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Schutzbedürftig? In Deutschland läuft eine Debatte, ob die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts im Grundgesetz geregelt werden sollte.

© dpa/Uli Deck

Buschmanns Pläne fürs Bundesverfassungsgericht: Eine Dosis Schutz in Karlsruhe gegen die AfD

Der Justizminister hat einen ersten Vorschlag, wie das Bundesverfassungsgericht vor der AfD zu sichern ist. Was er taugt, kann heute niemand wissen.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Das Bundesverfassungsgericht, die Institution mit dem wohl besten Leumund im bundesrepublikanischen Staatswesen, soll widerstandsfähiger werden. Um dessen „Resilienz“, letztlich seine Arbeitsfähigkeit trotz populistisch-antidemokratischer Einflüsse in den Parlamenten, kreist seit einigen Monaten eine Debatte in Berlin. Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte dazu eigens den Gerichtspräsidenten zum vertraulichen Gespräch in die Hauptstadt gebeten.

Nun hat Buschmann zu weiteren – vertraulichen – Gesprächen eingeladen und dafür einen „Arbeitsentwurf“ verschickt. Demnach will man „Bestrebungen“ vorbeugen, welche „die Unabhängigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit infrage stellen wollen“. Ein wenig klingt das nach dem Aufgabenkatalog des Verfassungsschutzes, und so soll es ja wohl auch sein: politischer Extremismus als Gefahr, vor dem die Institutionen zu schützen sind.

Welche Dosis Verfassungsschutz braucht das Gericht? Wie es aussieht, beschränkt sich der Entwurf darauf, einige zentrale Regelungen zur Besetzung und Organisation des Gerichts aus dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz in das Grundgesetz zu überführen. Diese könnten dort, anders als bisher, nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden.

Die Politik zeigt Misstrauen gegen sich selbst

Einem Kompromiss auf dieser Grundlage wird sich die Union kaum dauerhaft verschließen. Was soll kritisch daran sein, einige bewährte Strukturen verfassungsrechtlich zu garantieren? Eigentlich wenig, bis auf Folgendes: Das Grundgesetz ist prinzipiell kein Ort, um Verfassungsorgane in Einzelteile zu zerlegen. Außerdem ist es einer Demokratie wesenseigen, sich wandeln, reagieren, Dinge verändern zu können; mehr Schutz heißt hier weniger Beweglichkeit. Und nicht zuletzt handelt es sich um ein haltloses Versprechen. Denn für den Widerstand gegen eine autoritär-populistische Parlamentsmehrheit, der Regeln nichts bedeuten, braucht es mehr als ein Grundgesetz.

Es bleibt also, auch in sinnvoller Beschränkung, ein ambivalentes Projekt, das in Buschmanns Entwurf erste Konturen annimmt und das weit in die Zukunft reicht. Was es dereinst abzuwehren in der Lage sein wird, kann heute niemand vorhersehen. Sicher ist: Wenn die Politik es realisiert, zeigt sie auch ein Misstrauen gegen sich selbst.

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