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Nach dem Putsch im Niger könnte die Lage dort bald eskalieren: Die Ecowas-Staaten haben den Machthabern ein Ultimatum gestellt.

© REUTERS/AFOLABI SOTUNDE

Ultimatum für Putschisten läuft ab: Würde Frankreich in einen Krieg im Niger eingreifen?

Die westafrikanische Staatengruppe Ecowas bereitet sich auf eine militärische Intervention im Niger vor. Auch Frankreich will seine Interessen in der Sahel-Zone schützen.

Die Lage im Niger spitzt sich immer weiter zu – die Gefahr eines Kriegsausbruchs in dem westafrikanischen Land wächst von Tag zu Tag. Dabei wird nun besonders auf das am Sonntag ablaufende Ultimatum der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) an die Putschisten im Niger geblickt.

Die westafrikanische Staatengruppe hatte am vergangenen Sonntag angekündigt, dass ein militärisches Eingreifen nicht ausgeschlossen werde, sollten die Putschisten um den Chef der amtierenden Militärregierung, Abdourahamane Tchiani, die Macht im Niger nicht innerhalb einer Woche an den abgesetzten, demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum zurückgeben.

Vorbereitungen für Militäraktion läuft

Eine Verhandlung zwischen einer Ecowas-Delegation und den Putschisten verlief zuletzt ergebnislos. Und die Vorbereitungen für eine Militäraktion laufen. Bereits am Freitag hatten sich die Verteidigungsminister der Ecowas-Staaten in der nigerianischen Hauptstadt Abuja getroffen und die Planung eines militärischen Eingreifens im Niger empfohlen.

Am Samstag wurde zudem bekannt, dass die Militärjunta im Niger die russische Söldnertruppe Wagner um Hilfe gebeten haben soll. Das berichtete die Nachrichtenagentur AP. Ein Krieg in der Region ist also alles andere als ausgeschlossen.

Sollte die Lage militärisch eskalieren, könnte aber auch eine nicht-afrikanische Partei Teil des Konfliktes werden. Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna kündigte am Samstag im Radiosender France Info an, dass ein Abzug der mehr als 1000 französischen Soldaten derzeit nicht vorgesehen sei.

Colonna hatte am Samstag den Premierminister des Niger, Ouhoumoudou Mahamadou, empfangen, um ihm die Unterstützung Frankreichs zuzusichern. In der vergangenen Woche hatte Frankreich die Evakuierung seiner Staatsbürger aus dem Niger beendet, das Militär blieb jedoch vor Ort.

Frankreich will den Putsch zum Scheitern bringen

Und nicht nur das. Die ehemalige Kolonialmacht im Niger scheint unter Umständen sogar bereit zu sein, in einen möglichen Konflikt mit der Militärjunta einzugreifen. Colonna sagte am Samstag, man werde alle Bemühungen unterstützen, den Putsch zum Scheitern zu bringen. Inwiefern das auch auf eine militärische Hilfe hinauslaufe, sagte sie nicht.

Die westafrikanischen Armeen sind nicht auf ein Krisenmanagement außerhalb ihrer Grenzen ausgerichtet.

Elie Tenenbaum, Direktor des Ifri-Zentrums für Sicherheitsstudien, gegenüber der französischen Zeitung „Libération“.

Ob die Ecowas-Länder allerdings zu einem koordinierten militärischen Vorgehen in der Lage wären, wird von Experten bezweifelt. „Eine Operation zur Wiederherstellung der Macht würde auf drei Hindernisse stoßen, und zwar auf operativer, strategischer und politischer Ebene“, sagte Elie Tenenbaum, Direktor des Ifri-Zentrums für Sicherheitsstudien, der französischen Zeitung „Libération“. „Die westafrikanischen Armeen haben materielle Schwierigkeiten und sind auf die Sicherung ihres eigenen Territoriums ausgerichtet, nicht auf ein Krisenmanagement außerhalb ihrer Grenzen.“

Die Drohung einer militärischen Intervention der Ecowas-Länder müsse man aber sehr ernst nehmen, sagte die französische Außenministerin Catherine Colonna.
Die Drohung einer militärischen Intervention der Ecowas-Länder müsse man aber sehr ernst nehmen, sagte die französische Außenministerin Catherine Colonna.

© AFP/Frederick Florin

Die Drohung einer militärischen Intervention der Ecowas-Länder müsse man aber sehr ernst nehmen, sagte Außenministerin Colonna. Auf die Frage nach einer möglichen Unterstützung Frankreichs antwortete sie jedoch, dass „wir noch nicht so weit sind“ und dass es an den „Staatschefs der Länder in der Region liegen wird, die Entscheidung über eine Intervention zu treffen und den Rahmen für diese mögliche Intervention festzulegen“.

Allerdings hat Frankreich großes Interesse daran, dass im Niger die Stabilität wiederhergestellt wird. Das Land ist wichtig für die Anti-Terror-Einsätze gegen islamistische Milizen in der Sahel-Zone. Nach dem Putsch in Mali im Jahr 2021 hat der Niger hier noch einmal an Bedeutung gewonnen. Dass Frankreich seine Truppen in einem Land stationiert lassen würde, das einer Putschregierung untersteht, scheint ausgeschlossen.

Aber auch wirtschaftlich könnte die Zusammenarbeit mit dem Niger schwierig bis unmöglich werden, sollte in der nigrischen Hauptstadt Niamey die Militärjunta an der Macht bleiben. Das würde Frankreich an einer empfindlichen Stelle treffen: der Energieversorgung. Durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Frankreich begonnen, seinen Energiesektor unabhängiger zu machen, unter anderem mit Atomstrom. Der Niger ist in diesem Zusammenhang wegen seines Uran-Reichtums enorm wichtig für Frankreich.

20 Prozent der französischen Importe des Rohstoffs kommen aus dem Sahelstaat. Erst im Mai dieses Jahres wurden neue Verträge zwischen dem Atomkonzern Orano und der Regierung in Niamey unterzeichnet, der Uran-Abbau sollte bis 2040 verlängert werden. Ob und wie diese Kooperation weitergehen kann, hängt nun davon ab, ob es tatsächlich zu einem Krieg kommt – womöglich mit französischer Beteiligung.

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