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Beate Zschäpe im Jahr 2018 vor Gericht.

© dpa / Peter Kneffel

NSU-Morde: Zschäpe war mehr als nur Helferin

Warum das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde der NSU-Terroristin gegen ihre Verurteilung zurückgewiesen hat

Die Verfahren um die rechtsextremistische Terroristin Beate Zschäpe vor der deutschen Justiz sind beendet. Das Bundesverfassungsgericht wies mit einem am Montag verkündeten Beschluss eine Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung wegen mehrerer Mordtaten zurück (Az.: 2 BvR 2222/21). Die Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) hatte zwischen 2000 und 2007 Bombenattentate und Mordanschläge verübt. Die Opfer wurden willkürlich und nur nach ihrem Erscheinungsbild ausgewählt. Es sollte darum gehen, Angst und Schrecken unter Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund zu verbreiten.

Anwälte prüfen Klage beim Menschenrechtsgerichtshof

Zschäpe könnte sich nun noch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wenden, um eine Korrektur ihres Urteils zu erreichen. Ihren Anwälte kündigten an, einen solchen Schritt zu erwägen. Die Chancen auf einen Erfolg sind allerdings gering.

Zwei der NSU-Terroristen begingen Suizid, nachdem die Gruppe im November 2011 aufgeflogen war. Zschäpe, die mit den Männern zusammenlebte und deren Handeln in einer konspirativen Gemeinschaft stützte und deckte, wurde wegen mittäterschaftlicher und mitgliedschaftlicher Beteiligung an den Anschlägen zu lebenslanger Haft verurteilt. Darüber hinaus wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, wodurch eine Entlassung nach 15 Jahren Haft regelmäßig ausgeschlossen ist.

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist eine Gehörsverletzung weder dargetan noch aus sich heraus ersichtlich.

Das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss

Zschäpe und ihre Anwälte sind der Auffassung, dass vor allem eine Verurteilung als Mittäterin der NSU-Morde nicht gerechtfertigt gewesen sei. Sie zogen deshalb zunächst vor den Bundesgerichtshof (BGH). Die Anwälte argumentierten, dass die Frau zwar an den Tatplänen mitgewirkt und den Männern Alibis verschafft haben mag, nicht jedoch unmittelbar an der Tatausführung beteiligt gewesen sei. Eine Verurteilung als Mittäterin komme daher nicht in Frage.

Zschäpe habe Motive geteilt und die Taten maßgeblich beeinflusst, urteilte der Bundesgerichtshof

Der BGH sah das im Rahmen des Revisionsverfahrens anders. Das Münchner Oberlandesgericht habe die Tatbeiträge der Frau zutreffend als Mittäterschaft eingeordnet. Ob jemand Mittäter, Anstifter oder nur Gehilfe einer Straftat sei, müsse in jedem Einzelfall geprüft werden.

Zschäpe habe maßgeblichen Einfluss gehabt, weil sie die Täter „legendiert“, also mit falscher Identität ausgestattet habe. Zudem sei Zschäpe mit ihnen übereingekommen, später Beweismittel zu vernichten und ein Bekennervideo zu versenden. Das sei weit mehr, als sich nur an der Tatplanung beteiligt zu haben. Jede einzelne Tat sei daher von ihr maßgeblich mit beeinflusst worden. Auch teile sie das „Tatinteresse“ und das ideologische Motiv ihrer Komplizen. Dass an den Tatorten keine Spuren von der Frau gesichert werden konnten, war für diese Bewertung nicht erheblich.

Die Anwälte sahen in dieser - aus ihrer Sicht überraschenden - Bewertung eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung zur Mittäterschaft. Da das Bundesverfassungsgericht keine „Superrevisionsinstanz“ ist, die dafür da ist, BGH-Urteile zu prüfen, argumentierten sie mit einem angeblichen Verfassungsverstoß: Indem der BGH Zschäpes Revision ohne mündliche Verhandlung verworfen habe, habe er ihren verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

Doch damit kamen sie bei der 2. Kammer des Zweiten Senats, die für Zschäpes Beschwerde zuständig war, nicht durch. Eine solche Grundrechtsverletzung habe Zschäpe nicht aufzeigen können, hieß es. Die Verurteilte habe ausreichend Gelegenheit gehabt, ihre Ansichten darzulegen. Eine Revision im Beschlussweg zu verwerfen, sei mit dem Grundgesetz vereinbar.

Auch in der Sache habe der BGH in vertretbarer Weise entschieden und sich dabei an die von ihm selbst aufgestellten Kriterien gehalten. Dass eine andere Bewertung der Tatbeiträge möglich sei, wie auch im juristischen Schrifttum mitunter geäußert wurde, begründe keinen Gehörsverstoß. Zschäpe habe mit einem Urteil als Mittäterin rechnen müssen.

Eine Verletzung des Willkürverbots, wie es Artikel 3 der Verfassung garantiere, habe Zschäpe ebenfalls nicht dargetan. Ebenso erfolglos blieb die Argumentation der Anwälte, der BGH hätte seine Auslegung des Begriffs einer „kriminellen Vereinigung“ dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorlegen müssen.

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