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Man kennt sich. Bundestrainer Hansi Flick (l.) hat auch seine Erfahrungen mit der Führung des FC Bayern gemacht. Trotzdem hielt er sich mit Äußerungen zur Entlassung von Julian Nagelsmann zurück.

© Pool via Reuters/ANNEGRET HILSE

Das Beben bei den Bayern und die Folgen für die Nationalmannschaft: „Julian Nagelsmann ist ein überragender Trainer“

Die Fußball-Nationalmannschaft bestreitet am Samstag ihr erstes Spiel nach der WM. Dabei stören die Nachrichten rund um Julian Nagelsmann die Vorbereitung.

In einer idealen Welt ginge es bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft derzeit ausschließlich um die Nationalmannschaft und ihr Spiel gegen Peru an diesem Samstag in Mainz (20.45 Uhr, live im ZDF). Aber welche Welt ist schon ideal?

Die eine Welt lässt sich nun mal nicht trennscharf abgrenzen von der anderen. Die Nationalspieler sind immer auch Vereinsspieler. Also ist Mario Götze am Donnerstag bei der Pressekonferenz der Nationalmannschaft auch zu den Gerüchten um seinen Frankfurter Vereinstrainer Oliver Glasner befragt worden.

Es war, wie sich am Tag danach rausstellt, nur ein harmloses Vorspiel. Denn am Tag danach sind die Auswirkungen des sogenannten Bayern-Bebens auch in Frankfurt am Main deutlich zu spüren. Als Bundestrainer Hansi Flick am Freitagmittag zur obligatorischen Pressekonferenz erscheint, sind gut 15 Stunden vergangen, seitdem die Nachricht in der Welt ist, dass der FC Bayern München sich von seinem Trainer Julian Nagelsmann getrennt hat und Thomas Tuchel dessen Nachfolge antreten wird.

Franziska Wülle, die Pressesprecherin der Nationalmannschaft, geht gleich bei ihrer Begrüßung auf das Thema ein, „das sehr viele hier beschäftigt“, und fragt den Bundestrainer: „Möchtest du was dazu sagen?“

Ich hatte schon sehr viele Top-Trainer. Trotzdem würde ich sagen, dass er locker in den Top drei meiner besten Trainer ist.

Nationalspieler Joshua Kimmich über Julian Nagelsmann

Flick könnte natürlich jede Menge dazu sagen – weil er vor zwei Jahren selbst noch Bayern-Trainer war; weil er dem Verein seit Jahrzehnten verbunden ist, erst als Fan, später als Spieler, zuletzt als Cheftrainer. Und weil er seine eigenen Erfahrungen mit der Vereinsspitze um Hasan Salihamidzic gemacht hat. Aber natürlich möchte er nicht, „aus Respekt für Julian und Bayern München“.

Dabei kommt Flick auch die Nachrichtenlage zupass: Denn offiziell bestätigt ist die Meldung von Nagelsmanns Entlassung zu diesem Zeitpunkt noch nicht. „Vielleicht nur ganz kurz“, sagt also der Bundestrainer: „Wir waren natürlich gestern Abend auch sehr, sehr überrascht über die Schlagzeilen.“ Am Abend, als die Bayern die Personalien bestätigt hatten, wurde Flick in der Halbzeitpause des U21-Länderspiels zwischen Deutschland und Japan dann etwas konkreter: „Ich find’s schade, dass er natürlich jetzt die Chance genommen bekommt, dass er drei Titel holt“, meinte er im Fernsehsender ProSieben Maxx und nannte Nagelsmann einen „herausragenden Trainer“.

Flick und sein Nach-Nachfolger. Thomas Tuchel (r.), der künftige Bayern-Trainer, verlor 2020 mit Paris das Champions-League-Finale gegen die Münchner und Hansi Flick.
Flick und sein Nach-Nachfolger. Thomas Tuchel (r.), der künftige Bayern-Trainer, verlor 2020 mit Paris das Champions-League-Finale gegen die Münchner und Hansi Flick.

© SVEN SIMON/ Frank Hoermann/ Pool

Die Nationalmannschaft und die Bayern: Schon wegen der personellen Überschneidungen sind beide Teams traditionell eng miteinander verwoben. Das wird auch am Freitag klar, als nicht nur Flick, der ehemalige Bayern-Trainer, auf dem Podium sitzt, sondern gleich nach ihm Joshua Kimmich kommt. Der Münchner steht vor seinem 75. Länderspiel und wird die Nationalmannschaft am Samstag gegen Peru und am Dienstag gegen Belgien als Kapitän aufs Feld führen.

Kimmich ist einer von drei Bayern-Profis in Flicks Kader. Dass die Münchner Abordnung diesmal eher klein ausfällt, ist im konkreten Fall vielleicht gar nicht so schlimm. Denn nach den jüngsten Nachrichten aus München „wird es mit Sicherheit auch nicht so sein, dass es alle beflügelt“, sagt der Bundestrainer. Er habe, so erzählt er es, ohne näher auf die Inhalte einzugehen, bereits das Gespräch mit dem einen oder anderen Spieler geführt.

Auch Kimmich macht, mit Verweis auf die zu diesem Zeitpunkt noch fehlende Bestätigung durch den Klub, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, gibt aber zu, dass es nicht ganz einfach ist, die Sache komplett zu verdrängen. „Natürlich beschäftigt das einen“, sagt er. Immerhin gehe es um den Trainer, „mit dem man tagtäglich zusammenarbeitet“.

Wenn jetzt überall davon die Rede ist, dass Nagelsmann die Kabine verloren habe, es also mit der Mannschaft oder zumindest Teilen der Mannschaft keinen gemeinsamen Nenner mehr gegeben habe, dann gilt das explizit nicht für Joshua Kimmich. Der 28-Jährige, der sich mit seinem bisherigen Trainer im Ehrgeiz vereint fühlen konnte, zählte zu Nagelsmanns Vertrauten und Gefolgsleuten.

Auch deshalb wird Kimmich gefragt, was die Entscheidung, den Trainer zu entlassen, mit ihm machen würde. „Die Entscheidung ist nicht getroffen, deswegen sag‘ ich dazu nichts“, erwidert er. „Ich kann nur sagen, dass Julian Nagelsmann ein überragender Trainer ist. Wirklich. Ich hatte schon sehr viele Trainer, sehr viele Top-Trainer. Und trotzdem würde ich sagen, dass er locker in den Top drei meiner besten Trainer ist.“

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