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Evakuierte aus dem Sudan treffen in Jordanien ein.

© dpa/Bundeswehr/Jana Neumann

Bundeswehr-Einsatz im Bürgerkriegsland: So verlief die Rettung der Deutschen aus dem Sudan

Die Operation hatte Risiken, die Zeit drängte: Die Evakuierungsmission aus der sudanesischen Hauptstadt Khartum ist auch für den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius eine Bewährungsprobe.

Von Hans Monath

Unter hohem Zeitdruck hat die Bundeswehr ihre Rettungsmission aus dem Sudan fortgesetzt. In Berlin war am Montagmorgen um 6 Uhr 15 eine erste Maschine gelandet, wie das Auswärtige Amt bei Twitter mitteilte. In der Luftwaffenmaschine waren demnach „101 Deutsche, ihre Familien und Angehörige weiterer Partnerstaaten“. Seit dem Beginn der Evakuierungsmission aus dem Sudan hat die Bundeswehr seit Sonntag mehr als 300 Menschen in Sicherheit gebracht.

Die Maschinen waren vom Sudan aus zunächst zum jordanischen Militärflugplatz Al-Asrak geflogen. Nach der Landung von zwei Maschinen mit jeweils 101 und 113 Menschen an Bord in Jordanien am Sonntagabend sowie in der Nacht kam am Montagmorgen „um 02 Uhr 25“ auch die dritte Bundeswehrmaschine mit rund 100 Menschen an Bord in Jordanien an, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr.

Im Sudan kämpfen die rivalisierenden Militärgruppierungen der sudanesischen Armee und der paramilitärischen „Rapid Support Forces“ seit mehr als einer Woche um die Macht. Bei den Gefechten wurden bereits mehr als 420 Menschen getötet und mindestens 3700 weitere verletzt. Mehrere vereinbarte Waffenruhen wurden gebrochen.

Weitere Evakuierungsflüge seien geplant, solange die Sicherheitslage es zulasse, hieß es vom Auswärtigen Amt. Die Bundeswehr hatte schon vergangene Woche Menschen aus dem Bürgerkriegsland ausfliegen wollen, das Vorhaben aber verschieben müssen, da die angebliche Waffenruhe nicht hielt. Zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan war dann eine dreitägige Feuerpause vereinbart worden, die aber schon im Laufe des Montags enden könnte.

Wie lange die gegenwärtige Feuerpause anhalte, sei „ungewiss“, hieß es entsprechend auf der Homepage der Bundeswehr. Beobachter rechnen damit, dass es nach deren Ende erneut zu einer Eskalation der Gewalt kommt. Man blicke „mit Sorge auf die Lage“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Koordiniert wird die Rettungsmission vom Verteidigungsministerium, der Bundeswehr und dem Auswärtigen Amt. Für Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der gerade drei Monate im Amt ist, bedeutet die Aktion eine Bewährungsprobe.

Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte ihre Teilnahme am EU-Außenministertreffen in Luxemburg am Montag ab, um sich auf die Sudan-Mission zu konzentrieren. Der Krisenstab war am Samstag im Keller des Auswärtigen Amtes zusammengekommen.

Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius am Sonntag im Krisenstab der Bundesregierung.
Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius am Sonntag im Krisenstab der Bundesregierung.

© Reuters/Michele Tantussi/Pool

Insgesamt seien mit den drei Flugzeugen vom Typ Airbus A400M „sowohl deutsche Staatsbürger als auch Angehörige anderer Nationen“ ausgeflogen worden, erklärte das Einsatzführungskommando. Die Evakuierungen hätten „gut funktioniert“. Die Weiterreise der evakuierten Staatsbürgerinnen und Staatsbürger anderer Nationen werde mit deren Heimatländern abgestimmt.

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Bei einer Rettung auf dem Luftweg ist die Bundeswehr in der Regel auf die Kooperation regionaler Streitkräfte angewiesen, die etwa den örtlichen Flughafen sichern.

Grundsätzlich heißt es zu Evakuierungsmissionen auf der Homepage der Bundeswehr: „Der Verband zur Durchführung einer schnellen Evakuierung besteht aus Fallschirmjägern, Feldjägern und Sanitätern. Fallschirmjäger sichern nach der Landung den Flughafen und verhindern, dass potenzielle Störer das Flugzeug beschädigen oder sich unerlaubt Zugang verschaffen. Feldjäger registrieren die zu evakuierenden Personen. Sanitäter versorgen Patienten. Sind alle sicher an Bord, geht es entweder direkt oder über einen Zwischenstopp im Gastland zurück nach Deutschland.“ An dem aktuellen Einsatz sind 1000 Soldaten beteiligt.

Eine Rettung auf dem Land- und Seeweg aus dem Sudan wird gegenwärtig offenbar als zu gefährlich angesehen. Grundsätzlich ist die Bundeswehr auch für Rettungsmissionen auf dem Seeweg gerüstet. Der sudanesische Hafen Port Sudan am Roten Meer ist rund 800 Kilometer von der Hauptstadt Khartum entfernt, die Fahrt dorthin dauert in Friedenszeiten rund zwölf Stunden.

Wie lange die Feuerpause in der sudanesischen Hauptstadt Khartum hält, ist unklar. Zuvor hatten schwere Kämpfe die Stadt erschüttert.
Wie lange die Feuerpause in der sudanesischen Hauptstadt Khartum hält, ist unklar. Zuvor hatten schwere Kämpfe die Stadt erschüttert.

© dpa/Marwan Ali

Angesichts der eskalierenden Gewalt im Sudan hatten Deutschland und zahlreiche andere Länder Evakuierungseinsätze für ihre Staatsangehörigen in dem nordostafrikanischen Land gestartet, darunter Frankreich, Italien, Saudi-Arabien und die Türkei. Zuvor hatten bereits die USA und Großbritannien Botschaftsmitarbeiter aus Khartum ausgeflogen.

Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell sind bisher insgesamt mehr als tausend EU-Bürger aus dem Sudan geholt worden. „Es ist eine komplexe Aktion gewesen und es ist eine erfolgreiche Aktion gewesen“, sagte Borrell am Montag. Unter den Evakuierten waren demnach auch 21 Diplomaten der EU-Vertretung in Khartum.

Zustimmung des Bundestags kommt nachträglich

Für den Einsatz der Bundeswehr soll der Bundestag nachträglich seine Zustimmung geben. Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte, wird das Bundeskabinett schnell im Umlaufverfahren den Mandatstext beschließen und diesen dann dem Parlament zuleiten.

Es handele sich um einen Einsatz zur Rettung von Menschen aus besonderen Gefahrenlagen, sagte Hebestreit. Eine vorherige Befassung des Bundestags hätte das Leben der Menschen gefährdet.

Auch schon früher hatte die Bundeswehr Deutsche und EU-Bürger aus Kriegs- und Krisengebieten geholt, so unter anderem 2011 aus dem Bürgerkrieg in Libyen.

Größte Rettungsmission war bislang das Ausfliegen von mehr als 5000 Menschen vom Flughafen Kabul nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021. Unter den Geretteten aus insgesamt 45 Nationen waren damals 4200 Afghanen und rund 500 Deutsche.

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