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Der Tagebau Welzow-Süd mit dem Kraftwerk Schwarze Pumpe.

© IMAGO/Andreas Franke/imago

Update

EU-Billigung für Kohleausstieg-Milliarden an RWE : Regierungschefs fordern Zusage auch für Lausitzer Revier

Die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen sehen die Bundesregierung in der Pflicht. Der Lausitzer Kraftwerksbetreiber Leag gliedert das Geschäft mit klimafreundlicher Energie aus.

| Update:

Die EU-Kommission billigte am Montag die deutsche Milliardenzahlung an den Energiekonzern RWE als staatliche Hilfe für den Kohleausstieg. Der Energieriese RWE soll dafür nach dem Willen der Bundesregierung mit 2,6 Milliarden Euro entschädigt werden. Offen bleibt allerdings, ob auch der Energiekonzern Leag im ostdeutschen Kohlerevier in der Lausitz seine Milliardenzahlung bekommen darf. Das stieß in Brandenburg und Sachsen auf Kritik.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte in Potsdam, er begrüße die Entscheidung für RWE. Aber es sei nun dringend notwendig, dass auch das Verfahren für die Leag zügig zu Ende geführt werde. „Da muss Klarheit in die Sache kommen. Die Leag braucht an der Stelle auch Sicherheit.“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte bereits am 20. November in einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen zügigen Abschluss des EU-Beihilfeverfahrens für die Lausitz angemahnt. „Wir müssen inzwischen davon ausgehen, dass die getroffenen Vereinbarungen zwischen Bund und Leag nicht eingehalten werden“, schrieb Woidke. Das Signal in die Reviere „zur Verlässlichkeit von Verträgen wäre katastrophal“.

Am Montag sagte Brandenburgs Regierungssprecher Florian Engels dieser Zeitung zur Position Woidkes: „Das Beihilfeverfahren muss zügig abgeschlossen werden.“

Man gewinnt den Eindruck, dass die Bundesregierung sich zu wenig für die Braunkohleunternehmen in Ostdeutschland, Leag und Mibrag, einsetzt.

Michael Kretschmer (CDU), Sachsens Ministerpräsident

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) reagierte enttäuscht auf die Entscheidung nur zum westdeutschen Revier. „Man gewinnt den Eindruck, dass die Bundesregierung sich zu wenig für die Braunkohleunternehmen in Ostdeutschland, Leag und Mibrag, einsetzt“, so Kretschmer. Er erwarte jetzt eine schnelle Lösung für die 1,75 Milliarden Euro, die der Bund versprochen habe. 

„Mit der Beihilfe wird RWE für die vorzeitige Stilllegung seiner Braunkohlekraftwerke im rheinischen Revier entschädigt“, teilte die EU-Kommission am Montag in Brüssel mit. Die Entschädigungszahlung hatte Deutschland bereits 2021 bei der Kommission angemeldet, insgesamt geht es um 4,35 Milliarden Euro für zwei Betreiber. 2,6 Milliarden Euro waren für die RWE-Braunkohleanlagen im Rheinland und 1,75 Milliarden Euro für die Leag-Anlagen in der Lausitz vorgesehen.

Betriebsrat kritisiert die EU

„Jetzt verlangen auch wir für unsere Kolleginnen und Kollegen die gleiche Sicherheit“, teilte der Leag-Betriebsrat am Dienstag mit. „Wir verlangen jetzt eine positive EU-Entscheidung über die per Gesetz und Vertrag garantierten 1,75 Milliarden Euro Entschädigung für Leag.“ Wenn es um wohlklingende Worte gehe, sei Brüssel immer eine gute Adresse. „Aber Worte machen niemanden satt: es zählen die Taten. Und diese Taten bleibt die EU nun schon bald drei lange Jahre schuldig“, so der Betriebsrat. Diese drei Jahre der Unsicherheit würden aber auch auf das Konto der Bundesregierung regieren.

Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, steht auf dem Aussichtsturm am Rand der Cottbuser Ostsee vor der Kulisse des Kraftwerkes Jänschwalde.
Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, steht auf dem Aussichtsturm am Rand der Cottbuser Ostsee vor der Kulisse des Kraftwerkes Jänschwalde.

© dpa/Soeren Stache

Der Leag-Vorstandsvorsitzende Thorsten Kramer betonte am Montag, für den Umbau seines Konzerns brauche es Planungssicherheit. „Die zeitnahe und positive Entscheidung im Beihilfeverfahren ist daher für die Leag von größter Bedeutung.“ In der Lausitz sei sein Unternehmen wichtiger Arbeitgeber und arbeite am Strukturwandel mit.

Der Brandenburger CDU-Europaabgeordnete Christian Ehler, industrie- und energiepolitischer Sprecher der EVP-Fraktion, nannte die „Verzögerung der Verfahren in Ostdeutschland nicht weiter hinnehmbar“. Sie werde zu einem wirtschaftlichen, aber auch „politischen Problem“. Brüssel müsse „aufpassen, nicht gefährlich an Glaubwürdigkeit zu verlieren“.

EU sieht Ausgleichszahlung als Beihilfe, die aber notwendig sei

Für RWE kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Ausgleichszahlung zugunsten von RWE zwar eine staatliche Beihilfe darstellt, sie aber notwendig ist, damit RWE seine Braunkohlekraftwerke auslaufen lassen könne. Der derzeitige Nettowert der entgangenen Gewinne sei höher als der Wert der Entschädigung.

Nach dem deutschen Kohleausstiegsgesetz wird ab 2038 kein Strom mehr aus Kohle erzeugt. Die Ampel-Parteien SPD, Grünen und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, den Kohleausstieg „idealerweise“ von 2038 auf 2030 vorzuziehen. Einen Ausstieg 2030 lehnen Woidke und die Leag für die Lausitz allerdings ab.

Leag gliedert in der Lausitz klimafreundliche Geschäfte aus

Die Aufsichtsräte der Leag beschlossen am Montag einen Umbau des Unternehmens in der Lausitz. Neben dem Bereich Braunkohle sollen unter dem Dach einer Holding drei weitere eigenständige Gesellschaften für die Geschäftsmodelle für klimafreundliche Energie entstehen. Das teilte der Energiekonzern mit.

Die Leag nannte drei Geschäftsmodelle: moderne, wasserstofffähige Gaskraftwerke und großtechnische Batteriespeicher, Fotovoltaik- und Windkraftanlagen sowie Biomasse-Aktivitäten. Die Leag will sich neu ausrichten und künftig zu einem führenden Produzenten von grünem Strom und grünem Wasserstoff werden.

Auf der Hochfläche in Klettwitz bei Schipkau (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) stehen viele Windenergieanlagen und mehrere Solarparks (Luftaufnahme mit einer Drohne).
Auf der Hochfläche in Klettwitz bei Schipkau (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) stehen viele Windenergieanlagen und mehrere Solarparks (Luftaufnahme mit einer Drohne).

© dpa/Patrick Pleul

Die Grünen im Brandenburger Landtag äußerten sich kritisch zum Unternehmensumbau. Die Fraktion stellte infrage, ob die vorgesehene Wiedernutzbarmachung der Tagebaue finanziell abgesichert bleibe. „Für uns sieht es so aus, als wolle die Leag eine Bad Bank für die Kohle schaffen“, sagte Fraktionschef Benjamin Raschke.

Ab spätestens 2030 werde die Kohle nicht mehr wirtschaftlich sein, so Raschke, weil es dann durch den Emissionshandel höhere CO₂-Preise geben werde. Durch die Aufspaltung des Unternehmens werde der Kohlesparte, die für die Wiederherstellung der Landschaft nach dem Tagebau zuständig sei, „der Weg in die Insolvenz bereitet“.

Er sehe eine „ernsthafte Gefahr, dass am Ende die öffentliche Hand für die Schäden durch die Braunkohleförderung aufkommen muss“, so der Grüne. Es sei „vollkommen unklar“, wo die 1,7 Milliarden Euro verbleiben werden, die die Leag für den Kohleausstieg bekommen solle.

Die Leag teilte dagegen mit, die neue Unternehmensstruktur unterstütze den zügigen Aufbau der grünen Geschäftsfelder und deren Finanzierungsfähigkeit. Zugleich lasse sich die Braunkohleförderung und -verstromung sozial und ökologisch verantwortlich auf den gesetzlich verankerten Ausstiegspfad bis Ende 2038 führen. „Dies schließt auch das Bekenntnis zu den langjährigen Verpflichtungen des Unternehmens zur Wiedernutzbarmachung der Tagebauflächen mit ein.“ (mit thm und dpa)

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