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Boris Pistorius, Verteidigungsminister, bezeichnet die Nukleardebatte als überflüssige Eskalation.

© AFP/JOHN THYS

„Das brauchen wir jetzt als Letztes“: Pistorius bezeichnet Nukleardebatte als überflüssige Eskalation

Der deutsche Verteidigungsminister hält nichts von der Aufregung über die jüngsten Äußerungen von Donald Trump. Deutliche Worte hat er vor allem für die Atomwaffendiskussion übrig.

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat Unverständnis geäußert, dass eine Debatte über ein zusätzliches System der atomaren Abschreckung in Europa geführt wird. „Das ist eine wirklich so komplexe Diskussion, die man nicht mal eben lostreten sollte“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch am Rande von Terminen bei der Nato in Brüssel.

„Die Nukleardebatte brauchen wir jetzt aktuell wirklich als Letztes. Das ist eine Eskalation in der Diskussion, die wir nicht brauchen.“ Konkret kritisiert Pistorius dabei, dass die Diskussion wegen eines Wahlkampfauftritts des früheren US-Präsidenten Donald Trump geführt wird. Trump habe auf Atomwaffen nicht einmal Bezug genommen.

Grundsätzlich warnte Pistorius vor einer Überreaktion auf Aussagen Trumps. „Ich halte nichts von aufgeregten Debatten zur Unzeit und erst recht nichts davon, jedes Zitat aus dem amerikanischen Wahlkampf von jemandem, der Kandidat werden will, auf die Goldwaage zu legen“, sagte Pistorius.

Man tue sehr gut daran, nicht ständig wie das Kaninchen auf die Schlange auf den möglichen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner oder auf die US-Wahlen zu schauen. Stattdessen gelte es die „Hausaufgaben zu machen“, erklärte er mit Blick auf die Verteidigungsfähigkeiten Europas. „Das ist in den letzten zehn Jahren nicht immer ausreichend passiert.“

Indirekte Kritik an Genossen und Koalitionspartnern

Hintergrund neuer Diskussionen über ein mögliches zusätzliches System der atomaren Abschreckung in Europa ist die mögliche Wiederwahl von Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im November. Der Republikaner hatte am Wochenende bei einem Wahlkampfauftritt deutlich gemacht, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde.

Unter anderem die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, zog daraufhin die Verlässlichkeit des US-Atomwaffen-Schutzschirms in Zweifel. Zur Frage, ob die EU eigene Atombomben brauche, sagte sie dem „Tagesspiegel“: „Auf dem Weg zu einer europäischen Armee kann also auch das ein Thema werden.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach sich für mehr Kooperation mit Frankreich und Großbritannien bei der atomaren Abschreckung aus. „Der französische Präsident Emmanuel Macron hat verschiedentlich Kooperationsangebote vorgetragen“, schrieb der FDP-Vorsitzende in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. „Die jüngsten Äußerungen von Donald Trump sollten wir als Aufforderung verstehen, dieses Element europäischer Sicherheit unter dem Dach der Nato weiterzudenken.“

Zu der Frage, ob sich die Bundesregierung zu Angeboten Macrons nicht verhalten müsse, sagte hingegen Pistorius: „Nein, das müssen wir nicht.“ Aus seiner Sicht müsse der amerikanische Schutzschirm gehalten und nicht leichtfertig aufgegeben oder infrage gestellt werden. „Dafür gibt es keinen Anlass“, betonte er. (dpa)

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