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Der SPD-Außenpolitiker Michael Müller verlangt, dass möglicherweise bedrohte malische Ortskräfte schnell identifiziert werden.

© Mario Heller/Tagesspiegel/Mario Heller

Bedrohung von Ortskräften in Mali: Müller fordert „schnelle und zeitnahe Prüfung“

In einem Brief an die Bundesregierung warnen malische Übersetzer vor einer Verschlechterung der Sicherheitslage. Außenpolitiker von FDP und SPD fordern die Regierung zum schnellen Handeln auf.

Ortskräfte der Bundeswehr in Mali haben in einem Hilferuf an die Bundesregierung und den Bundestag die Befürchtung geäußert, dass es nach dem vorzeitigen Abzug der deutschen Truppen in dem westafrikanischen Land zu einer „sehr beunruhigenden Sicherheitslage kommen wird“. Das geht es einem Brief von rund 20 Übersetzern aus der Region Gao hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt und über den zunächst der „Spiegel“ berichtet hatte.

Zunächst war der Abzug der Bundeswehr aus Mali bis zum Mai 2024 geplant. Zwischenzeitlich beschloss der UN-Sicherheitsrat aber Ende Juni, zum 31. Dezember das Mandat für die UN-Stabilisierungsmission Minusma zu beenden. Damit muss auch die Bundeswehr das Land bis zum Jahresende verlassen. Die malische Militärregierung kooperiert inzwischen mit Söldnern der russischen Wagner-Miliz.

Eine Wiederholung der Ereignisse wie in Afghanistan darf es unter keinen Umständen geben. 

Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion

In dem von Anfang Juli stammenden Brief der Übersetzer des deutschen Kontingents im Camp Castor in der Nähe der Stadt Gao wird vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen nach dem Abzug der Bundeswehr gewarnt. Es gebe Nachrichten, in denen „die Terroristen damit drohen, gegen all diejenigen vorzugehen, die für die nationalen und internationalen Streitkräfte gearbeitet haben“. Weiter heißt es: „Da wir mit den Soldatinnen und Soldaten vor Ort zusammenarbeiten, stellt das eine Gefahr für uns und unsere Familien dar.“

Vor zwei Jahren begann der chaotische Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan. Viele Ortskräfte konnten das Land nicht verlassen.  „Wir wissen, dass Deutschland sein Wort gegeben hat, alles zu tun, damit die Ereignisse von Afghanistan sich nicht wiederholen. Das ist ein Hoffnungsschimmer für uns“, schreiben die Autoren in dem Brief.

„Bedrohungsszenario der Schutzsuchenden lösen“

Michael Müller, der Vorsitzende der Enquete-Kommission des Bundestages zu den Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz, forderte die Bundesregierung zu einem schnellen Handeln auf. „Ich erwarte von der Bundesregierung, dass lernend aus Afghanistan bereits bis zum Abzug etwaig bedrohte Ortskräfte, die mit uns in Mali zusammengearbeitet haben, identifiziert und dann auch rechtzeitig evakuiert werden“, sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel. „Die Situation in Mali ist mit der in Afghanistan nicht 1:1 vergleichbar, aber gerade, weil wir von deutlich weniger Ortskräften sprechen, muss eine schnelle und zeitnahe Prüfung, ob eine Gefährdung auch tatsächlich vorliegt, möglich sein“, fügte er hinzu.

„Eine Wiederholung der Ereignisse wie in Afghanistan darf es unter keinen Umständen geben“, sagte auch Ulrich Lechte, der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion. Nach seinen Worten dürfe man die „malischen Ortskräfte im Zuge des Minusma-Abzugs nicht einfach ihrem Schicksal überlassen“. Vielmehr gelte es, zeitnah konkrete Wege zu finden, „wie wir das Bedrohungsszenario der Schutzsuchenden lösen können“. Dazu stünden die einzelnen zuständigen Ministerien offenbar auch im Austausch.

CDU-Außenpolitiker Hardt: Miltärregierung führt keinen Kampf gegen westliche Werte

Etwas anders wird der Sachverhalt von Jürgen Hardt, dem außenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, gesehen. Die Bundeswehr habe in Mali Operationen im Rahmen eines UN-Mandats mit Billigung der malischen Regierung durchgeführt, sagte er. Die Mission Minusma sei so konzipiert worden, dass dabei den Maliern beim Aufbau ihrer Verwaltung und der Durchsetzung der eigenen Souveränität assistiert wurde. „In Bamako haben nicht etwa die Elemente die Macht übernommen, gegen die die Bundeswehr die malische Zivilbevölkerung verteidigte, sondern Offiziere unserer früheren Partnerarmee. Sie führen keinen ideologischen Kampf gegen alles Westliche so wie die Taliban“, sagte Hardt weiter.

Im Übrigen werde die Regierung in Bamako rasch auf die Kenntnisse der früheren Ortskräfte angewiesen sein, sagte der CDU-Politiker voraus. Die Angehörigen der russischen Wagner-Miliz würden schließlich bei der Schaffung funktionierender Strukturen, die auch eine Militärjunta braucht, nicht helfen, sagte Hardt zur Begründung.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es derweil, dass sich das Ministerium auf mögliche Szenarien vorbereite, in denen seine lokal beschäftigten Kolleginnen und Kollegen durch die allgemeine Verschlechterung der Sicherheitslage oder durch eine spezifische Bedrohung aufgrund ihrer Beschäftigung für die deutsche Botschaft in Gefahr geraten könnten. Dies gelte auch für die anderen Ressorts der Bundesregierung für die Lokalbeschäftigten in ihren Geschäftsbereichen – also etwa das Verteidigungsministerium im Fall der Ortskräfte der Bundeswehr. 

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