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Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), auf dem Deutschen Arbeitgebertag 2023.

© dpa/Soeren Stache/Archiv

Sozialverbände kritisieren „unsägliche“ Pläne: Arbeitgeberpräsident begrüßt Vorschläge der CDU zum Bürgergeld

Die Reformpläne der CDU für staatliche Arbeitslosenzahlungen stoßen beim Arbeitgeberpräsidenten auf Zuspruch. Kritik kommt allerdings von Sozialverbänden – und teils aus dem CDU-Sozialflügel. 

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat die Pläne der CDU für eine Reform und Verschärfung des Bürgergelds begrüßt. „Wir brauchen eine Grundsanierung des Bürgergeld-Systems“, sagte Dulger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Die CDU hatte am Montag ihre Vorstellungen für einen radikalen Umbau des Bürgergelds zu einer „Neuen Grundsicherung“ mit verbindlicheren Anforderungen und Sanktionen vorgestellt. Scharfe Kritik an den Plänen kam unter anderem von Sozialverbänden, aber auch der Sozialflügel der CDU monierte Teile des Konzepts.

„Wir müssen den Sozialstaat vom Kopf auf die Füße stellen“, bekräftigte Arbeitgeberpräsident Dulger. Nötig sei ein treffsicherer Sozialstaat, der sich auf die Bedürftigen konzentriere und wehrhaft gegen Missbrauch sei. „Daher begrüße ich die Vorschläge der CDU zum Bürgergeld.“

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Dulger sagte: „Wir haben fast vier Millionen Menschen im Bürgergeldsystem, die arbeiten können - das ist zu hoch.“ Damit Arbeitskräfte in den Betrieben ankommen, müsse der Fokus viel stärker auf der Aktivierung und Vermittlung in Arbeit liegen. Dulger forderte Mitwirkungspflichten, „die auch praktisch eingefordert werden müssen“.

„So schürt man nur Unfrieden in unserer Gesellschaft“

Zwei große deutsche Sozialverbände haben den CDU-Vorschlag allerdings scharf kritisiert. VdK-Präsidentin Verena Bentele warnte vor einer möglichen Umsetzung und bezeichnete Teile der Pläne als verfassungswidrig.

„Ich habe den Eindruck, dass hier sehr frühzeitig der Wahlkampf mit populistischen Angriffen gegen das Bürgergeld eingeläutet wird“, sagte Bentele den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Massive Kritik kam auch vom Sozialverband Deutschland. „Es ist unsäglich, dass mit dieser Debatte wieder Vorurteile gegen Menschen im Grundsicherungsbezug geschürt werden“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Bedürftigen Familien das ihnen verfassungsrechtlich zustehende Existenzminimum zu verweigern, ist der falsche Weg.

Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD)

Statt für bessere Löhne zu kämpfen und dafür zu sorgen, dass sich Arbeit wirklich lohne, spiele die CDU die Ärmsten der Gesellschaft gegeneinander aus. „So schürt man nur Unfrieden in unserer Gesellschaft und leistet den Feinden der Demokratie Vorschub.“

Engelmeier argumentierte, wer Menschen in Arbeit bringen wolle, brauche vor allem mehr Mittel für die Aktivierungs- und Vermittlungsangebote der Jobcenter, sagte Engelmeier. „Bedürftigen Familien das ihnen verfassungsrechtlich zustehende Existenzminimum zu verweigern, ist der falsche Weg.“

Auch SPD, Grüne, Linkspartei, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Arbeiterwohlfahrt hatten sich ablehnend geäußert. Sie warfen der CDU teils einen Angriff auf den Sozialstaat vor. CSU-Chef Markus Söder erklärte hingegen, die Schwesterpartei stehe voll hinter den CDU-Plänen.

Auch Kritik aus dem CDU-Sozialflügel

Kritik an Teilen der CDU-Pläne kommt allerdings auch aus dem eigenen Sozialflügel. Der Vizevorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, sagte dem Südwestrundfunk (SWR), eine vollständige und dauerhafte Streichung der Grundsicherung sei mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar.

„Wir dürfen in einem Land wie Deutschland niemanden verhungern oder obdachlos werden lassen“, so Bäumler. Der CDA-Landeschef in Baden-Württemberg widersprach damit auch CDA-Bundeschef Karl-Josef Laumann, der das Konzept als „sehr ausgewogenen Vorschlag“ bezeichnet hatte.

Arbeitsmarktforscher plädiert für „Mittelweg“

Der Arbeitsmarktforscher Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg sieht an einigen Punkten des Bürgergeld-Systems Korrekturbedarf, plädiert aber für einen „Mittelweg“.

„Die Ampel-Koalition hatte die Sanktionsregeln deutlich gelockert, die CDU will sie nun zu stark verschärfen“, sagte er der „Welt“. „Besser wäre ein Mittelweg, zum Beispiel bei einer Verweigerung der Arbeitsaufnahme schneller und länger die Leistungen zu kürzen, anstatt sie gleich ganz einzustellen.“

Die CDU will Sanktionen schneller, einfacher und unbürokratischer durchsetzen. Lehnt ein arbeitsfähiger Grundsicherungsempfänger ohne sachlichen Grund eine „ihm zumutbare Arbeit ab („Totalverweigerer“), soll zukünftig davon ausgegangen werden, dass er nicht bedürftig ist“, heißt es im Parteibeschluss.

„Der Name „Bürgergeld“ führe in die Irre und ist Ausdruck des politischen Konzepts eines bedingungslosen Grundeinkommens“, argumentiert die CDU-Spitze.

Das Bürgergeld hatte nach einer Reform der Ampel-Koalition Anfang 2023 die vorherige Grundsicherung Hartz IV (Arbeitslosengeld II) abgelöst.

Es soll Menschen den Lebensunterhalt sichern, die arbeiten können, deren Einkommen aber nicht zum Leben reicht. Betroffenen soll mit Beratung, Aus- und Weiterbildung geholfen werden, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. (dpa, AFP)

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