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04.10.2022, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

© Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Kanzler gegen die Koalition: Scholz und China – bloß keine Unterwerfung wegen des Hamburger Hafens

Anfang November reist der Bundeskanzler nach Peking. Üppige Gastgeschenke verbieten sich da. Das würde Grüne, FDP und die EU verärgern.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wie da ein einzelner Herr alle zu dominieren versucht – das kann ungut enden. Diesmal ist es, dass der Bundeskanzler, um den es hier nämlich wieder einmal geht, eine Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco am Hamburger Hafenlogistiker HHLA durchsetzen will.

Olaf Scholz als Meister der Sturheit: Immerhin warnen gleich sechs deutsche Fachministerien, der BND und der Verfassungsschutz vor dem Deal, dazu führende grüne und FDP-Politiker. Und die EU in Brüssel beratschlagt derweil, wie die Abhängigkeit von China verringert werden kann.

Bundesjustizminister Marco Buschmann bringt es auf den Punkt: „Keine kritische Infrastruktur in Deutschland soll unter die Kontrolle der chinesischen Regierung kommen.“

China strebt nach Übermacht

Häfen sind höchst kritische Infrastruktur. Da wäre der Einstieg der Chinesen wirklich daneben, wo doch Diktatoren gerade der freien demokratischen Welt brutal zusetzen. Xi Jinping ist ein Diktator, China unter seiner Führung eine Macht, die nach Übermacht strebt.

Umgekehrt wäre es also richtig: den Verkauf zu verhindern. Zumal die Russland-Politik zeigt, wie es eben nicht geht. China ist nach Russland die nächste größte Herausforderung, sogar die noch weit größere. Es durch Annäherung und wirtschaftliche Verflechtung ändern zu können – diese Annahme wäre naiv und gewiss keine erfolgversprechende Strategie.

Cosco will 35 Prozent des Containerterminals Tollerort übernehmen. Bei Beteiligung soll es einen von zwei gleichberechtigten Geschäftsführern erhalten und alle wesentlichen Entscheidungen beeinflussen, sprich: verhindern können. Das ist ein Kritikpunkt.

Dazu können sich deutsche Unternehmen aufgrund der Rechtslage nicht gleichberechtigt an Terminals in China beteiligen. Weshalb auch die EU-Kommission dagegen ist.

Längst hätte das Thema beendet werden können, es zieht sich ja seit Jahren. Scholz' Kanzleramt hat die Fachressorts beauftragt, einen Kompromiss zu suchen. Die Frist läuft am Monatsende ab. Ohne Einigung, ohne Fristverlängerung kann das Geschäft trotz Bedenken freigegeben werden.

Nun will Scholz Xi Anfang November besuchen, was ohnehin bis hin zur EU umstritten ist – mit dem Hafen als Gastgeschenk? „Die Entscheidung liegt jetzt beim Bundeskanzler“, sagt ein Sprecher von Vizekanzler Robert Habeck. Der weiter nicht zustimmt.

Hier wird es grundsätzlich: Der Bundeskanzler hat keinen Amtseid auf den Nutzen Hamburgs geschworen, sondern darauf, Schaden vom ganzen Land abzuwenden. Eine Abhängigkeit vom Regime Xi widerspricht dem. Sehr laut. Scholz sollte darauf hören und nicht allein entscheiden. Ein Kanzler ist nichts ohne Koalition.

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