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Gaza.

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Wie es in Gaza weitergehen könnte: Mögliche US-Pläne, israelische Einwände und viele offene Fragen

Die nächste Phase des Krieges wird anders aussehen als die bisherigen. Darauf pochen nicht zuletzt die USA. Israels Armee bringt ein Exil von Hamas-Kämpfern nach dem „Beiruter Modell“ ins Gespräch.

Noch ist unklar, ob, und wenn ja wie lange, der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas verlängert werden kann. Doch weder Israel noch die Hamas lassen Zweifel daran, dass der Krieg danach fortgesetzt werden wird.

Dabei werden sich die Kämpfe auch in den Süden des Gazastreifens verlagern. Dort leben schon jetzt über eine Million Flüchtlinge auf engstem Raum. Die humanitäre Lage ist extrem angespannt. Deshalb drängen nicht nur die USA darauf, dass sich Israels Strategie im Kampf gegen die Hamas ändern muss.

Der wichtigste Verbündete Israels unterstützt nach wie vor das Ziel, die Hamas zu zerschlagen, doch äußert Washington auch immer deutlicher Kritik an Israels Kriegsführung.

„Wir unterstützen keine Operationen im Süden, solange die Israelis nicht nachweisen können, dass sie für die Sicherheit aller Binnenflüchtlinge aus dem Gazastreifen sorgen“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag gegenüber Reportern. Die Israelis seien „empfänglich für diese Botschaft“.

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„Wir bereiten uns auf die nächsten Phasen des Krieges und die Ausweitung des Manövers auf den gesamten Gazastreifen vor“, erklärte wiederum Benny Gantz, ehemaliger Verteidigungsminister und Mitglied des Kriegskabinetts, am Dienstag. Es werde keine „Zuflucht für Terroristen und Hamas-Führer“ geben.

Allerdings haben israelische Sicherheitsbeamte ihren amerikanischen Amtskollegen laut einem Bericht des „Wall Street Journal“ zufolge mitgeteilt, dass sie erwarten, dass sich die nächste Phase des Gaza-Konflikts anders gestalten wird als die in den Wochen zuvor.

Evakuierung wie im Norden darf sich im Süden nicht wiederholen

Washington drängt Israel dem Bericht zufolge wohl mit Erfolg dazu, vom Plan einer „Sicherheitszone“ abzurücken. Dieser sieht vor, einen Großteil der Zivilbevölkerung, die sich im Süden gesammelt hat, in eine schmale Zone im Abschnitt al-Mawasi nahe der Küste zu verlegen, um dann gegen die militärische Infrastruktur der Hamas im Süden des Gazastreifens vorrücken zu können.

„Das Ausmaß der Vertreibung, die im Norden stattgefunden hat, kann sich im Süden nicht wiederholen“, sagte der US-Sprecher Kirby in Anspielung auf den Plan am Montag. „Das würde die Kapazität jedes noch so gut ausgebauten Netzes humanitärer Unterstützung übersteigen.“

Stattdessen drängen die USA darauf, mehrere kleinere Zonen in der Nähe von UN-Einrichtungen oder anderen geschützten Infrastrukturen als Zufluchtsorte für Zivilisten auszuweisen, die nicht angegriffen werden sollen. Dabei bleibt aber offen, wie verhindert werden soll, dass Hamas-Kämpfer und andere Terroristen diese Zonen für ihre Kriegsführung missbrauchen, wie sie es zuvor auch in jedem anderen Konflikt getan haben.

Zudem soll der Vorstellung der USA nach die Lieferung humanitärer Hilfe im aktuellen Umfang auch nach der Wiederaufnahme der Kämpfe fortgesetzt werden. Luftangriffe sollen nur noch mit Präzisionsmunition erfolgen und dabei soll sichergestellt werden, dass zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser, Strom- und Abwassernetze nicht getroffen werden.

Wichtiger aber noch ist für Washington, dass die weitere Militäroperation in Phasen durchgeführt wird, die Pausen für Verhandlungen und die Freilassung von Geiseln vorsehen. Mit der aktuellen Verhandlungsrunde habe Israel hat diesen Ansatz verfolgt. US-Beamte werten dies laut dem „WSJ“-Bericht als Zeichen dafür, dass das israelische Militär auf amerikanische Wünsche eingehe.

„Hamas-freie Sicherheitszonen“ und die Umsiedlung von Hamas-Kämpfern

Völlig offen ist nach wie vor auch, was geschehen soll, wenn sich eine dauerhafte Waffenruhe und damit ein Ende des israelischen Militäreinsatzes andeutet. Während Washington für die Verwaltung des Gazastreifens auf die Einbindung der palästinensischen Autonomiebehörde aus dem Westjordanland drängt, hat ein Think-Tank des israelischen Militärs einen Plan für die Schaffung „Hamas-freier Sicherheitszonen“ erarbeitet, die von einer zu schaffenden, von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützten, Gaza-Behörde verwaltet werden würden. Die Behörde soll auch mit dem Wiederaufbau des Gebiets betraut werden.

28. Mai 1964: In Kairo wird auf Initiative der Arabischen Liga die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) gegründet.
28. Mai 1964: In Kairo wird auf Initiative der Arabischen Liga die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) gegründet.

© dpa

Doch der Bericht des Think-Tanks, den das „Wall Street Journal“ eingesehen hat, sieht auch eine Umsiedlung von rangniedrigen Hamas-Kämpfern und deren Familien aus dem Gazastreifen vor, um ein Wiedererstarken der Terrorgruppe zu verhindern. Während Israel die ranghohen Terroristen und die Organisatoren des Massakers vom 7. Oktober töten will, böte eine Umsiedlung einfachen Kämpfern eine „Ausstiegsmöglichkeit“. Präzedenzlos wäre ein solches Szenario nicht.

Es erinnert an ein in den 1980er-Jahren von den USA vermitteltes Abkommen, das es dem Palästinenserführer Jassir Arafat und 11.000 palästinensischen Kämpfern ermöglichte, aus der libanesischen Hauptstadt Beirut nach Tunesien umzusiedeln. Nachdem Arafats PLO Israel vom Libanon aus mit Terrorangriffen überzogen hatte, rückte damals die israelische Armee auf Beirut vor. Um blutige Häuserkämpfe zu vermeiden, konnten die PLO-Terroristen zur Umsiedlung bewegt werden.

Völlig unklar ist dabei aber, ob Hamas-Kämpfer sich darauf einlassen würden und zudem wohin diese umgesiedelt werden sollen. Offen ist weiter, ob die arabischen Golfstaaten bereit wären, sich daran zu beteiligen.

Offenbar wird die Idee aber neben anderen auch im Rahmen der israelisch-amerikanischen Gespräche diskutiert. Ein israelischer Beamte sagte dem „WSJ“: Zwar gebe es keine „praktische Diskussion“ über die Ausweisung von Hamas-Kämpfern, aber wenn Israel der Hamas keine andere Wahl lasse, würden einige ihrer Kämpfer eine Umsiedlung in Betracht ziehen.

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