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Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst dringt auf eine bundesweite und möglichst auch europaweite Angleichung von Asylbewerberleistungen.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

„Rauskommen aus dem Gefeilsche“: Wüst pocht auf höhere Kopfpauschale vom Bund für Flüchtlinge

Der NRW-Ministerpräsident erwartet vom Migrationsgipfel mit dem Kanzler am Montag konkrete Vereinbarungen. Auch Kollegin Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern fordert ein „dynamisches System“.

Am Montag soll es bei einer Bund-Länder-Runde schwerpunktmäßig um den zukünftigen Kurs in der Migrationspolitik gehen. Vor dem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dringt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst auf eine bundesweite und möglichst auch europaweite Angleichung von Asylbewerberleistungen. Der CDU-Politiker forderte zudem einen Durchbruch zur Eindämmung irregulärer Einwanderung. „Wir müssen das über den Winter hinbekommen“, mahnte er.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, warnte vor der Ministerpräsidentenkonferenz vor falschen Weichenstellungen.

Wüst sagte weiter, wenn sich in anderen Ländern bereits abgelehnte Asylbewerber auf den Weg nach Deutschland machten, habe das auch mit dem Leistungsniveau zu tun, sagte er der „Welt am Sonntag“ („WamS“). Die unterschiedliche Kaufkraft sei bei einer Angleichung natürlich zu berücksichtigen.

Wenn mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen, muss die Unterstützung des Bundes steigen. Wenn weniger Flüchtlinge kommen, kann sie entsprechend zurückgehen.

 Manuela Schwesig, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin 

Nötig sei eine dauerhafte und verlässliche Finanzierungsvereinbarung, die den realen Kosten gerecht werde. „Das, was bisher vom Bund angeboten wird, ist – höflich ausgedrückt – völlig inakzeptabel“, kritisierte Wüst. „Das Wichtigste ist, dass wir rauskommen aus diesem Gefeilsche.“

Klar sei: „Kommen mehr Menschen zu uns, dann muss auch mehr Geld fließen. Wir brauchen endlich das vom Bundeskanzler zugesagte atmende System.“ Die Länder-Forderung nach einem Pauschalbetrag von 10.000 Euro pro Flüchtling gelte noch.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig fordert von der Bundesregierung eine höhere Pro-Kopf-Pauschale für Flüchtlinge. Sie sprach ebenfalls von 10.500 Euro pro Kopf im Jahr.

„Dadurch erreichen wir ein dynamisches System. Wenn mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen, muss die Unterstützung des Bundes steigen. Wenn weniger Flüchtlinge kommen, kann sie entsprechend zurückgehen“, sagte die SPD-Politikerin der „Rheinischen Post“.

Im Oktober hatte die Ministerpräsidentenkonferenz verlangt, dass sich der Bund an den Kosten mit mindestens 10.500 Euro pro Person und Jahr beteiligt und eine Anpassung an die inflationsbedingten Preissteigerungen zusagt. Wüst sagte, das gelte immer noch.

Der entscheidende Punkt, um den Menschen gerecht zu werden, die Schutz brauchen, sei aber mit Geld allein nicht zu lösen, „sondern nur damit, dass wir in der Lage sind, irreguläre Migration zu stoppen“, unterstrich Wüst die Position der Unionsparteien in den Gesprächen zwischen Bund und Ländern sowie Regierung und Opposition über den künftigen Kurs in der Migrations- und Flüchtlingspolitik.

Dringend nötig seien darüber hinaus mehr Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern. „Wir sollten uns nicht hinter Europa verstecken“, betonte Wüst. „Das ist auch eine nationale Aufgabe.“ Das Thema sei „zu lange in der Bundesregierung nicht Chefsache gewesen“, bemängelte er.

48,2
Milliarden Euro betragen die Gesamtausgaben im Zusammenhang mit Flucht und Migration in 2023 einem Bericht zufolge.

Wüst erneuerte seinen Vorschlag, Abkommen mit Ländern zu schließen, die entlang der Fluchtrouten rechtssichere Verfahren durchführen könnten, bevor Menschen auf gefährlichen Wegen ihr Leben riskierten. „Das Sterben im Mittelmeer muss beendet werden.“

Wüst warb zudem dafür, eine bundesweite einheitliche Bezahlkarte für Asylbewerber einzuführen, um Geldzahlungen zu reduzieren. „Es sollte keine unterschiedlichen Regelungen in den Ländern geben. Deswegen wäre es gut, wenn der Bund das regelt“, sagte er. 

Die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) warnt vor täglich neuen aufgeladenen Debatten.
Die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) warnt vor täglich neuen aufgeladenen Debatten.

© Imago/Metodi Popow

Nach Berechnungen der „Wams“ belaufen sich die geplanten Gesamtausgaben im Zusammenhang mit Flucht und Migration in diesem Jahr auf 48,2 Milliarden Euro. Diese Zahl basiere auf Angaben der Finanzministerien des Bundes und der Länder. Davon trage der Bund 28,6 Milliarden Euro, Länder und Kommunen zusammen 19,6 Milliarden Euro. Dazu werden auch die Ausgaben des Bundes in Höhe von 10,7 Milliarden Euro zur Bekämpfung von Fluchtursachen addiert.

Die Integrationsbeauftragte Alabali-Radovan forderte vor dem Gipfel am Montag: Wir brauchen verlässliche Strukturen für die Flüchtlingsaufnahme und Integrationsmaßnahmen, die nicht immer hektisch hoch- und runtergefahren werden. Was uns jetzt nicht hilft, sind täglich neue aufgeladene Debatten über Scheinlösungen, Obergrenzen für Geflüchtete und Integrationsgrenzen“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Diskussionen um die richtigen Lösungen in der Migrationspolitik seien gerade sehr aufgeheizt, beklagte Alabali-Radovan. „Es schadet dem Zusammenhalt, wenn täglich die Migrationsfrage als Ursache für sämtliche Probleme in unserem Land, vom Gesundheitswesen bis zur Bildungspolitik, herangezogen wird.“

Alabali-Radovan betonte: „Ich wünsche mir, dass wir nach der MPK endlich wieder darüber reden können, was wir für eine gelungene Integration brauchen.“ (lem)

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