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Björn Höcke , Andreas Kalbitz , Lars Hünich , Jörg Urban , AfD Wahlkampfabschluss zum Brandenburger Landtag , 30.8.2019 , Kirchplatz Königs Wusterhausen *** Björn Höcke , Andreas Kalbitz , Lars Hünich , Jörg Urban , AfD Election Campaign Conclusion to the Brandenburg Parliament , 30 8 2019 , Church Square Königs Wusterhausen

© imago images / Olaf Selchow

Update

Äußerung ruft Verfassungsschutz auf den Plan: Brandenburger AfD-Mann will „Parteienstaat“ abschaffen

Im Falle eines AfD-Wahlsieges, werde der „Parteienstaat“ aufgelöst, sinniert Landtagsmitglied Lars Hünich bei einer Veranstaltung. Bereits in der Vergangenheit fiel der Politiker mit radikalen Aussagen auf.

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Lars Hünich gibt sich gerne als ein Mann des Volkes. Ein Politiker sei er nicht. „Volksvertreter“ will der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete, der zwischenzeitlich sogar als Geschäftsführer der märkischen Alternative, die Geschicke der Partei leitete, lieber genannt werden. Das bekräftigt der in Dresden geborene Politiker immer wieder in Interviews.

Grundsätzlich ist Hünich auf ein volksnahes und moderates Bild bedacht, sein Markenzeichen sind seine farbenfrohen Pullunder. Er sucht regelmäßig den Kontakt zur Basis, tritt oft bei Protesten und Demonstrationen auf. Doch nun führen Äußerungen Hünichs zu einem Eklat.

Verfassungsschutzchef Jörg Müller.
Verfassungsschutzchef Jörg Müller.

© Andreas Klaer

„Wenn wir morgen in einer Regierungsverantwortung sind, dann müssen wir diesen Parteienstaat abschaffen“, hatte der AfD-Politiker bereits am 18. Januar bei einer Partei-Veranstaltung in Falkensee im Havelland gesagt. Die Äußerungen wurden nun durch das ZDF-Magazin „Länderspiegel“ öffentlich gemacht, das die Rede vor drei Tagen ausstrahlte.

Verfassungsschutzchef: „Verstoß gegen die Verfassung“

Prompt befasste sich der Brandenburger Landtag im Innenausschuss mit den Aussagen des AfD-Mannes. Verfassungsschutzchef Jörg Müller zeigte sich am Mittwoch nach Angaben der „Bild“ alarmiert: „Wir haben das ZDF-Video schon gesichert. Es ist eingeflossen in die Bewertung zur Einstufung der AfD. Weil wir es als Verstoß gegen die Verfassung bewertet haben, was Herr Hünich da gesagt hat: die Abschaffung des Parteienstaates“, zitierte die Zeitung den Leiter des Brandenburger Inlandsnachrichtendienstes.

Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) sagte zu den Aussagen des AfD-Abgeordneten: „Diese Äußerungen sind falsch und gefährlich. Es gibt in Deutschland keinen ‚Parteienstaat‘, wie behauptet wird, sondern eine pluralistische Demokratie mit freien, gleichen und geheimen Wahlen.“

Rechtsextremismus-Experte: Ziel der Aussage ist „Delegitimierung“ eines gegenwärtigen Zustands

Für den Leiter der Potsdamer Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus (EJGF), Gideon Botsch, sind die Aussagen Hünichs zum „Parteienstaat“ eine „typische Bezugnahme rechtspopulistischer Akteure auf eine Kritik an unserer demokratischen Realität“. Diese Kritik am „vermeintlichen Parteienstaat“ werde von allen rechten Akteuren bis hin zur NPD geteilt, sagte Botsch dem Tagesspiegel. Diese Form der „Demokratiekritik“ habe den Zweck „einen gegenwärtigen Zustand zu delegitimieren“. 

Erst zu Beginn des Jahres hatte Hünich sich in einem Video-Interview mit dem Querdenker „Björn Banane“ zu den aktuellen Bauern-Protesten geäußert. „Fahrt von mir aus mit euren Gülle-Transportern vor alle Landtage, wenn die Landtagssitzung haben“, riet der AfD-Politiker den Landwirten, um sogleich dem Aufruf den Satz „Ich habe nie was gesagt“ folgen zu lassen.

Mordaufruf auf Hünichs Telegram-Kanal

Auf seinem Telegram-Kanal ging Hünich bereits im vergangenen Juli den ehemaligen Ostbeauftragten der Bundesregierung und sächsischen CDU-Politiker Marco Wanderwitz hart an und unterstellte ihm, „ein völlig krankes Verständnis von Demokratie“. Unter dem Post befand sich bis heute der Kommentar eines Followers von Hünich, der zum Mord an Wanderwitz aufrief. „Erschieß das Arschloch“, war dort zu lesen.

Nach einer Tagesspiegel-Anfrage am Donnerstag beim Büro von Lars Hünich, war der Kommentar mit der Tötungsfantasie am Nachmittag plötzlich verschwunden. Die Frage, ob Hünich die seit Juli in seinem Kanal zu lesende Mordfantasie angezeigt habe, blieb zunächst unbeantwortet.

Die Aufregung um Hünichs umstrittene Aussage zur Abschaffung des „Parteienstaats“ kommentierte der AfD-Mann unterdessen auf dem Portal X. Die Äußerungen seien aus dem Kontext gerissen, aber er wolle „diesen Parteienstaat“ abschaffen. Der Begriff umschreibe nämlich, dass „Parteien sich die Institutionen, die Behörden, die Ministerien, die Zivilgesellschaft quasi unter sich aufteilen“. Auch die Landtagsfraktion der AfD stellte sich mit einer Pressemitteilung hinter ihren Parteikollegen.

An der Positionierung der Fraktion erkenne man, dass es sich bei Hünichs Aussagen keinesfalls um eine „Einzelmeinung“ handele. „Das ist Parteimeinung“, ist sich Politikwissenschaftler Gideon Botsch sicher. (mit dpa)

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