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Martin Schirdewan, Co-Bundesvorsitzender der Linken, bei der Präsentation der Kampagne.

© dpa/Hannes P Albert

Europa-Kampagne der Linken: Mit „Politikwechsel“ gegen den internen Verfall

Mit Fragen der Gerechtigkeit will die Linkspartei bei der Europawahl punkten. Doch die Partei kämpft um bundesweite Relevanz und ist zerstritten.

Die Spitze der Linkspartei hat am Dienstag in Berlin die Kampagne zur Europawahl vorgestellt. „Die Europawahlen werden eine Schicksalswahl“, sagte Co-Parteichef Martin Schirdewan laut Manuskript.

Damit spielte er aber nicht auf die Lage seiner eigenen Partei an, die sich in ernsten Existenznöten befindet. Stattdessen ging es ihm um einen „Politikwechsel für soziale Gerechtigkeit“. Die Europawahl am 9. Juni erklärte er zu einer „Abstimmung gegen die Kürzungspolitik von Ursula von der Leyen und Olaf Scholz, zu einem klaren Votum für soziale Gerechtigkeit“.

Die Linke will mit der Europawahl ihre Relevanz beweisen

Miete, Strompreise, Mindestlohn: Mit Themen wie diesen will die Partei beim Publikum punkten. Die Frage ist nur, ob sie damit noch durchdringt. Die Partei ist auch nach dem endgültigen Abgang von Sahra Wagenknecht und ihren Getreuen zerstritten.

Intern wird ein schlechtes Abschneiden bei der Europawahl allgemein erwartet. Doch die Partei stemmt sich dagegen, will sie doch ihre bundesweite Relevanz beweisen.

Co-Parteichef Schirdewan, der auch Co-Vorsitzender der Linksfraktion im europäischen Parlament ist, führt die Liste an. Dahinter folgt die parteilose Carola Rackete. Sie wurde einst als Seenotretterin bekannt, will und soll im Wahlkampf aber das Thema Klimagerechtigkeit besetzen.

Sie fehlte bei der Vorstellung der Kampagne krankheitsbedingt, ließ aber erklären: „Wir sind mitten in der Klimakatastrophe und in einem Massen-Aussterben. Teile der Erde werden bald für Menschen nicht mehr bewohnbar sein. Und gleichzeitig war niemals der Unterschied zwischen Arm und Reich so krass wie heute. Wir können aber etwas tun.“

Auf Platz vier kandidiert der Sozialmediziner Gerhard Trabert, der sich seit langem für eine bessere Gesundheitsversorgung armer Menschen engagiert.

Linke Bewegung gegen traditionelle Sozialpolitik

Gerade die Personalie Rackete steht beispielhaft für den Grundkonflikt in der Partei: Sie will erklärtermaßen Bindeglied sein zwischen linker Bewegungen und Parlament. Der Name Rackete sorgt für wenig Begeisterung im Reformerlager, das auf traditionelle Sozialpolitik und eine starke Verankerung im Osten setzt.

Vor kurzem übernahm das Lager der Reformer den Vorsitz der Bundestagsgruppe, die nun von Heidi Reichinnek und Sören Pellmann angeführt wird. Die Klausur, auf der die Wahl stattfand, endete im Eklat, denn dem unterlegenen Lager wurde trotz sehr knapper Mehrheitsverhältnisse und trotz eindringlicher Appelle ein Platz in der Doppelspitze verwehrt. Am Tag danach nahmen einige der Unterlegenen nicht einmal mehr an der Sitzung teil.

Nun muss man auf Arbeitsebene wieder zueinanderfinden. Der grundsätzliche Konflikt, wie die Partei ausgerichtet werden soll, ist aber nicht gelöst. Je nach Ergebnis der Wahl im Juni könnte gerade Europapolitiker Schirdewan mehr oder weniger unter Druck geraten, seinen Posten an der Parteispitze zu räumen. So könnte die Wahl auch für ihn zur Schicksalswahl werden.

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