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Sachsens Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Dulig (SPD)

© dpa

SPD-Ostbeauftragter Martin Dulig: „Die AfD wird nie den Ministerpräsidenten stellen“

Der sächsische Landesminister und SPD-Ostbeauftragte Martin Dulig wirft den Grünen vor, ein miserables Heizungsgesetz vorgelegt zu haben. Das schade der ganzen Bundesregierung.

Herr Dulig, was ist für Sie die Lehre aus dem Sieg der AfD bei der Landratswahl in Sonneberg und ihren hohen Umfragewerten?
Die Überraschung wundert mich, die typischen Reflexe wundern mich nicht. Sogleich gab es wieder eine Empörungs-Rhetorik, anstatt zu überlegen, was in den letzten Jahren ins Rutschen gekommen ist.

Was rutscht? 
Wir erleben eine total verunsicherte Bevölkerung, viele Menschen sind überfordert. Das Gefühl, von Krise zu Krise zu schliddern, verursacht Angst. Ein Gesetzentwurf wie der zum Heizungsgesetz hat ebenfalls Angst ausgelöst. Ich verstehe das. Das alles wirkt sich auf das politische Klima aus, wovon die AfD profitiert. Es gibt dabei zwei Wählergruppen bei der AfD …

Und zwar?  
Die einen wählen sie bewusst als eine rechtspopulistische bis rechtsextreme Partei, aus einer Überzeugung heraus. Vergessen wir nicht: Die Thüringer AfD mit Höcke ist eine klar rechtsextremistische Partei. Die anderen verstehen ihre Stimme für die AfD als Protest, auch mit populistischen Motiven „gegen die da oben“, manche auch als eine Art Hilferuf. 

Uns muss es darum gehen, die AfD zurechtzustutzen.

Martin Dulig (SPD), Wirtschaftsminister von Sachsen


Ist die AfD ist fester Teil der politischen Landschaft, keine temporäre Erscheinung? 
Machen wir uns nichts vor: Die AfD wird bleiben. Sie wird weder heute noch in fünf oder zehn Jahren von der Bildfläche verschwinden. Sie ist Teil der politischen Realität in Deutschland. Uns muss es darum gehen, die AfD zurechtzustutzen.


Pandemie, Krieg in Europa, Inflation, Transformation der Energieversorgung: Welchen Anteil haben diese externen Faktoren an der Verunsicherung? 
Einen massiven Anteil. Veränderungen machen Angst, das ist menschlich. Wir Politiker müssen vor allem: Ängste nehmen. Wir müssen Veränderungen so organisieren, dass die Menschen sie nachvollziehen können, anstatt sie zu überfordern. Es geht also um vernünftige Politik statt um Stimmungsmache. Ein Ex-Pressesprecher der AfD sagte einmal: Geht es Deutschland schlecht, geht es uns als AfD gut. Wir dagegen wollen, dass es Deutschland gut geht. Dafür sollten wir das Machbare machen, statt die Leute mit dem nächsten Gesetz, dem übernächsten Gesetz, einer neuen Richtlinie etc. noch weiter zu verunsichern. 
 
Ihre Partei regiert im Land, stellt im Bund den Kanzler. Was muss denn die SPD machen? 
Wenn die Bundesregierung gut handelt, erfährt sie Zustimmung. Die SPD folgt dabei dem Prinzip: machen, aber machbar und gerecht. Das Heizungsgesetz hat das nicht eingelöst. Unser Koalitionspartner beschwerte sich anfangs, das Gesetz sei durchgestochen worden. Wichtiger ist aber, dass das Gesetz nicht gut geworden ist. Es blieb ohne Botschaft, ohne Antworten auf die drängenden Fragen. Zuvor, etwa in puncto Energiekrise, hat die Ampel gut gehandelt. Damals lag die AfD trotz der großen Krise nur bei 15 Prozent. Unter anderem wegen des Heizungsgesetzes, aber auch wegen der üblen, populistischen Kampagne der CDU steht sie nun bei 18 Prozent. Es gilt auch: Wenn die Ampel streitet, freut sich die AfD.

Olaf Scholz trat 2021 mit dem Schlagwort „Respekt“ an. Löst die Bundesregierung diese Erwartungen ein?Wenn Bürger keinen Respekt fühlen, wenden sie sich ab. Deswegen war die SPD mit dem Respekt-Wahlkampf erfolgreich: Der schlechte Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes hat das aber nicht eingelöst. Es hat die Menschen verunsichert. Die handwerklichen und politischen Fehler dieses Gesetzes schaden leider der gesamten Bundesregierung. 

Wie bewerten Sie die Migrationspolitik der Ampel?
Endlich haben wir ein Zuwanderungsgesetz, das diesen Namen verdient. Die Ampel räumt auf mit der Lebenslüge, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Jetzt aber beginnt die Arbeit erst. Niemand kommt wegen eines Gesetzes zu uns. Wir müssen attraktiver werden. Wie wir mit Geflüchteten umgehen etwa, entscheidet mit darüber, wie viele Fachkräfte wirklich nach Sachsen kommen wollen. Wer als Landrat Hass gegen Migranten schürt, sollte mit ausländischen Fachkräften nicht rechnen. 

Im nächsten Jahr wählt Sachsen seinen Landtag neu. Was würde es bedeuten, wenn die AfD stärkste Partei wird? 
2024 wird ein besonderes Super-Wahljahr. Ich bin mir sicher: Die AfD wird nie den Ministerpräsidenten stellen, niemand wird mit ihr koalieren. Und dennoch warne ich die CDU, nicht dem Populismus anheimzufallen. Mit Populismus wird die AfD nicht kleiner. Die Leute wählen das Original. Wie wäre es stattdessen mit guter Politik?

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