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© Thorsten Metzner

Niedrigere Strompreise : Brandenburg will Energie-Subventionen für Großindustrie bis 2030

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) startet eine Drei-Gipfel-Woche, unter anderem zur Flüchtlingskrise und sozialen Lage. Auftakt war eine Industriekonferenz. Die Ergebnisse.

Brandenburg macht Druck, damit energieintensive Großindustrie wie Stahlwerke, Papier-, Chemie-, Glas- und Zementfabriken bis 2030 vom Staat subventionierten, verbilligten Industriestrom erhält, um auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben. Das ist die wichtigste Forderung eines „Industriegipfels“, zu dem Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Montag in die Staatskanzlei geladen hatte. Die Bundesregierung sei gefordert, „den Diskussionen endlich Entscheidungen folgen zu lassen“, sagte Woidke. Es gehe um Millionen Arbeitsplätze in Deutschland.

„Man darf den Mittelstand nicht hinten runterfallen lassen“, warnte allerdings Ina Hänsel, Präsidentin der Potsdamer Industrie- und Handelskammer, der größten IHK des Landes, vor einem Privileg für die Großen. Auch die kleinen und mittleren Unternehmen hätten mit Strompreisen zu kämpfen, die doppelt so hoch wie vor zwei Jahren und viermal so hoch wie in Frankreich seien. „Auch für die müssen Lösungen gefunden werden“, sagte Hänsel.

Zum Hintergrund: Mit dem Inflation Reduction Act von Präsident Joe Biden erhalten US-Firmen, die dort produzieren, Milliardensubvention. Auch China unterstützt mit seiner Industriestrategie seine Firmen bei Dumpingpreisen. Für auf Export angewiesene Firmen aus Deutschland wird es wegen der hohen Energiepreise hierzulande auf dem Weltmarkt schwieriger.

Für Industriestrom, der laut Woidke bis 2030 mit Blick auf den dann angepeilten Ausbaustand erneuerbarer Energien auf sechs bis acht Cent heruntersubventioniert werden sollte, gibt es mittlerweile eine breite Allianz. Neben Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben sich die Wirtschafts- und Energieminister der 16 Bundesländer dafür ausgesprochen. Doch bislang gibt es Widerstand von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Der Vorschlag der Länder sieht vor, die benötigten 33 Milliarden Euro aus dem aufgelegten 200-Milliarden-Rettungsschirm des Bundes zu finanzieren, sagte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD). Das biete sich an, da für die Gaspreisbremse Geld bereitstand, die Gaspreise aber inzwischen deutlich gefallen seien.

Man darf den Mittelstand nicht hinten runterfallen lassen.

Ina Hänsel, Präsidentin der Potsdamer Industrie- und Handelskammer

„Es muss kurzfristig ein zeitlich befristeter Industriestrom eingeführt werden, um die Übergangszeit bis zum Ausbau der Erneuerbaren Energien zu überbrücken“, heißt es in einer Erklärung zum Industriegipfel. „Der Industriestrompreis muss für energieintensive und im Hinblick auf die klimaneutrale Transformation strategisch wichtige Unternehmen gelten und sollte möglichst einfach und unbürokratisch umgesetzt werden.“ Gewerkschaften wie die IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) oder die IG Metall unterstützen die Forderung, allerdings mit Bedingungen. „Der Industriestrompreis sollte sozial konditioniert sein“, erklärte Nordost-Landesbezirkschef Oliver Heinrich. Davon profitieren sollten allein „tarifgebundene Unternehmen.“

Woidke ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass ein Industriestrompreis für die Großen nicht reicht. Ein gangbarer Weg, um niedrige Strompreise auch für die kleinen und mittleren Unternehmen und die privaten Haushalte zu erreichen, sei die überfällige Reform der Netzentgelte, sagte der Regierungschef. Die würden bisher für jedes Windrad vor Ort umgelegt, zwischen 500.000 Euro und einer Million, sodass Brandenburg mit dem hohen Ausbaustand erneuerbarer Energien die höchsten Strompreise in Deutschland hat.

Wenn in Brandenburg weitere 4000 Windräder errichtet würden, wären „das zwei bis drei Milliarden Euro, die hier im Land umgelegt werden“, warnte Woidke. „Wir werden am Ende erfolgreich sein. Aber es sind dicke Bretter.“ Letzte Woche hatte Bundeswirtschaftsminister Habeck sich bei seinem Besuch in Brandenburg ebenfalls für eine Reform der Netzentgelte ausgesprochen, um die führenden Energiewende-Länder nicht länger zu bestrafen.

Am Industriegipfel bei Woidke hatten Vertreter der Brandenburger Großindustrie teilgenommen, etwa von ArcelorMittal, Riva Stahl, der CEMEX AG in Rüdersdorf (Zement), der LEAG, der LEIPA Group (Papier), Orafol und der GMB Glasmanufaktur Brandenburg. Für Mittwoch hat Woidke zu einem Flüchtlingsgipfel geladen, am Donnerstag folgt ein Sozialgipfel.

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