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Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und Dietmar Woidke, Ministerpräsident von Brandenburg (beide SPD), warnen die Ampel.

© Imago/Eibner/Uwe Koch

Update

Wer hat die AfD stark gemacht?: SPD-Ministerpräsidenten geben auch der Ampel-Koalition die Schuld

Die Landeschefs aus Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Brandenburg sehen im Umgang mit dem Heizungsgesetz einen Grund für den Erfolg der AfD. Aus ihrer Sicht sei das Thema Klimaschutz beschädigt worden.

Die SPD-Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Niedersachsen, Manuela Schwesig, Dietmar Woidke und Stephan Weil, haben angesichts der Querelen um das Heizungsgesetz Unmut über die Ampel-Koalition geäußert.

Es sei „sehr unglücklich, dass das ganze Thema Klimaschutz damit beschädigt worden ist“, sagte Schwesig der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ). Die AfD nutze „Frustration und Verunsicherung als großes Mobilisierungsthema“, sagte Schwesig.

Ihr brandenburgischer Kollege Woidke sagte, die Politik müsse beim Klimaschutz „die Menschen mitnehmen“. Der niedersächsische Regierungschef Weil forderte gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ), die Regierung müsse nun „geschlossen“ auftreten.

Es ist ein Gebot der Vernunft, daraus zu lernen und in Zukunft gern intern streitig zu diskutieren, aber nach außen geschlossen aufzutreten.

Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen

Sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch in Brandenburg ist die AfD Umfragen zufolge derzeit vor der SPD die beliebteste Partei. Viele Bürger hätten große Sorgen, was infolge des Heizungsgesetzes auf sie zukomme, sagte Schwesig der SZ.

Es bestehe die Gefahr, dass die Rechtspopulisten das Thema auch bei kommenden Wahlen zur Mobilisierung nutzten. Sie könne sich nicht erinnern, „dass es ein Gesetz gab, wo man so viel Arbeit aufwenden musste, um es überhaupt zu erklären“, sagte Schwesig. Die Bundesregierung müsse die vom Bundesverfassungsgericht nun erzwungene Verschiebung der Abstimmung über das Gesetz nun nutzen, um „zu erklären, was konkret beschlossen wird“.

Woidke sagte, es müsse beim Klimaschutz frühzeitig klar sein, was geplant sei und dass damit keiner finanziell überfordert werde. Dies müsse „die Richtschnur für alle weiteren Vorhaben sein“.

Weil fordert genügend Zeit für öffentliche Diskussion

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat angesichts des AfD-Höhenflugs eine bessere Regierungsarbeit angemahnt. „Dazu gehört extreme Sorgfalt auf eine verständliche Begründung von Maßnahmen aufzuwenden, genügend Zeit für eine öffentliche Diskussion zu geben und auf berechtigte Kritik zu reagieren“, sagte der SPD-Politiker dem „Tagesspiegel“. Dies sei am Beginn der Diskussion über das Heizungsgesetz unterblieben und belaste die Debatte bis heute.

Zwar sei es zu einfach, den Zuspruch für die AfD allein auf das umstrittene Gesetz zurückzuführen. Das Vorgehen der Ampel-Koalition habe aber die grundlegende Sorge vieler Menschen bestärkt, auf die Fülle der anstehenden Veränderungen keinen Einfluss nehmen zu können. „Klimaschutz mit der Brechstange dient dafür als besonders geeignetes Beispiel.“ Die Politik müsse sich dessen bewusst sein und die richtigen Schlussfolgerungen ziehen. „Der Zuspruch für die AfD kommt nicht von ungefähr, aber er lässt sich durch gute Politik auch wieder deutlich zurückdrängen.“

„Selbstkritik reicht nicht“

„Demokratie lebt von Diskussion und dem Ringen um den besten Weg“, sagte die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey dieser Zeitung. „Offener Streit in einer Koalition hingegen schadet jedem Anliegen.“ Wenn notwendige Veränderungen wie beim Klimaschutz anstehen, sei es wichtig, diese zu erklären, Unterstützungsangebote von staatlicher Seite aufzuzeigen und auch die Vorteile dieser Veränderungen klarzumachen. „Anders werden wir die Menschen nicht gewinnen.“

Der baden-württembergische SPD-Landeschef Andreas Stock verlangt mehr Selbstkritik. „Es reicht nicht aus, bei der Suche nach Schuldigen für den AfD-Höhenflug immer nur mit dem Finger auf die Anderen zu zeigen“, sagte das Mitglied des Bundesvorstands dem Tagesspiegel: „Wenn die Menschen merken, dass wir wieder Probleme lösen, statt neue zu schaffen, werden sie auch wieder Vertrauen in die demokratischen Parteien fassen.“ Deshalb müssten sich Sozialdemokraten, Grüne wie Liberale fragen, „ob der Koalitionskrach wirklich zum Dauerzustand der Ampel werden soll“. 

Ähnlich äußerte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete und frühere Schleswig-Holsteinische Landesminister Ralf Stegner. „Die schlechte Außendarstellung der Ampel ist ein Teil der Ursache für den Höhenflug der AfD“, sagte er dem Tagesspiegel: „Wir dürfen in der SPD auch nicht so tun, als ob Umfragewerte zur Mitte der Legislaturperiode völlig bedeutungslos seien und sich am Ende alles in Wohlgefallen auflösen wird.“ Er forderte, den Streit in der Berliner Koalition „auf ein normales Maß“ zu begrenzen und mit den Bürgern geradliniger zu kommunizieren. „Gerade bei den Angstthemen müssen wir praxistaugliche und gerechte Lösungen in klarer Sprache vermitteln.“

Die Vizepräsidentin des Bundestages, Aydan Özoguz (SPD), mahnte, die Debatte über die Ursachen für den Erfolg der Ultrarechten besonnen zu führen. „Alle demokratischen Parteien sollten schonungslos die Fehler analysieren und abstellen, die die AfD wieder stark machen“, sagte sie dem Tagesspiegel: „Ich halte aber wenig davon, dies mit gegenseitigen öffentlichen Anschuldigungen und einer spalterischen Rhetorik zu tun – denn genau das wollen die Rechtsextremisten doch.“ Man dürfe es „der AfD nicht zu leicht machen“. (mit AFP)

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