dem Trainingslager in der Türkei: Hertha BSC: Die Rückrunde kann kommen

Hertha BSC ist aus dem Trainingslager zurück. Trainer Dardai fühlt sich für die Rückrunde gerüstet, weil er mehr taktische und personelle Varianten hat.

Pal Dardai steht ganz sicher nicht im Verdacht, in Problemen zu denken. Probleme überlässt er lieber den anderen. Die dürfen sich dann auch gerne seinen Kopf zerbrechen. Zum Beispiel über die Frage, wer im abschließenden Testspiel von Hertha BSC im Trainingslager das Tor hüten sollte. Fünf Torhüter hatte der Berliner Fußball-Bundesligist unter Vertrag, als er am Sonntag vor einer Woche nach Belek in die Türkei geflogen ist. Am Samstag gegen FC Vaduz stand von den Fünfen keiner vorbehaltlos zur Verfügung: Rune Jarstein – erkältet; Sascha Burchert – am Oberschenkel verletzt; Marius Gersbeck – nach Chemnitz verliehen; Nils Körber – wegen Abiturprüfungen in Berlin geblieben. Und Thomas Kraft hatte immer noch Probleme mit der lädierten Schulter.

Ja, und?, hat Dardai, der Trainer der Berliner, gesagt. Stell’ ich mich eben ins Tor. Oder Torwarttrainer Zsolt Petry. Am Ende haben sie sich doch für Kraft und das am ehesten kalkulierbare Risiko entschieden. Die offizielle Nummer eins, die seit September nicht mehr gespielt hatte, bekam beim 1:0-Sieg (Tor: Vedad Ibisevic) gegen Tabellenletzten der Schweizer Liga wenig zu tun, was vermutlich ganz im Sinne seiner weiteren Genesung war. Die Frage allerdings, ob Kraft auch am Samstag zum Rückrundenauftakt gegen Augsburg einsatzfähig ist, konnte noch nicht seriös beantwortet werden. Trotzdem besteht kein Grund zur Panik. Für Pal Dardai schon mal gar nicht. Jarstein soll schon am Dienstag wieder trainieren können; einem Einsatz am Wochenende dürfte nichts im Wege stehen. Alles gut also.

Sebastian Langkamp droht gegen Augsburg auszufallen

So ungefähr lautete auch Dardais Fazit nach dem Trainingslager. In vier Testspielen gab es zwei Siege, ein Unentschieden und eine Niederlage. Allein das 1:4 gegen den VfL Bochum fiel etwas aus der Reihe, und davon eigentlich auch nur die zweite Hälfte, als der Zweitligist aus einem 0:1 ein 4:1 machte. Trotzdem sei er mit dem Trainingslager „absolut zufrieden“, sagte Dardai. „Alles ist rund gelaufen, die Fitness ist gut, und die Jungs haben gut mitgearbeitet. Es hat nichts gegeben, wo ich böse werden musste.“ Ärgerlich ist nur, dass Sebastian Langkamp sich gegen Vaduz verletzt hat. An diesem Montag soll eine MRT-Untersuchung Klarheit bringen, ob er sich einen Muskelfaserriss zugezogen hat. Der Innenverteidiger droht gegen Augsburg auszufallen.

Am Sonntagnachmittag um kurz nach drei landete die Mannschaft wieder in Berlin, in durchaus guter Hoffnung, dass es im neuen Jahr zumindest nicht dramatisch schlechter wird als vor der Winterpause. Als Dritter gehen die Berliner in die Rückrunde; können sie diesen Platz behaupten, würden sie in der kommenden Saison in der Champions League spielen.

Dardai hofft, dass die Mannschaft durch diese Aussicht zusätzlich beflügelt wird und dass sie nicht etwa in Angst verfällt, weil sie plötzlich etwas zu verlieren hat. Der Überraschungseffekt, den Hertha anfangs als Fast-Absteiger der Vorsaison noch genossen hat, wird vermutlich wegfallen; die Gegner werden Hertha ganz sicher nicht mehr unterschätzten. Was bedeutet, dass sie die Spiele gegen die Berliner vermutlich etwas passiver angehen und Hertha die Initiative überlassen werden. Doch auf dieses Szenario hat Dardai seine Spieler in Belek explizit vorbereitet. Das Spiel im letzten Drittel war einer der Schwerpunkte im Trainingslager. „Wir haben mehr Lösungen gefunden, hatten schöne Kombinationen dabei, um zum Torabschluss zu kommen“, sagte der Ungar. Zudem hat er seine Mannschaft in den ersten beiden Testspielen – gegen Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach – höher pressen lassen, als sie es bisher aus dem Ligaalltag gewohnt war. „Das hat gut geklappt, weil wir zur Halbzeit immer komplett gewechselt haben“, sagte Dardai. „Über 90 Minuten ist so ein hohes Pressing kaum durchzuhalten.“

Sinan Kurt wird erst mal in der U 23 spielen

Immerhin verfügt der Trainer über mehr Variationsmöglichkeiten, nicht nur taktisch, sondern auch personell. Einige Spieler mit dem natürlichen Anspruch auf einen Stammplatz sind zurück; natürlich werden sich nicht alle Wünsche erfüllen lassen, zumal das Spiel gegen Bochum, als die vermeintliche B-Elf zum Einsatz kam, wenige Argumente für exzessive Personalrochaden lieferte. Peter Pekarik ist immer ein seriöser Kandidat für die Startelf; alle anderen Rückkehrer werden sich vermutlich über Kurzeinsätze für mehr empfehlen müssen; Sinan Kurt sogar über Spiele in der Regionalliga. Der 19-Jährige, Herthas einzige Verpflichtung des Winters, soll laut Dardai zwar weiterhin mit den Profis trainieren, am Wochenende dann aber erst einmal in der U 23 Spielpraxis sammeln.

Für einen jungen Mann, der den Sprung in den Männerfußball noch nicht geschafft hat, dürfte das kein Problem sein; spannender wird es zu beobachten sein, wie gestandene Fußballer wie Alexander Baumjohann, Valentin Stocker, Tolga Cigerci oder Thomas Kraft reagieren, sollten sie sich weiterhin mit einem Platz auf der Ersatzbank (wenn überhaupt) begnügen müssen. Schon die Benennung der 18 Spieler für den Kader wird Dardai schwierige Entscheidungen abverlangen; die Frage, wer von diesen 18 dann spielt, ist fast leichter zu beantworten. „Die Stammelf aus der Vorrunde hat erst einmal einen Bonus“, sagt Herthas Trainer. „Ich weiß, dass die Ersatzspieler einen Tick unzufrieden sind. Aber so wie die Tabelle aussieht, weiß jeder: Wir haben eine riesige Chance.“

Die Aussicht auf das ganz große Ding soll die Spieler ein Stück weit disziplinieren. Bisher scheint das zu funktionieren. „Ich habe das Gefühl, dass wir als Mannschaft in Belek noch enger zusammengewachsen sind“, sagte Kapitän Fabian Lustenberger. „Alle ziehen mit, alle wollen das, was wir in der Hinrunde auf den Platz gebracht haben, bestätigen.“

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