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Steffen Freiberg (SPD) ist Minister für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Rechtsextreme Lehrerin freigestellt: Freiberg verteidigt Vorgehen des Bildungsressorts – und bleibt nebulös

Erst nach Tagesspiegel-Recherchen stellt das Bildungsministerium eine rechtsextreme Lehrerin frei. Steffen Freiberg (SPD) verteidigt das Vorgehen seines Ministeriums, bleibt aber widersprüchlich.

Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) prüft weitere Konsequenzen aus der – nach dem Skandal von Burg – erneuten Panne im Umgang mit Rechtsextremismus an Schulen. Das erklärte Freiberg am Mittwoch im Landtag in Potsdam.

Er versicherte, dass „eine Null-Toleranz-Politik für Feinde der Demokratie“ im Schuldienst gelte. „Eine verfassungsfeindliche Gesinnung wird im Schuldienst nicht geduldet.“ Zugleich versuchte er, die Abläufe seines Ministeriums in dem Fall zu verteidigen.

Das Ministerium hatte W. an einer Schule in Neuenhagen (Märkisch-Oderland) als Referendarin unterrichten lassen – trotz eines offiziellen Hinweises des Verfassungsschutzes vom 17. Juli.

In dem Schreiben wies der Nachrichtendienst darauf hin, dass W. bis Ende Januar als Moderatorin beim rechtsextremen Portal „Compact TV“ tätig war und aktive Kontakte zu Rechtsextremen unterhält.

Freibergs Darstellung blieb aber widersprüchlich. Er räumte auf eine dringliche Anfrage der Linke-Fraktion ein, dass er über den Eingang des Verfassungsschutz-Schreibens in der Poststelle – er nannte den 27. Juli – informiert worden sei. Und darüber, dass „ein Prüfverfahren eingeleitet wurde“. Wann genau, konnte er nicht sagen. In einer Erklärung von Dienstagabend hieß es noch: „Dieses Prüfergebnis wurde der Hausleitung erst im Zuge der Anfrage des Tagesspiegels bekannt.“

Die Fachabteilung habe eingeschätzt, dass unmittelbar keine dienstrechtlichen Schritte nötig seien – W. also unterrichten dürfe. Die Prüfung des Falls durch die Fachebene sei auch in den Sommerferien erfolgt. Das Ministerium sei nicht untätig gewesen, es habe sogar noch mal beim Verfassungsschutz nachgefragt, sagte Freiberg.

Erst sieben Wochen später vom Dienst freigestellt

Doch erst sieben Wochen später und erst nach der ersten Tagesspiegel-Anfrage vom 14. September hatte sich die Hausspitze ins Bild setzen lassen – und am Freitag die Frau vom Dienst freigestellt. Die Prüfung dienstrechtlicher Konsequenzen wird laut Freiberg bis spätestens am 18. Dezember abgeschlossen sein. Er betonte mehrfach, dass es in ihrer dienstlichen Tätigkeit keinerlei Áuffälligkeiten gegeben habe.

Die angehende Lehrerin W. war als Moderatorin beim rechtsextremen Portal „Compact TV“ tätig war. (compact/Presseservice Rathenow / Montage TSP)

© compact/Presseservice Rathenow / Montage TSP

Fakt ist: Derlei ist in solchen Fällen gar nicht erheblich. Denn die Verfassungstreuepflicht erstreckt sich bei Beamten auf das gesamte Verhalten, also auch auf das Privatleben. Bei Beamten auf Probe, wie im Fall W., ist bei ernsthaften Zweifel daran eine Entlassung möglich.

Ich werde künftig sicherstellen, dass Verfahren, die aufgrund von Hinweisen des Verfassungsschutzes eingeleitet werden, unmittelbar der Hausspitze vorgelegt werden.

Steffen Freiberg (SPD), Brandenburgs Bildungsminister

Freiberg ist seit fast zwei Jahren für die Abläufe im Bildungsministerium verantwortlich. Er war seit Anfang 2022 Staatssekretär, bis er im Mai die zurückgetretene Ministerin Britta Ernst (SPD) beerbt. Auf die Linke-Frage, ob er alles richtig gemacht habe, erklärte Freiberg: „Ich werde künftig sicherstellen, dass Verfahren, die aufgrund von Hinweisen des Verfassungsschutzes eingeleitet werden, unmittelbar der Hausspitze vorgelegt werden.“

Tatsächlich ist das Schreiben der Verfassungsschutzbehörde vom 17. Juli 2023 an das Bildungsministerium, das dem Tagesspiegel vorliegt, überaus deutlich. Warum das dem Ministerium nicht ausreichte – völlig unklar. Im Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass Compact von Bundes- und Landesverfassungsschutz als erwiesene rechtsextreme Bestrebung beobachtet wird. An der Schule sei W. im Lehrkörper tätig. „Aus offenen und gerichtsverwertbaren Quellen“ sei bekannt, dass W. „bis zum 31. Januar 2023 Moderatorin unter dem Namen Anna Schneider bei Compact TV“ gewesen sei.

W. sei danach weiter im Compact-Umfeld aktiv gewesen, etwa am 4. Juli auf einer Filmpremiere mit bekannten Rechtsextremisten: „Aufgrund dieser Teilnahme ist davon auszugehen, dass Frau W. weiterhin aktiv Verbindungen zu Personen und dem Umfeld der Compact Magazin GmbH hält.“

Bereits bei den beiden Lehrern aus Burg, die von der Schulleitung ignorierte rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule publik gemacht hatten und sich nach Anfeindungen versetzen ließen, war das Bildungsministerium in die Kritik geraten. Grünen-Fraktionschefin Petra Budke forderte Freiberg auf, Umgang mit Rechtsextremismus an Schulen zur Chefsache zu machen.

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