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Bundeswirtschaftsminister Habeck und sein Staatssekretär Graichen bei der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Wirtschaft und Klimaschutz und Energie des Bundestages.

© dpa/Kay Nietfeld

Habecks umstrittener Staatssekretär: Graichen räumt auf Twitter und im Bundestag Fehler in Trauzeugen-Affäre ein

Die Personalpolitik im Wirtschaftsministerium ruft heftige Kritik hervor. Vor Abgeordneten des Bundestags gesteht Staatssekretär Graichen Fehler. Sein Chef Habeck hält dennoch an ihm fest.

Nach Tagen erhitzter Debatte um die Personalpolitik seines Hauses haben sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und sein Staatssekretär Patrick Graichen den Fragen von Abgeordneten gestellt.

Beide sprachen vor den Mitgliedern der Ausschüsse für Wirtschaft sowie Klimaschutz und Energie abermals von Fehlern in der sogenannten Trauzeugen-Affäre, infolge derer der Ressortchef jedoch an seinem Staatssekretär festhalten will. Die Befragung fand hinter verschlossenen Türen statt, eine öffentliche Befragung bekam keine Mehrheit.

Hintergrund ist die Auswahl eines neuen Geschäftsführers für die bundeseigene Deutsche Energie-Agentur (Dena), an der Graichen beteiligt war. Die Wahl fiel am Ende auf seinen Trauzeugen Michael Schäfer. Das Verfahren zur Personalauswahl soll nun neu aufgerollt werden.

Bislang wurde aus dem Ministerium lediglich von Fehlern, Bedauern und Neuanfängen gesprochen, jedoch wenig über die Gespräche in der Kommission. Das änderte sich nun, wenn auch in überschaubarem Ausmaß.

Da die Ausschusssitzung nicht öffentlich stattfand, veröffentlichte Graichen sein Statement unmittelbar danach auf Twitter: „Ich habe bei dem Besetzungsverfahren der dena-Geschäftsführung einen Fehler gemacht, den ich sehr bedaure und bereue“, schrieb er.

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Seinem Freund Schäfer habe er nach dessen Bewerbung „sehr deutlich“ erklärt, „dass unsere Freundschaft in diesem Verfahren kein ausschlaggebender Grund für das Ergebnis sein darf – weder in die eine noch in die andere Richtung“, schreibt Graichen in der Tweetfolge.

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Darüber hinaus räumte Graichen in der Sitzung ein, bereits neun der elf Dena-KandidatInnen „aus vorheriger beruflicher Erfahrung gekannt“ zu haben. In dem entsprechenden Tweet begründet er dies damit, dass er „seit über 20 Jahren in der Klima- und Energieszene unterwegs“ sei.

Allerdings habe er „in dem gesamten Verfahren weder Michael Schäfer noch anderen Bewerberinnen oder Bewerbern irgendwelche Hinweise gegeben oder Vorteile verschafft“, beteuert Graichen.

Wie die Onlineseite der „Bild“-Zeitung aus der Sitzung berichtet, habe Graichen vier Bewerber geduzt. Gesiezt habe er diese „nur zur Begüßung“, zitiert die Seite den Staatssekretär.

Bereits am Sonntag analysierte der Tagesspiegel, wie schmal der juristische Grat in der sogenannten Trauzeugen-Affäre ist: „Die angebliche Förmlichkeit im Bewerbergespräch könnte im Rückblick wie eine Täuschung wirken – wenn wirklich sonst niemand in der Kommission wusste, dass Graichen und Schäfer Freunde sind.“ Eindeutig geklärt ist der Fall allerdings weiter nicht.

Ungeachtet der eingestandenen Fehler hält Habeck an seinem Staatssekretär fest: „Ich habe entschieden, dass Patrick Graichen wegen dieses Fehlers nicht gehen muss“, sagte der Minister nach der Befragung durch die Bundestagsausschüsse.

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch verlangte jedoch eine rasche Entlassung Graichens. „Schafft Robert Habeck es nicht, sich von Graichen zu trennen, steht nicht länger der Staatssekretär zur Disposition, sondern der Minister selbst“, sagte er am Mittwoch.

Auch aus Sicht der wirtschaftspolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Julia Klöckner (CDU), ist Graichen „eigentlich gar nicht zu halten“. Es gehe hier um Grundsätzliches, sagte Klöckner am Mittwoch. Zu klären sei, ob es übermäßigen Einfluss von außen auf die Politik des Ministeriums gegeben habe.

Verflechtungen auch ins Öko-Institut

Kritik gibt es außerdem an personellen Verflechtungen im Wirtschaftsministerium. Graichens Schwester, verheiratet mit dessen Staatssekretärs-Kollegen Michael Kellner, arbeitet wie auch ihr Bruder beim Öko-Institut - einer Forschungseinrichtung, die Aufträge vom Bund bekommt.

Das Ministerium betont, Kellner und Graichen seien nicht an Ausschreibungen beteiligt gewesen, auf die sich das Öko-Institut hätte bewerben können.

Auch Aktuelle Stunde im Bundestag widmet sich dem Fall

Am Nachmittag debattierte der Bundestag auf Betreiben der CDU/CSU-Fraktion in einer Aktuellen Stunde über das Thema. Unionsvertreter, darunter Fraktionschef Friedrich Merz (CDU), sprechen von Vetternwirtschaft und bringen auch einen Untersuchungsausschuss ins Spiel.

Merz hatte am Dienstag gesagt, ein solcher Ausschuss wäre ein „angemessenes Mittel“, sollten die offenen Fragen dazu in der Ausschusssitzung nicht ausreichend beantwortet werden.

Die Stelle des Dena-Geschäftsführers soll unterdessen in den kommenden Tagen neu ausgeschrieben werden. Das sagte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, der Parlamentarische Wirtschaftsstaatssekretär Stefan Wenzel (Grüne), am Dienstagabend in Berlin. „Die wird in wenigen Tagen auch öffentlich ausgeschrieben und dann kann jede und jeder sich da neu bewerben.“

Wenzel zufolge wurde die Findungskommission breiter aufgestellt, „von der Personenzahl her, aber auch, was die Verankerung in den Ministerien angeht“.

Er hoffe, dass man „sehr zeitig“ zu einer Entscheidung komme und noch vor der Sommerpause wisse, wer die Dena künftig gemeinsam mit Geschäftsführerin Kristina Haverkamp leiten werde. Schäfer hätte sein Amt eigentlich am 15. Juni antreten sollen. (dpa, cst)

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