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Maximilian Mittelstädt hat eine erstaunliche Spielzeit hingelegt.

© dpa/Federico Gambarini

Der Aufstieg des Maximilian Mittelstädt: Er spielt mit dem Trend

Maximilian Mittelstädt spielt mit dem VfB Stuttgart in Dortmund. Die Schwaben freuen sich über die Leistungen des Schnäppchens. Der abgebende Verein Hertha BSC steht blamiert da.

Es ist schön, welche Geschichten der Profifußball schreibt. Maximilian Mittelstädt galt vor nicht einmal einem Jahr als gescheitertes Talent. Heute pinnt er bei Instagram Bilder, die ihn im Nationaltrikot zeigen. Einmal jubelnd nach seinem Traumtor jüngst im Länderspiel gegen Holland.

Aus dem Gefallenen ist ein Großer geworden. Nach den letzten Auftritten scheint fast sicher, dass Mittelstädt – wenn er verletzungsfrei bleibt – bei der kommenden Fußball-Europameisterschaft in Deutschland dabei sein wird. Am Samstag will er seine neue Stärke mit dem VfB Stuttgart, bei dem er seit dieser Saison unter Vertrag steht, im Spitzenspiel bei Borussia Dortmund demonstrieren (18.30 Uhr/Sky).

Doch der Profifußball ist auch ein bisschen eine traurige Geschichte, er gleicht dem Börsenmarkt. Es geht viel um Daten – und vor allem um Marktwerte. Wäre der Profifußballer Maximilian Mittelstädt ein börsennotierter Konzern, würden sich seine Aktionäre freuen. Sein Wert ging in den vergangenen Monaten raketenmäßig nach oben. Das Portal transfermarkt.de schätzt ihn auf stolze 14 Millionen Euro ein. Vor nicht einmal einem Jahr stand Mittelstädt noch bei zwei Millionen.

In Berlin, besonders im Westen der Stadt bei einem Verein namens Hertha BSC, blickt man mit Verdruss auf die Entwicklung des 27-Jährigen. Dort stand er vor einem Jahr noch unter Vertrag. Der Linksverteidiger wurde früh von Hertha-Nachwuchstrainer Ante Covic entdeckt, schaffte es über die Jugendmannschaften in den Profikader und bestritt 145 Bundesligaspiele für Hertha.

14
Millionen Euro beträgt aktuell der Marktwert von Maximilian Mittelstädt.

Mittelstädt war bei Hertha so etwas wie ein ewiges Versprechen, fleißig, kernig in den Zweikämpfen und forsch im Spiel nach vorne. Ein Spieler mit Potenzial also, aber im Laufe seiner Zeit bei Hertha fiel auch auf, dass Mittelstädt keiner ist, der sich von Trends im Gesamtgefüge eines Teams lösen kann. Zumindest nicht bei Hertha.

Bei den Berlinern hatte er seine beste Zeit im Jahr 2019 (Marktwert damals: ebenfalls 14 Millionen). Als aber der „Big City Club“ ausgerufen wurde und es fortan bei Hertha sportlich und im Bereich Management zuging wie bei einem Provinzklub, ging es auch mit Mittelstädt bergab. Es gibt Fußballklubs, die kriegen noch jeden veranlagten Spieler klein. Hertha BSC ist so ein Klub seit ein paar Jahren. Mittelstädt schrumpfte mit der Mannschaft, nach der vergangenen Saison verscherbelte ihn Hertha für läppische 500.000 Euro an den VfB Stuttgart.

Mittelstädt zu Beginn dieser Saison auch in Stuttgart nur Ersatz

Ein schlechtes Geschäft für die auf jeden Euro angewiesenen Berliner, ein sehr gutes für die sparsamen Schwaben – wie sich sehr schnell herausstellen sollte. Dabei deutete zu Beginn dieser Spielzeit noch nicht so viel auf Mittelstädts Aufstieg hin. Der VfB Stuttgart hat in Hiroki Ito (Marktwert: 25 Millionen Euro) den vielleicht begehrtesten Linksverteidiger der Liga im Kader. Der Japaner aber fehlte häufiger und muss wegen seiner Variabilität immer wieder in der Innenverteidigung aushelfen.

Mittelstädt spielte sich in der funktionierenden VfB-Mannschaft fest. Mit Chris Führich – ebenfalls Neu-Nationalspieler – harmoniert er blendend. Der „Trick“ der beiden ist sehr simpel, doch er funktioniert sehr oft: Mittelstädt sprintet bei Ballbesitz konsequent auf der linken Außenbahn weit nach vorne und bindet damit mindestens einen Gegenspieler. Das eröffnet Räume für den sehr schnellen Chris Führich, dessen Sprintwege allzu oft nach innen führen.

Eine weitere Waffe der VfB-Offensive ist ebenfalls keine fußballerische Weltneuheit, doch präzise ausgeführt ist sie durchaus zielführend: die gute, alte Flanke. Mittelstädts Hereingaben in die Mitte kommen beim VfB immer genauer. Zudem hat er in Stürmer Serhou Guirassy einen ausgesprochen begabten Abnehmer.

Zusammengefasst lässt sich sagen: Mittelstädt spielt mal wieder mit dem Trend. Er ist mindestens genauso stark wie das Team, in dem er sich befindet. Diese Anpassungsfähigkeit befähigt ihn auch zu höheren Aufgaben wie die in der Nationalmannschaft. Andererseits: Den Beweis, dass Mittelstädt eine schwächelnde Mannschaft stärker machen kann, ist er bislang noch schuldig geblieben.

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