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Minister bei der Arbeit: Hubertus Heil im Bundestag.

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Exklusiv

Bert Rürup über Heils Rentenpaket II: „Die Aktienrente kommt viel zu spät“

In der kommenden Woche stellen Arbeitsminister Heil und Finanzminister Lindner das Rentenpaket II vor. Kritik an den Plänen übt Bert Rürup, einstiger Vorsitzender der Wirtschaftsweisen.

Ein paar Tage sind es noch, bis Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag das Rentenpaket II der Ampelkoalition vorstellen.

Doch schon jetzt wird Kritik an den Plänen laut. In Zeiten einer ernsten Haushaltskrise steht die Bundesregierung vor der Frage: Braucht es eine grundsätzliche Wende in der Rentenpolitik oder genügt das, was die Ampel vorhat, um das System zukunftsfest zu machen?

Bert Rürup, früherer Vorsitzender der Wirtschaftsweisen.
Bert Rürup, früherer Vorsitzender der Wirtschaftsweisen.

© imago/IPON/IMAGO/IMAGO

Zweifel daran hat Bert Rürup, ehemaliger Vorsitzender der Wirtschaftsweisen und als Berater früherer Bundesregierungen Namensgeber der Rürup-Rente.

Die realen Kosten der Alterung lassen sich nun einmal nicht aus der Welt schaffen, sie können immer nur verteilt werden.

Bert Rürup, Renten-Experte und früherer Vorsitzender der Wirtschaftsweisen

Grundsätzlich ist seit langem bekannt, was das anstehende Rentenpaket enthalten soll: Zum einen soll ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent garantiert werden.

Zum anderen will die Koalition den Einstieg in eine Aktienrente als kapitalgestützte Säule des Systems vollziehen, was vor allem der FDP sehr wichtig ist.

Mit der 48-Prozent-Garantie wolle Minister Heil die Rentenempfänger vor einer Beteiligung an den Kosten der Bevölkerungsalterung abschirmen, sagte Rürup dem Tagesspiegel.

Das werde allerdings nur in Grenzen möglich sein. „Das Rentensystem ist nun einmal keine Kuh, die auf der Erde gemolken, aber im Himmel gefüttert wird“, sagt Rürup.

Das System habe fünf Stellschrauben: Beitragssatz, Rentenniveau, Regelaltersgrenze, Steuerzuschuss und Renteneintrittsalter. „Wenn man eine oder gar mehrere dieser Stellschrauben fixiert, wird es zunehmend schwieriger, das System ohne gravierende Verwerfungen nachhaltig zu finanzieren.“

Die absehbare Folge: Es wird ein höherer Zuschuss aus Steuermitteln für die Rentenkasse notwendig sein. Den aber finanzieren die Rentner sogar zunehmend selbst mit, betont Rürup.

Bis zum Jahr 2040 nämlich steigt die Besteuerung neuer Renten schrittweise an, bis sie bei 100 Prozent liegt.

Rürup schlägt vor, den Nachhaltigkeitsfaktor zu reaktivieren, der einst eingeführt worden war, um demographische Lasten zwischen Alt und Jung ausgewogen aufzuteilen. „Die realen Kosten der Alterung lassen sich nun einmal nicht aus der Welt schaffen, sie können immer nur verteilt werden.“

Die ebenfalls angekündigte Aktienrente hält Rürup vom Prinzip her für richtig, sagt aber auch: „Die Aktienrente kommt viel zu spät.“ Solche kapitalgedeckten Systeme basieren auf dem Zinseszinseffekt. „Es braucht eine Ansparphase von mindestens 15 Jahren, bis ein solches System nennenswerte Erträge abwirft.

Aber dann ist unser demographisches Problem zum großen Teil überstanden. Es ist die richtige Idee, auf die man – wenn überhaupt – früher hätte setzen sollen“, sagt Rürup.

Für Minister Heil ist die Rente mit 63 eine Frage des Respekts

Die Rentenpolitik steht laut Rürup vor einem Umsetzungsproblem: „Wir sind mit einer gesamtwirtschaftlichen Krise konfrontiert und haben ein massives Haushaltsproblem, aber gleichzeitig immer noch Rekordbeschäftigung.

Dadurch schlägt die Krise noch nicht durch, Wählerinnen und Wähler spüren sie noch nicht. Das macht es schwer, Mehrheiten für unangenehme, aber gegebenenfalls angezeigte Schritte zu organisieren.“

Anschlag auf die Generationengerechtigkeit

Wolfgang Steiger, Wirtschaftsrat der CDU, über die Fixierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent.

Solche Schritte fordert der Wirtschaftsrat der CDU, eine der Partei nahestehende Organisation, die aber juristisch unabhängig ist. Generalsekretär Wolfgang Steiger sagte dem Tagesspiegel, es sei „verantwortungslos“ und ein „Anschlag auf die Generationengerechtigkeit“, nun einen Gesetzentwurf zur Fixierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent zu präsentieren.

Die Renten würden künftig mit den Löhnen ungebremst weiter steigen, die Arbeitnehmer müssten dafür mit immer höheren Rentenbeiträgen aufkommen.

Stattdessen fordert Steiger, die Ausgaben zu begrenzen und Mütterrente, Grundrente sowie die vorgezogene Rente nach 45 Beitragsjahren abzuschaffen.

Minister Heil hingegen verteidigt diese Regelung, umgangssprachlich bekannt als Rente mit 63, als Frage des Respekts gegenüber der Lebensleistung von Menschen, die sehr langjährig gearbeitet und Rentenbeiträge eingezahlt haben.

Bert Rürup ist Präsident das Handelsblatt Research Institute und Chefökonom des Handelsblatts. Diese gehören wie der Tagesspiegel zur DvH Medien.

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