zum Hauptinhalt
„Heinrich-Heine-Straße, Berlin, 1993“, Öl auf Leinwand, eine Architekturzeichnung des Büros Sauerbruch Hutton.

© Sauerbruch Hutton

Sauerbruch Hutton im Museum für Architekturzeichnung: Farben für die Stadt

Das Architektenpaar Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton gehört zu den bekanntesten Berliner Büros. Jetzt zu sehen in der Ausstellung „Sauerbruch Hutton – drawing in space“.

Von Bernhard Schulz

Vor knapp einem Vierteljahrhundert veranstaltete das Architektenpaar Sauerbruch Hutton eine Ausstellung bei Aedes, damals noch am Savignyplatz, unter dem schönen, Computernutzern geläufigen Titel „WYSIWYG“. Man bekam tatsächlich, was man sah – eine gestreifte Farbabstufung von Grün bis Hellblau, in der die titelgebenden Großbuchstaben optisch verschwanden.

Bei Aedes haben Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton mehrfach ausgestellt; nun sind die beiden ins Museum für Architekturzeichnung am Pfefferberg eingezogen, in Nachbarschaft zu Aedes, aber mit einem anderen Thema: eben dem der Zeichnung und nicht dem der entworfenen oder gebauten Architektur.

Um die geht es in der Ausstellung „drawing in space“ auch, im Hintergrund gewissermaßen, denn im Vordergrund steht die Fertigung oder auch Repräsentation von Ideen auf dem – und da stockt man schon, denn es gibt eben nicht nur Papier als Bildträger. Und es gibt nicht nur die Hand als ausführendes Organ.

So haben sie angefangen, in den 1980er Jahren beim Studium an der Architectural Association in London, von wo aus sie 1989 ihr Büro zunächst in London begründeten und ab 1992 in Berlin. Längst zählen Sauerbruch Hutton zu den international tätigen Architekturbüros der Stadt.

Bleibt da Zeit für das Zeichnen mit der Hand, dem doch das von der Tchoban Foundation getragene Museum am Pfefferberg verpflichtet ist? 92 Möglichkeiten der Visualisierung sind in der ersten Ausstellungsetage dicht an dicht gehängt, mit „WYSIWYG“ als Abschluss der Bilderreihe und als Reminiszenz.

Die Lamellen des GSW-Hochhauses

Nur in der Frühzeit geht es schwarz-weiß zu, mit Kohlezeichnungen zum Berliner Westhafen, mit denen Matthias Sauerbruch Ende der Achtziger hervortrat. Da hatte Louisa Hutton bereits farbfrohe Aquarelle zu Projekten in England und Italien geschaffen, die den Weg bahnten zur Farbigkeit, für die das Büro bekannt ist, seit sie an der Kreuzberger Kochstraße ein Hochhaus hinstellten, mit aller Farbe in den Sonnenschutzrollos.

Längst kommen die Blätter, fotografisch vergrößert, aus dem Digitaldruck. Die Frage nach dem Original stellt sich, aber sie wird von Sauerbruch Hutton offensiv angegangen, denn in welchem Stadium im computergestützten Entwurfsprozess steckt „das“ Original? Eher tendieren manche der ausgestellten Arbeiten zu autonomen Kunstwerken, etwa die „Hommage to the City“, ein Druck auf Acrylglas und als Quadrat auf die Spitze gestellt. Da werden alle Farben durchgespielt, die – in diesem Fall – am Umbau eines Münchner Versicherungsgebäudes zu sehen sind, und zwar abhängig davon, von welcher Seite man auf die gestaffelten Lisenen blickt, die aus der rhythmisierten Fassade hervortreten.

Aber im Grunde geht es um alle Farben an allen Gebäuden, die Sauerbruch Hutton entwerfen, und in denen sie die Farbe nach den Jahrzehnten einer unfarbigen Moderne wieder ins Stadtbild zurückgeholt haben. Dabei wird Farbe zumeist in tonalen Abstufungen eingesetzt, als ein Ablauf, der die Bewegung des Auges erfordert, das über die Fassaden gleitet. So wird Bewegung zu einem integralen Bestandteil der an sich statischen Architektur; und manche Bauten, zu denen in der Ausstellung scheinbar losgelöste Farbstudien gezeigt werden , sind – etwa an Pariser Autostraßen – bewusst auf das schnelle Vorbeifahren ausgerichtet und auf den „Film“, der sich im Kopf einstellt.

Um Filmisches geht s dann im Obergeschoss, wo eine Installation von Kamera, Bildschirm in der Raummitte und abstraktem Farb-Wandbild die Interaktion der Besucher fordert, die sich mit einem Mal auf dem Monitor als Personen im abstrakten Gefüge wiederfinden, während sie sich davor doch bewegen. Die Installation ermächtigt den Betrachter zum Mitspielen, wie draußen ihre Bauten zum Gehen, Schauen und Reflektieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false