zum Hauptinhalt
Die Brandenburger Lehramtskandidatin bei ihrem früheren Job für „Compact TV“

© Compact

Wenn Lehrer politisch werden: Datenschutz muss Grenzen haben

Zum Fall einer mutmaßlich rechtsextremen Lehrerin in Brandenburg kommt alles auf den Tisch - anders im Fall des Lehrers, der das Aiwanger-Flugblatt verteilte. Passt das zusammen?

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Der staatliche Schuldienst ist ein empfindliches Thema, denn immer geht es um das Wohl von Kindern. Lehrer sollen sie bilden, aber nicht indoktrinieren. Verständlich, dass der Fall einer Lehramtskandidatin in Brandenburg, die für das rechtsextreme Medium „Compact TV“ moderierte, einen kleinen Schock auslöst. Besonders unangenehm für den erst kürzlich ins Amt gelangten Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD), der wohl schon im Sommer von einem Warnhinweis des Verfassungsschutzes erfuhr und die Sache trotzdem der Fachabteilung überließ - die dann nichts gegen die Frau unternahm.

Ein Versäumnis. Es ist aber auch zu erklären. Die Referendarin war wohl im Job nicht mit politischen Sprüchen aufgefallen. Da sie noch in der Ausbildung steht, erschien es schwierig, sie aus ihrem Beamtenstatus zu entfernen. Hier kommt das Grundrecht aus Artikel 12 ins Spiel, die Berufsfreiheit. Der Staat ist nicht genötigt, rechtsextreme Lehrerinnen anzustellen. Sie aber auf Verdacht aus dem Referendariat zu kippen, ginge in Richtung eines Berufsverbots. Da braucht es gute Gründe, gerichtsfeste Belege. Minister Freiberg sucht sie jetzt. Es ist noch nicht sicher, ob er sie findet.

Immerhin, wesentliche Fakten des Falls liegen mittlerweile auf dem Tisch. Man kann sich eine Meinung machen. Anders in einem anderen Schuldienst-Fall, einem aus Bayern. Hier geht es um einen pensionierten Lehrer, der ein neonazistisches Flugblatt an Medien verteilte, das man ein paar Jahrzehnte zuvor dem Schüler Hubert Aiwanger abgenommen hatte. Dessen Ex-Lehrer hätte es fast geschafft, diesen damit aus seinem Amt als bayerischer Wirtschaftsminister zu entfernen. Kein Extremismus, aber auch eine Art politischen Engagements - und ebenfalls ein möglicher Disziplinarfall.

Hier aber: Schweigen. „Persönlichkeits- und Datenschutz haben Vorrang“, erklärt das Kultusministerium auf Anfrage. Man darf nicht einmal wissen, ob es überhaupt eine Untersuchung gibt. Eine Null-Transparenz.

Natürlich sind beide Schul-Fälle in vielen Aspekten unterschiedlich. Aber beide sind politisch und verdienen Aufmerksamkeit. Beide gehören in die Öffentlichkeit, und in beiden haben die Akteure diese gesucht. Dass in einem Fall geredet und im anderen geschwiegen wird, legt den Verdacht nahe, dass mit zweierlei Maß gemessen wird.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false