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Baumhäuser hängen in einem Camp der Initiative «Tesla stoppen» in einem Kiefernwald nahe der Tesla-Gigafactory Berlin-Brandenburg. An diesem Freitag um 24 Uhr läuft die Genehmigung für das Camp ab.

© dpa/Sebastian Gollnow

Update

Aufschub für Tesla-Baumbesetzer : Protestcamp in Grünheide darf Baumhäuser nicht mehr nutzen

Die Aktivisten können vorerst im Waldstück in der Nähe der deutschen Tesla-Fabrik bleiben. Wenn bis Montag die Baumhäuser nicht abgebaut sind, droht Räumung.

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Ein paar Tage Aufschub, aber der Countdown läuft: Das Tesla-Protestcamp mit 60 bis 80 Klimaaktivisten aus Deutschland im Wald nahe der Fabrik des US-Elektroautobauers in Grünheide kann fortgesetzt werden – bis Donnerstag nächster Woche und mit elf strikten Auflagen. Die wichtigste: Die Benutzung der Baumhäuser ist ab sofort untersagt. Diese Entscheidung der Versammlungsbehörde des Brandenburger Polizeipräsidiums teilte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Freitag vor Journalisten in Potsdam mit.

Der Initiative „Tesla stoppen“ wurde eine Frist gestellt, bis kommenden Montag die Baumhäuser abzubauen. Eine Ausweitung des Areals durch weitere Zelte wurde demnach ebenfalls verboten, auch jedwedes offenes Feuer – mit jeglichen Zündquellen – ist in dem Kiefernwald jetzt untersagt. Wenn gegen Auflagen verstoßen wird, droht die Räumung durch die Polizei.

„Wir werden das kontrollieren“, sagte Stübgen. Die Aktivisten hatten eine Verlängerung bis Mai beantragt. Das Areal gehört Brandenburg, es ist Landeswald.

An diesem Wochenende wird es damit definitiv keine Räumung des Protestcamps geben. Die bisherige Auflagen-Bescheidung des Protestcamps durch die Polizei, landläufig Duldung genannt, war an diesem Freitag, 15. März, um 24 Uhr abgelaufen.

In Deutschland herrsche Versammlungsfreiheit, eine Versammlung müsse nur angemeldet, nicht genehmigt werden, erläuterte Stübgen. „Wir sind nicht in Russland, wo der Staat entscheidet, wer demonstrieren darf!“ Bei einer langfristigen Versammlung in einem Wald seien Umwelt-, Brandschutz- und Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen. Von den Baumhäusern gehe eine erhebliche Eigengefährdungsgefahr aus, so Stübgen.

Die Initiative „Tesla stoppen“, die mit der Besetzung gegen jedwede Erweiterung der E-Autofabrik und die „dreckige E-Mobilität“ protestiert und die Räumung an diesem Wochenende erwartet hatte, will das Camp nahe dem Bahnhof Fangschleuse auf keinen Fall freiwillig beenden. „Zusammen die Räumungspläne durchkreuzen: Wir werden bleiben!“, heißt es auf ihrer Homepage. „Um die Besetzung zu verteidigen, brauchen wir viele Leute hier, egal ob am Boden oder in den Bäumen.“

Konflikt in der Kenia-Koalition

Der Umgang mit den Anti-Tesla-Protesten hatte in den letzten Tagen zu einem schweren Konflikt in Brandenburgs Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen geführt. Das zeigte auch Stübgens Auftritt. Er habe entschieden, die Polizeipräsenz im Umfeld der nahe gelegenen Tesla-Fabrik noch einmal deutlich zu verstärken, sagte Stübgen.

Viele träumen von einem Lützerath des Ostens.

Michael Stübgen (CDU), Brandenburgs Innenminister

Als Begründung führte er etwa an, dass sich wegen „unüberlegter öffentlicher Äußerungen aus der Politik“ bisher Uninteressierte und Gewaltbereite auf den Weg nach Grünheide machten. „Viele träumen von einem Lützerath des Ostens“, so Stübgen. Es sei eine Radikalisierung des Protests spürbar, inzwischen seien auch Bäume gefällt und drei Hochsitze zerstört worden.

Gemeint war Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), der sich öffentlich gegen eine weitere Duldung des Camps ausgesprochen hatte. Zugleich äußerte sich Stübgen verärgert, dass das Umweltministerium unter Minister Axel Vogel (Grüne) keine Probleme mit dem Waldbesetzer-Protestcamp sieht. In Wünsdorf, wo man gerade ein neues Katastrophenschutzlager einrichte, „muss dagegen jede Kröte hin und her getragen werden“, sagte Stübgen. „Das empört mich schon. Ich erwarte, dass von diesem Ministerium mit dem gleichen Maß gemessen wird.“

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Für die Waldbesetzung hatten die Aktivisten Ende Februar in mehreren Metern Höhe nach dem Vorbild von Besetzungen im Hambacher Forst ein Dutzend Baumhäuser errichtet, in professioneller Bauweise. Sie wollen nach eigenen Angaben damit verhindern, dass der Wald für das Tesla-Werk gerodet wird. Nachdem die Bevölkerung der Gemeinde die bisherigen Pläne des US-Konzerns bei einem Referendum mit klarer Mehrheit abgelehnt hat, präsentieren Bürgermeister Arne Christiani (parteilos) und der US-Elektroautobauer nun eine abgespeckte Version des Bebauungsplans 60 – fast ohne Waldrodungen.

Damit sollen doch noch ein Güterbahnhof für das Werk und zwei Landesstraßen im Umfeld gebaut werden, um die Verkehrsbelastungen in der Region zu reduzieren. Für die Pläne startet vom 21. März bis zum 3. April eine neue Beteiligung von Öffentlichkeit und Behörden. Erst danach kann das Gemeindeparlament darüber abstimmen. Tesla betonte, dass man mit dem Kompromissvorschlag explizit auf die Bedenken der Bevölkerung eingehe.

Erst am Mittwoch hatte Tesla-Chef Elon Musk das Werk besucht, dessen Produktion wegen eines linksextremistischen Brandanschlags eine Woche lang lahmgelegt war. Er hatte dort erklärt, dass er an den Wachstumsplänen für die Fabrik festhalte und eine Produktion des E-Lkw Semi sowie die eines neuen E-Kompaktwagens in Aussicht gestellt.

Was sich verändert hat: Im neuen Entwurf ist nicht mehr eine Industriefläche, sondern eine weitgehende Erhaltung des Waldes als „primäres Planungsziel“ vorgesehen. „Dafür werden rund 47 Hektar, die in der ursprünglichen Planung als Industriefläche vorgesehen waren, nun als Waldfläche festgesetzt“, heißt es. „Zuzüglich weiterer Waldflächen, die über eine Pflanzbindung gesichert werden, bleiben insgesamt nunmehr rund 70,3 Hektar Wald erhalten.“ Ursprünglich sollten vom 118 Hektar Areal rund 100 Hektar gerodet werden.

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