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Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat den Abschluss von Migrationsabkommen mit sechs weiteren Staaten angekündigt.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Ampel diskutiert das „Ruanda-Modell“: Nein, ja, vielleicht

Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußert sich skeptisch zur Auslagerung von Asylverfahren. Aber das sehen längst nicht alle in der Ampel-Koalition so wie die SPD-Politikerin.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat den Abschluss von Migrationsabkommen mit sechs weiteren Ländern angekündigt, die in Deutschland abgelehnte Asylbewerber wieder zurücknehmen sollen. Dabei nannte Faeser den Zeitungen der Funke-Mediengruppe die Staaten Moldau, Kolumbien, Usbekistan, Kirgisistan, Kenia und Marokko.

Die geplanten Migrationsabkommen sehen neben der Rückführung abgelehnter Asylbewerber auch erleichterte Einreisemöglichkeiten für Fach- und Arbeitskräfte aus den betroffenen Ländern vor. Die Bundesregierung sei mit den genannten Herkunftsstaaten „in guten Gesprächen“, sagte Faeser. Die Verhandlungen werden geführt vom Sonderbevollmächtigten der Bundesregierung, Joachim Stamp (FDP), mit Georgien wurde bereits ein Abkommen unterzeichnet.

Die Ampelkoalition streitet aber weiter über ihren Kurs in der Diskussion um eine mögliche Auslagerung von Asylverfahren nach dem „Ruanda-Modell“. Die FDP hatte gefordert, dies ernsthaft zu prüfen. Nach den Worten des Parlamentarischen Geschäftsführers der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, würden sich Menschen ohne Bleibeperspektive wohl gar nicht erst auf den Weg Richtung Europa machen, „wenn sie den Asylantrag in einem Drittstaat oder auch schon in ihrem Heimatland stellen könnten“.

Es gibt noch kein einziges Modell in Europa.

Lars Castellucci (SPD), Vorsitzender des Innenausschusses

Dagegen zeigte sich Faeser skeptisch. „Großbritannien hat außer Kosten in dreistelliger Millionenhöhe bisher überhaupt keinen Erfolg mit dem Ruanda-Modell“, sagte sie. Die britische Regierung plant, irregulär eingereiste Migranten nach Ruanda abzuschieben.

Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Lars Castellucci (SPD) wies ebenfalls darauf hin, dass es für die Auslagerung von Asylverfahren „noch kein einziges Modell in Europa“ gebe. Auch das Vorhaben der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, Asylzentren auf albanischem Boden zu schaffen, sei „keine Lösung, sondern ein Skandal“, sagte Castellucci dem Tagesspiegel weiter. Die Regierung in Rom werde „beide Augen zudrücken“, wenn Asylbewerber von Albanien aus wieder über den Balkan weiterwandern, so Castellucci.

Dagegen forderte der SPD-Politiker den „Ausbau einer weltweiten Allianz für den Flüchtlingsschutz“. „Auf diesem Weg sollten wir befreundete Staaten dabei unterstützen, eigene Asylsysteme aufzubauen“, regte er an. Das funktioniere aber nicht, „wenn der Eindruck entsteht, wir würden uns dafür aus der Verantwortung herausnehmen und diese auf andere abwälzen“.

Ich sehe es als große Gefahr, dass rechtskonservative Migrationspolitik nicht mehr ohne Verletzungen des Völkerrechts auskommt.

Julian Pahlke, Grünen-Innenpolitiker

Kategorisch abgelehnt wird das „Ruanda-Modell“ hingegen bei den Grünen. „Asylverfahren in Drittstaaten auszulagern, ist praktisch nicht unter Einhaltung von Europarecht und Völkerrecht machbar“, sagte der Innenpolitiker Julian Pahlke dem Tagesspiegel.

Pahlke sprach von einer „Debatte um Scheinlösungen“ und fügte hinzu: „Ich sehe es als große Gefahr, dass rechtskonservative Migrationspolitik nicht mehr ohne Verletzungen des Völkerrechts auskommt.“

Unterdessen äußerte der Chef der Europäischen Grenz- und Küstenwache Frontex, Hans Leijtens, Zweifel am Sinn eines verstärkten Schutzes der EU-Außengrenzen zur Eindämmung der Migration. Manchmal werde so getan, „als könne man schlicht einen Deckel oben auf die Flasche setzen, und dann wird die Migration gestoppt. Aber das ist ein Irrglaube“, sagte der Niederländer der „Welt am Sonntag“.

Statt dessen plädierte Leijtens für Asylverfahren direkt an der EU-Außengrenze, zügige Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern und Vereinbarungen mit Drittstaaten im Kampf gegen Schlepper.

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