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Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD).

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Mehr Handhabe gegen Rechtsextremismus: Brandenburg will Schulen stärken

Lehren aus den rechtsextremistischen Vorfällen in Burg: Durch ein neues Schulgesetz sollen Lehrer antisemitisches oder rassistisches Verhalten sofort dem Schulamt melden.

Mit einem neuen Schulgesetz will Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) auf rechtsextreme Vorfälle reagieren und Lehrern das Vorgehen gegen solche Taten erleichtern. Im Schulgesetz soll ein Verbot festgeschrieben werden, in der Schule, auf dem Schulgelände und bei schulischen Veranstaltungen außerhalb der Schule Kennzeichen und Propagandamittel verfassungsfeindlicher Organisationen mit sich zu führen, zu zeigen, weiterzugeben oder zu verteilen. „Bei Organisationen, die in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistisch benannt werden, wird die Verfassungsfeindlichkeit vermutet“, heißt es weiter in dem Gesetzentwurf, der am Mittwoch in den Landtag eingebracht und an den Fachausschuss zur weiteren Debatte überwiesen wurde.

Freiberg war zu laxes Vorgehen vorgeworfen worden

Zudem sollen den Nationalsozialismus verherrlichende, antisemitische und rassistische Handlungen künftig unverzügliche dem staatlichen Schulamt gemeldet werden. „Wir dulden kein extremistisches oder verfassungsfeindliches Verhalten an unseren Schulen“, betonte der Minister in der Landtagsdebatte. Nach dem Bekanntwerden rechtsextremistischer Vorfälle an einer Oberschule in Burg im Spreewald durch den Brandbrief zweier Lehrer und dem vom Tagesspiegel öffentlich gemachten Fall einer Referendarin, die für das rechtsextremistische Medienportal Compact als Moderatorin gearbeitet hatte und trotz Hinweisen des Verfassungsschutzes zunächst weiterbeschäftigt wurde, war Freiberg zu laxes und spätes Vorgehen vorgeworfen worden.

Die Zahl rechtsextremistischer Vorfälle an Schulen in Brandenburg hat sich im Schuljahr 2022/2023 deutlich erhöht. Wie das Bildungsministerium mitteilte, hatten die staatlichen Schulämter bis Anfang Juni 70 solcher Äußerungen oder Vorfälle gemeldet - während im gesamten Schuljahr 2021/22 30 gezählt wurden. Das Ministerium verwies allerdings auch darauf, dass das Schuljahr 2021/2022 noch unter dem Zeichen der Corona-Krise stand. „Jeder Fall ist einer zu viel“, sagte Freiberg am Mittwoch im Landtag.

Die geplante Änderung des Schulgesetzes sei nicht nur auf die Vorfälle in Burg zurückzuführen - die Lehrerin und ein Lehrer hatten nach Anfeindungen vor Ort die Schule verlassen - sondern auch auf Rückmeldungen von Pädagogen bei den Lehrersprechstunden, die er abhalte. Lehrer hätte sich mehr Handhabe und klarere Handlungsanweisungen zum Umgang mit Extremismus gewünscht, so der Minister.

Breiten Zuspruch für diesen Part des geplanten, neuen Schulgesetzes gab es nicht nur von der Abgeordneten der rot-schwarz-grünen Koalition, sondern auch von der oppositionellen Linksfraktion. „Das Verbot verfassungsfeindlicher Handlungen ist die richtige Konsequenz“, sagte die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Kathrin Dannenberg. Schulleitungen und Lehrkräfte bekämen damit die Möglichkeit, konsequent und unverzüglich geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die Fraktionschefin der Grünen, Petra Budke, sagte, sie finde es wichtig, „dass klare Konsequenzen aus den Vorfällen in Burg, den offenkundigen Versäumnissen im Umgang mit rechten Straftaten und der Zunahme an Meldungen von verfassungsfeindlichen Vorfällen an den Schulen gezogen werden.“ Das Schulgesetz werde in diesen Punkten deutlich geschärft.

Empörung bei der AfD

Der bildungspolitische Sprecher der oppositionellen AfD-Fraktion, Dennis Hohloch, hingegen zeigte sich empört. Er sprach von „Rechtsextremismusfantasien“ und warf Freiberg vor, einseitig auf Rechtsextremismus zu zielen und nicht gegen kommunistisch oder islamistisch motivierte Vorfälle vorgehen zu wollen. Dies richte sich auch gegen die AfD, die in Thüringen vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft werde, mutmaßte Hohloch. Die AfD Brandenburg wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachte. Ihre Jugendorganisation Junge Alternative gilt als gesichert rechtsextrem.

Dass er ausgerechnet als Geschichtslehrer nicht begreife, dass es in Deutschland ein ganz klares Bekenntnis gegen Nationalsozialismus geben muss, könne er nicht verstehen, sagte Minister Freiberg. Den Vorwurf Hohlochs, das Land fördere mit dem neuen Schulgesetz Denunziantentum, konterte der Abgeordnete von BVB/Freie Wähler, Matthias Stefke. Er erinnerte an das Portal „Neutrale Schulen Brandenburg“, das im Oktober 2018 von der AfD gestartet worden war. Schüler und Eltern sollten dort politische Äußerungen von Lehrkräften melden. Er sei damals noch nicht parlamentarisch aktiv gewesen, sagte Hohloch nur. Der Lehrer für Geschichte und Geografie sitzt seit 2019 im Brandenburger Landtag.

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