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Gregor Gysi (Die Linke) spricht im Deutschen Bundestag.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Weg von der Fünf-Prozent-Hürde: Gysis Vorschlag kommt den Wählern entgegen

Gregor Gysi möchte der Linken den Einzug ins Parlament erleichtern und die Wahlhürde senken. Sein Vorstoß für ein neues Wahlrecht aber trägt weiter.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Die CSU will gegen das neue Wahlrecht vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, die Linke hat jetzt eine andere Idee. Die Fünfprozenthürde soll niedriger werden, fordert Gregor Gysi. Dann hätte das Ampel-Gesetz auch bessere Chancen, die rechtliche Prüfung in Karlsruhe zu überstehen.

Linke und CSU gelten als die Verlierer der Wahlrechtsreform, weil die sogenannte Grundmandatsklausel gestrichen wird. Sie sichert bisher den mit der Erststimme gewählten Wahlkreissiegern und ihren Parteien den Einzug ins Parlament, auch wenn die Partei nicht die nötigen fünf Prozent an Zweitstimmen erringt. Vorausgesetzt, die Partei kann mindestens drei solcher Sieger stellen.

Davon profitierte die Linke bei den letzten Bundestagswahlen, sonst wäre sie aus dem Parlament geflogen. So aber durfte sie ihren 4,9-Prozent-Stimmenanteil auf Sitze umrechnen lassen. Ein Kunststück, das nur den wenigsten Parteien in der bundesrepublikanischen Demokratiegeschichte gelang. Die CSU kratzt mit zuletzt 5,2 Prozent ebenfalls an der Hürde. Die Grundmandatsklausel hätte also auch für sie noch wichtig werden können.

Grundmandats- und Sperrklausel sind keine zwingenden Gebote der Verfassung. Man kann sie mit einfacher Mehrheit streichen, ändern, anpassen. Diese Möglichkeit nutzt die Ampel, das ist ihr gutes Recht.

Jost Müller-Neuhof

Grundmandats- und Fünf-Prozent-Sperrklausel stehen in einer gewissen Beziehung, was schon daran zu merken ist, dass sie in Paragraf sechs des Bundeswahlgesetzes in einem Atemzug genannt werden. Tatsächlich durchbricht die eine, was die andere festigt. Kleinere, aber regional starke Parteien sollen eine Chance bekommen, im Bundestag repräsentieren zu können – während zugleich verhindert werden soll, dass Dutzende Grüppchen und Fraktionen die Bildung stabiler Mehrheiten erschweren.

Beweglich sein und zugleich standfest bleiben – eine schwierige Balance. Bisher ist sie einigermaßen gelungen. In den Achtzigern tauchten die Grünen im Bundestag auf, in den Neunzigern redete die PDS mit, und 2017 kam die AfD; offenbar um zu bleiben.

Grundmandats- und Sperrklausel sind keine zwingenden Gebote der Verfassung. Man kann sie mit einfacher Mehrheit streichen, ändern, anpassen. Diese Möglichkeit nutzt die Ampel, das ist ihr gutes Recht. Einer meckernden Union und kratzbürstigen Linken wollte sie nicht entgegenkommen. Gysis Vorschlag für eine niedrigere Hürde wäre nun einer, wie sie stattdessen Wählerinnen und Wählern entgegenkommen könnte.

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