Bundestrainer Nagelsmann muss improvisieren: Marc-André ter Stegen fällt für die Länderspiele aus

Zwölf Minuten dauerte die Unterredung mit Marc-André ter Stegen, von 16:30 bis exakt 16:42 Uhr. Dann musste Julian Nagelsmann los zum Olympiastadion, zur finalen Pressekonferenz und zum Abschlusstraining vor dem Test-Länderspiel gegen die Türkei. Marc-André ter Stegen blieb allein im Mannschaftshotel zurück.

Der Torhüter des FC Barcelona konnte am Freitagabend nicht am Abschlusstraining im Olympiastadion teilnehmen. Er wird auch am Samstagabend (20.45 Uhr, live bei RTL) gegen die Türkei und am kommenden Dienstag in Wien gegen Österreich nicht für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zwischen den Pfosten stehen. Stattdessen reist er am Samstagvormittag von Berlin aus nach Barcelona zurück.

„Diffuse Rückenschmerzen“, so berichtete es Bundestrainer Nagelsmann, verhindern einen Einsatz des Nationaltorhüters. Weitere Details zur Art der Verletzung konnte er bei der Pressekonferenz am Freitagabend ebenso wenig liefern wie Prognosen über ter Stegens Ausfallzeit. Nagelsmann selbst war von der Nachricht überrascht worden.

Auch mit der Vertretungslösung für die aktuelle deutsche Nummer eins hatte sich der Bundestrainer zu diesem Zeitpunkt noch nicht befasst. Genauso wenig wie nicht mit der Frage, ob gegen die Türkei ein anderer Torhüter aufläuft als am Dienstag in Wien.

Manuel spielt eine gute Rolle. Er darf gerne weiterhin so spielen und Topleistungen bringen.

Bundestrainer Julian Nagelsmann über die Leistungen von Manuel Neuer nach dessen Comeback

Für das Heimspiel gegen die Türkei ist der Frankfurter Kevin Trapp die logische Wahl. Der 33-Jährige verfügt von den drei verbliebenen Torhütern in Nagelsmanns Kader mit sieben Einsätzen über die größte Länderspielerfahrung. Die beiden anderen – Oliver Baumann von der TSG Hoffenheim und der erstmals nominierte Leipziger Janis Blaswich – haben bisher noch gar nicht für die Nationalmannschaft gespielt.

Ter Stegen hatte schon nach dem Training am Donnerstag aber Rückenbeschwerden geklagt, „die ihn hindern, die torwartspezifischen Bewegungen auszuüben“, wie Nagelsmann berichtete. Nachdem die Schmerzen über Nacht eher schlimmer als besser geworden waren, fiel schließlich die Entscheidung, dass der Torhüter vorzeitig aus Berlin abreist.

Marc-André ter Stegen ist in seiner Nationalmannschaftskarriere, die bereits im Mai 2012 begonnen hat, nicht immer vom Glück verfolgt worden. Und auch die neuste Verletzung kommt für ihn zu einem strategisch ungünstigen Zeitpunkt.

Während der verletzungsbedingten Abwesenheit von Manuel Neuer ist der 31-Jährige zur Nummer eins der Nationalmannschaft aufgestiegen. Auch dank überzeugender Leistungen im Verein hat ter Stegen gute Chancen, bei der EM im kommenden Sommer erstmals als Stammtorhüter ein großes Turnier zu bestreiten. Die beiden letzten Länderspiele des Jahres wären eine gute Gelegenheit gewesen, seinen Status als Nummer eins zu festigen – auch gegenüber Neuer, der jetzt die Rolle des Herausforderers übernommen hat.

Neuer hat die Europameisterschaft im eigenen Land noch lange nicht abgeschrieben, obwohl er im März 38 wird. Ende Oktober ist er nach zehnmonatiger Verletzungspause ins Tor des FC Bayern München zurückgekehrt. „Manuel spielt eine gute Rolle“, sagte Julian Nagelsmann über Neuers erste Auftritte seit seinem Comeback. „Er darf gerne weiterhin so spielen und Topleistungen bringen.“

Der bisherige Kapitän des DFB-Teams hatte bei der Vorstellung des EM-Balls am Mittwoch in Berlin angekündigt, dass er bei den nächsten Länderspielen im März wieder für die Nationalmannschaft spielen wolle. Für die laufende Länderspielperiode war Neuer in Absprache mit dem Bundestrainer nicht nominiert worden. Es sei nicht sinnhaft gewesen, ihn schon jetzt wieder einzuladen, sagte Nagelsmann, „deshalb macht auch eine Nachnominierung keinen Sinn“.

Sowohl Neuer als auch ter Stegen sind bekannt dafür, dass sie neben ihren torwartspezifischen Fähigkeiten auch fußballerisch extrem gut und ihren Konkurrenten im Kader der Nationalmannschaft damit deutlich überlegen sind. Ein Problem sieht der Bundestrainer trotz ihres Fehlens nicht.

Der eigene spielerische Ansatz werde sich nicht ändern, erklärte er. „Die anderen drei können auch alle gut Fußball spielen“, sagte Julian Nagelsmann. „Wir werden auf jeden Fall nicht anfangen, jedes Ding nach vorne zu knüppeln.“