zum Hauptinhalt
Friedrich Merz (l.) und Carsten Linnemann wollen die CDU wieder nach vorne bringen. Zeit würde es.

© Imago/Chris Emil Janssen

CDU-Chef Merz wechselt den General: Der Tausch allein löst nicht das Problem

Mit Carsten Linnemann macht Friedrich Merz einen Vertrauensmann zum Generalsekretär. Doch das wird nicht reichen. Der CDU fehlt eine Strategie.

Ein Kommentar von Maria Fiedler

Ein gut vernetzter CDU-Mann bringt es am Mittwoch auf den Punkt: Es sei wie in einem Unternehmen, sagt er. Wenn es nicht läuft und man sich nicht anders zu helfen weiß, dann tauscht man eben an der Spitze ein, zwei Leute aus.

Friedrich Merz hat auf die Schwierigkeiten seiner Partei reagiert, indem er seinen Generalsekretär Mario Czaja gefeuert und seinen Verbündeten Carsten Linnemann eingesetzt hat. In der Rochade steckt eine Portion Aktionismus.

Freilich: Czaja hat als Generalsekretär die Erwartungen nicht erfüllt, Carsten Linnemann ist ein ehrgeiziger und fähiger Ersatzmann. Doch das größte Problem der CDU lässt sich nicht einfach durch einen Personalwechsel beheben. Das größte Problem der CDU ist ihre Strategielosigkeit.

Prinzip Hoffnung

Da ist zunächst einmal der Osten. Wer dieser Tage mit CDU-Vertretern aus Sachsen oder Thüringen spricht, der erlebt, dass die Partei dort vor allem auf das Prinzip Hoffnung setzt. Die AfD steht in Thüringen bei 34 Prozent, die CDU weit dahinter. Auch in Sachsen liegt die extrem rechte Partei vorn, wenn auch nur mit kleinem Abstand. Auf die Frage, wie man verhindern will, dass die AfD stärkste Kraft wird, haben CDU-Vertreter oft keine Antwort.

Da heißt es dann zunächst, dass Umfrageergebnisse keine Wahlergebnisse seien. Gern wird auch darauf verwiesen, dass man eben die eigenen Positionen beispielsweise in der Migration noch klarer herausstellen müsse. Eine Strategie aber ist das nicht und auch im Konrad-Adenauer-Haus scheint es keine zu geben. Das ist erschreckend.

Auch bezogen auf die bundesweiten Umfragewerte zerbrechen sie sich in der CDU den Kopf: Warum sorgt die schwache Ampel nicht dafür, dass die CDU in Umfragen über 30 Prozent steht? Eine Erklärung intern ist, sie werde nicht ausreichend als Alternative wahrgenommen. Die andere: Die CDU wird nach 16 Jahren an der Regierung für viele Probleme verantwortlich gemacht – beispielsweise bei der Migration, aber auch in der Russlandpolitik.

Daran ändert es wenig, dass Merz gewissermaßen das Gegenteil von Merkel ist. Der CDU-Chef kann nur warten, bis noch mehr Zeit vergangen ist – und die Verantwortung für die Lage des Landes von den Wählern ausschließlich bei der Ampel gesehen wird. Doch auch warten ist keine politische Strategie.

Widersprüchliche Botschaften

Merz will sich an den Grünen abarbeiten, er hat sie zum „Hauptgegner“ in der Bundesregierung erkoren. Doch während das bei einem CDU-affinen Unternehmer in Mittelsachsen gut ankommen mag, sorgt es bei einer hessischen Steuerberaterin, die mit ihrer schwarz-grünen Landesregierung sehr zufrieden ist, womöglich für Kopfschütteln. Merz hat durch seinen Vorstoß einen strategischen Konflikt innerhalb der Partei heraufbeschworen.

Immer wieder sendet Merz selbst auch widersprüchliche Botschaften. Man weiß nicht: Will er vor allem der staatstragende Oppositionsführer sein, der dem Kanzler mit scharfen Worten die Leviten liest? Oder will er einen Kulturkampf gegen die Grünen anzetteln und dabei auf Themen setzen, mit denen man im Bierzelt punkten kann?

Ein Anfang

Linnemann alleine kann all diese Fragen nicht beantworten. Die Personalie ist aber gleichwohl eine Botschaft. Der Ex-Sozialsenator Mario Czaja verkörperte noch Merz‘ Anspruch, alle einzubinden, es allen recht zu machen. Linnemanns Anspruch dagegen ist „CDU pur“ und das heißt bei ihm: Marktwirtschaft, funktionierender Staat, Leistung muss sich lohnen.  

Die Personalie zeigt: Merz will jetzt stärker auf Wirtschaft setzen – ein Thema, das ohnehin auch mit ihm verbunden wird und bei dem die CDU ihre Kompetenzwerte wieder steigern will. In Zeiten von Inflation, Fachkräftemangel und Angst vor Deindustrialisierung gibt es hier einiges zu gewinnen. Eine Strategie ist auch das noch nicht. Aber es ist ein Anfang.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false