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Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)

© dpa

Panama Papers und die Folgen: Die Schäuble-Show gegen die Steuerflucht

Deutschland geht kaum gegen Geldwäsche vor. Umso erstaunlicher, dass Wolfgang Schäuble den Skandal um Briefkastenfirmen zu seiner Profilierung nutzen kann. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Harald Schumann

Zwei Wochen sind vergangen, seit das Journalisten-Konsortium ICIJ mit den „Panama Papers“ das ungeheuerliche Ausmaß des weltweit organisierten Steuerbetrugs der Reichen und Mächtigen enthüllte, auch und gerade in Deutschland. 28 hierzulande tätige Banken haben sich an dem schmutzigen Geschäft beteiligt. Mehr als 1000 deutsche Bürger nutzten die Dienste der Kanzlei Mossack-Fonseca für ihre Tarnfirmen. Dabei ist diese Anwaltsfirma nur eine von vielen mit diesem Service.

Unbestreitbar wurde damit, was Fachleute schon seit Jahren beklagen: Die amtliche Kontrolle des deutschen Finanzwesens in Sachen Steuerfluchthilfe und Geldwäsche ist schwach und wirkungslos. Die Führung von Konten für Briefkastenfirmen ist bei deutschen Banken gang und gäbe.

Umso erstaunlicher ist, wie es Deutschlands Finanzminister gelingt, trotz dieses Versagens den Skandal zur eigenen Profilierung zu nutzen. Wolfgang Schäuble, so macht er die Öffentlichkeit glauben, ist in Wahrheit ein eiserner Vorkämpfer gegen das Geschäft mit dem schmutzigen Geld. Dafür präsentierte er zunächst einen 10-Punkte-Plan. Das klang schon mal gut, auch wenn nur erfolglose alte Vorhaben genannt waren.

Sodann versprach er mit seinen Kollegen aus Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien, dass Schluss sein soll mit anonymen Briefkastenfirmen. Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die Inszenierung am vergangenen Samstag in Washington. Da präsentierte der Minister anlässlich des Frühjahrstreffens von IWF und Weltbank ein von allen G20-Staaten unterzeichnetes Communiqué, mit dem sogar die chinesische und die russische Regierung versprechen, „Transparenz“ beim Eigentum an Firmen jedweder Art zu schaffen und gegen alle „Jurisdiktionen“ vorzugehen, die dabei nicht mitmachen. Dies sei schließlich „der Schlüssel“ im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche, erklärte Schäuble.

Das gleiche Programm wurde schon 2009 beschlossen

Dumm nur, dass dieselben Akteure das gleiche Programm 2009 schon einmal beschlossen hatten. Auch damals, beim G20-Gipfel in London, versprachen sie, gegen die Steuerfluchtländer vorzugehen. Ein weltweiter Transparenz- Standard sollte entstehen, und Verweigerern drohten Sanktionen.

Die praktische Wirkung war jedoch gleich Null. Zwar unterschrieben alle Steuerfluchtländer entsprechende Verträge. Aber ihrem Geschäft tat das keinen Abbruch. Selbst die britischen Jungferninseln, wo 20 Mal mehr Scheinfirmen als Einwohner gemeldet sind, gerieten so auf die „weiße Liste“ der OECD.

Das ist auch keineswegs überraschend. Denn würden die G20 Ernst machen, müssten sie gegen sich selbst vorgehen. Wollte etwa der britische Finanzminister George Osborne tatsächlich einen „Schlag mit dem Hammer“ gegen die „dunklen Ecken“ der Steuerbetrüger führen, wie er nun versprach, müsste er nur den „Kron-Territorien“ von Jersey bis zu den Kaiman-Inseln die nötigen Gesetze diktieren und notfalls Gouverneure einsetzen.

Schäuble hat immer wieder Fortschritte verhindert

Allerdings würde die Londoner City ein Milliardengeschäft verlieren, darum wird es dazu nicht kommen. Genauso müsste sein US-Kollege Jacob Lew das Massengeschäft mit anonymen Firmen in Nevada, Wyoming und Delaware beenden. Nur würde er so Amerikas Finanzelite gegen sich aufbringen, der die hauseigenen Verdunkelungszentren teuer sind. So halten mächtige wirtschaftliche Interessen überall am Schattenfinanzsystem fest. Darum sind die von Schäuble gefeierten internationalen Verabredungen kaum mehr als ein Ablenkungsmanöver.

Das jedoch hat er dringend nötig. Denn gerade Schäuble und seine leitenden Beamten sind es, die alle machbaren Fortschritte immer wieder verhindern. So verweigern sie bis heute, die Finanzerträge von Nicht-EU-Ausländern zu besteuern, auch wenn diese die Erfüllung ihrer Steuerpflicht im Heimatland nicht nachweisen.

Kleptokraten aller Länder sind in Deutschland weiterhin willkommen. Zudem sperrte sich ausgerechnet Schäuble im EU-Ministerrat über Jahre gegen die Einrichtung von Unternehmensregistern, in denen die „wirtschaftlich Berechtigten“ genannt werden. Nur weil das EU-Parlament darauf bestand, müssen nun EU-weit „Transparenzregister“ geschaffen werden. Aber selbst jetzt noch möchte der Minister diesen „Schlüssel“ allein den Behörden überlassen. Journalisten und Aktivisten dagegen sollen keinen Zugang haben, obwohl es ohne deren Arbeit keinerlei Aufklärung gegeben hätte. Das sind die Taten, an denen Schäuble zu messen ist. Alles andere ist nur Show.

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