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Sie zieht das Interesse nach wie vor auf sich: Sahra Wagenknecht in der Bundespressekonferenz, umringt von Medienschaffenden.

© imago/Jens Schicke/imago/Jens Schicke

Köpfe, Themen, Strategie: So will Wagenknechts BSW zur Volkspartei werden

Die Partei von Ex-Linken-Ikone Sahra Wagenknecht ist gegründet. Die Europawahl soll der Auftakt zu einer langen Erfolgsgeschichte der neuen politischen Kraft bilden.

Mit großer Geste knüpft Sahra Wagenknecht an am Alltagsempfinden des Wahlpublikums. Und geht von dort weiter zu Positionen, die in der demokratischen Mitte nicht mehr konsensfähig sind. Am Montag hat Wagenknecht samt Team ihre neue Partei, das „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) offiziell gegründet und in der Bundespressekonferenz vorgestellt. Dabei wurde einmal mehr klar: Der Bundesrepublik könnte eine veritable Verschiebung der politischen Landschaft bevorstehen, zunächst bei der Europawahl, dann bei den drei Landtagswahlen im Osten.

Wagenknecht hat viele Botschaften dabei, die ihr Publikum gern hören wird. Die Schulen? Kaputtgespart. Das Sozialsystem? Ineffizient, oft ungerecht, zu viel Gießkanne. Die Migrationspolitik? Unehrlich. Die Ampel? Unfähig und zu weit weg von den Nöten der echten Menschen.

Und dann geht es weiter, zu dem, was weniger konsensfähig ist. In der Ukraine, so vertritt es Wagenknecht, gehe es zentral darum, ob das Land „Aufmarschgebiet amerikanischer Militärbasen, amerikanischer Raketen“ werde. Es sei „leeres Geschwätz“ gewesen, zu suggerieren, die Ukraine brauche Waffen, um in eine bessere Verhandlungsposition zu kommen.

Wagenknecht kündigt an, das Thema Corona mit „prominenten Persönlichkeiten“ besetzen zu wollen. Menschen, die sich nicht hätten impfen lassen wollen, hätten „Drangsalierungen“ erlebt, Pflegekräfte seien „aus dem Berufsleben ausgegrenzt worden“. Der eine oder andere Verantwortliche habe sich noch zu entschuldigen. Die Art und Weise von Israels Kriegsführung in Gaza sei „in keiner Weise“ vom Selbstverteidigungsrecht gedeckt.

De Masi wird Spitzenkandidat für Europawahl

Mit Thesen wie diesen ist Wagenknecht gekommen, um zu bleiben. „Wir streben an, mittelfristig eine Volkspartei zu sein“, sagt Fabio De Masi. Wie erwartet wird er, der frühere Linken-Bundestagsabgeordnete, einer der beiden Spitzenkandidaten für die Europawahl. Thomas Geisel, früher für die SPD Oberbürgermeister in Düsseldorf, soll der zweite sein, formal gewählt werden die beiden auf dem Gründungsparteitag Ende Januar in Berlin.

Und auch das restliche Personaltableau wird deutlicher: Wagenknecht und ihre enge Vertraute Amira Mohamed Ali wurden am Montag zu Parteivorsitzenden gewählt. Christian Leye, wie die beiden ebenfalls Mitglied des Bundestags, ist Generalsekretär. Der frühere Manager und jetzige Universitätsprofessor Shervin Haghsheno hat sich als Polit-Quereinsteiger zum stellvertretenden Parteivorsitzenden wählen lassen.

Die Gründung ist geschafft, nun will die Parteispitze unbedingt vermeiden, von Querulanten überrannt zu werden. Das Wort Aufnahmesperre hört Wagenknecht ungern. „Wir freuen uns, dass es so viel Interesse gibt“, sagt sie. Aber einfach so beitreten können die Leute nicht. Es gibt 44 Gründungsmitglieder, am Montag und Dienstag sollen insgesamt 450 Mitglieder aufgenommen werden. Dann sei man überall in der Republik präsent.

Alle anderen, die beitreten wollen, will das BSW erst einmal bei der gemeinsamen Arbeit vor Ort kennenlernen. Direkte Übertritte aktiver AfD-Mitglieder werde es nicht geben, sagt Wagenknecht.

Zum Programm wird sie nicht viel konkreter als bisher. Es orientiere sich zunächst am Gründungsaufruf des bisherigen Vereins. Ein ausführliches Programm wolle man, mit Beteiligung der Bevölkerung, erst noch erarbeiten.

Dass das BSW bei allen Landtagswahlen im Osten antreten wird, verkündet Wagenknecht noch nicht definitiv – ruft es aber sehr deutlich als Ziel aus. Sie selbst kandidiert nicht. Etwas anderes aber kündigt sie an: Nach der Bundestagswahl werde die Partei umbenannt.

Stehen der neuen Partei vor: Amira Mohamed Ali (links) und Sahra Wagenknecht am Montag in Berlin.

© imago/photothek/IMAGO/Kira Hofmann

„Wagenknecht“ soll dann nicht mehr im Namen vorkommen. Für die ersten Wahlen werde ihr Name jedoch gebraucht. Man stehe auf den Wahlzetteln ganz unten, es gehe auch darum, dass das Publikum die Partei überhaupt finden könne. Es geht also ganz unten los für die Partei – und eine der großen Fragen des politischen Jahres ist, wie weit der Weg nach oben führt.

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