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Lothar König war fast 30 Jahre lange Stadtjugendpfarrer in Jena.

© Foto: Tilman König

„König hört auf“ im Kino: Der Pfarrer, der Nazis keine Chance gibt

Lothar König hat sich einen Namen gemacht als Kämpfer gegen rechte Strukturen in Ostdeutschland. Die Doku „König hört auf“ würdigt seine Lebensleistung.

Ein Film über Lothar König ist auf gewisse Weise ein Film der Stunde. Der ehemalige Jenaer Stadtjugendpfarrer ist ein bundesweit bekannter Kämpfer gegen rechts, an dessen Arbeit sich etwas über die Schieflagen in der deutschen Gesellschaft verstehen ließe – über die Lebenslügen des „Aufarbeitungsweltmeisters“ Deutschland, wo „Antifaschismus“ eigentlich die logische Konsequenz aus der Erfahrung der NS-Diktatur sein müsste, der Begriff politisch und medial aber diskreditiert ist. Königs Geschichte macht die laxe Aufklärung, Verfolgung und Bekämpfung nicht endender rechter Gewalttaten sichtbar und damit das strukturelle Problem von Polizei und Justiz.

König hat den Aufstieg des NSU unmittelbar erlebt

„König hört auf“ heißt der Dokumentarfilm, der den Gang in den Ruhestand des 1954 geborenen Pfarrers als Anlass nimmt, dessen Wirken zu würdigen. Die Erfahrungen Königs finden etwa über ein Radio-Interview Eingang in den beobachtenden Film ohne Off-Erklärungen. Im Gespräch erzählt der Mann mit dem Rauschebart von der Narbe neben seinem rechten Auge, die ihm 1997 ein, wie sich später herausstellte, Corps-Student der Zahnmedizin durch einen Schlag verpasste. Eine lebensgefährliche Körperverletzung, die nie strafrechtlich verfolgt wurde.

Das NSU-Trio Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe sowie deren Unterstützer Kapke und Wohlleben, den selbst erklärten „Thüringer Heimatschutz“, kannte König aus persönlicher Erfahrung. Gewalt war „Standard“, wie er im Radio-Interview sagt, „wenn Rummel war, die Nazis sich da trafen, … und nichts lieber taten als irgendwelche Punks … eine auf die Fresse zu hauen.“ Zu trostlosen Bildern eines Weimarer Neonazi-Aufmarschs von 2002 beschreibt König das gesellschaftliche Grundproblem im Umgang mit rechten Strukturen: „Dieses Desinteresse, wie es den Leuten am Arsch vorbeigeht: Diese paar Nazis, das sind doch nicht so viele! Das ist für mich das Fazit der damaligen Zeit."

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Lothar König hat selbst mehrfach Bekanntschaft mit Polizei und Gerichten gemacht – am prominentesten in einem Prozess, in dem ihm Landfriedensbruch bei einer Anti-Neonazi-Demonstration in Dresden 2011 vorgeworfen wurde. Das Verfahren war ein abgekartetes Spiel mit lügenden Beamten und zurückgehaltenen Beweismitteln, die statt Königs Schuld Polizeigewalt dokumentierten – im Grunde ein Justiz-Skandal, wenn mit den Maßstäben gemessen würde, von denen das demokratische Deutschland in seinen Sonntagsreden träumt. König bezeichnet es im Film als „offene Wunde“, in die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 3000 Euro eingewilligt zu haben, weil damit ein Schlussstrich unter das, vorsichtig gesagt, problematische Behördenhandeln gezogen wurde.

(In den Berliner Kinos b-ware!, Central, Tilsiter Lichtspiele)

Solche biografischen, von Fernsehmaterial illustrierten Ausflüge in seine Lebensgeschichte unternimmt der Film, während die Inserts auf den Abschiedsgottesdienst im August 2019 zusteuern. Zu sehen ist König in der Gegenwart, wie er Fußball spielt mit Geflüchteten, Aktivitäten in der Jungen Gemeinde organisiert, im leerzuräumenden Pfarrhaus raucht, schreibt und auch schimpft. Die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Pfarramt wird zu einer schwierigen, mit gesundheitlichen Problemen und der Suche nach einer neuen Bestimmung.

„König hört auf“ ist ein Familienfilm, gedreht hat ihn sein Sohn Tilman König. Eine in der deutschen Dokumentarfilmproduktion äußerst beliebte Variante, die hier nur leider zu einem unentschiedenen Ergebnis führt. Denn der Blick des Sohnes auf den Vater privatisiert die Figur Lothar König, wo dessen Erfahrungen in einer schwierigen politischen Arbeit das eigentlich Interessante sind. Zugleich verhindert die distanzierte Form die persönliche Auseinandersetzung, die die familiäre Konstellation verspricht. Was es bedeutet, einen raumgreifenden und dauerengagierten Streiter für Gerechtigkeit wie Lothar König zum Vater zu haben, vermittelt sich aus der reinen Beobachtung allenfalls vage.

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