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Schulunterricht in Moskau.

© IMAGO/SNA

Ukraine-Invasion Tag 749: Russisches Schulbuch soll Schüler zum Eintritt in die Armee ermutigen

Leonid Wolkow im Exil angegriffen. Putin sieht sein Land für einen Atomkrieg gerüstet. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Russland sorgt sich offenbar um seinen militärischen Nachwuchs und versucht nun stärker, in die Schulen hineinzuwirken. Wie die BBC berichtet (Quelle hier), gibt es ein neues Schulfach für 15- bis 18-Jährige, das für den Eintritt in die Armee nach der Schulzeit werben soll. Statt des Faches „Grundlagen sicheren Lebens“ soll ab September „Grundlagen der Sicherheit und Verteidigung des Vaterlandes“ unterrichtet werden. Und zwar nicht nur in Russland, sondern auch in den besetzten Gebieten in der Ukraine.

Angeblich sollen ehemalige Soldaten das neue Fach unterrichten, nach einem Umschulungskurs zum Lehrer. Das erste Lehrbuch für das neue Fach trage den Titel: „Die russische Armee zur Verteidigung des Vaterlandes“. Zu den Autoren sollen Personen zählen, die für das russische Verteidigungsministerium und eine Kreml-nahe Zeitung arbeiten. 368 Seiten, gefüllt mit „heldenhaften Leistungen russischer Soldaten“.

Ein Abschnitt des Buches beschäftigt sich offenbar mit einem detaillierten Überblick über die Struktur der russischen Streitkräfte und fordert Menschen ab 18 Jahren zum Militärdienst auf. Das Lehrbuch liste die erforderlichen Dokumente und den Link zum Bewerbungsformular auf. Es würden militärische Vorteile wie kostenlose medizinische Versorgung und Versicherung, ein attraktives Gehalt und drei Mahlzeiten am Tag hervorgehoben.

Falsche Behauptungen gibt es in dem Buch offenbar zuhauf, auch zum aktuellen Krieg: „Es waren die Ukraine und die Nato, die den Krieg beginnen wollten.“ Eine der Illustrationen in dem Lehrbuch trägt die Überschrift: „Manchmal kann der Frieden nur mithilfe von Panzern wiederhergestellt werden.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Leonid Wolkow, ein enger Vertrauter des in Haft ums Leben gekommenen russischen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny, ist im Exil in Litauen angegriffen worden. Er gab sich hintrerher kämpferisch: „Wir werden arbeiten und wir werden nicht aufgeben“, sagte Wolkow einem Onlinevideo. Er sei Opfer eines „typischen“ Angriffs der Schergen des russischen Präsidenten Wladimir Putin geworden. „Sie wollten buchstäblich ein Schnitzel aus mir machen.“ Mehr dazu hier.
  • Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU hat einem Insider zufolge drei russische Ölraffinerien in Rjasan, Kstowo und Kirischi in der Nacht zum Mittwoch angegriffen. Dies sei Teil der Strategie, das wirtschaftliche Potenzial Russlands zu verringern. „Den Videos im Internet nach zu urteilen, waren die Folgen ziemlich beträchtlich“, sagt der Insider.
  • Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Aufstellung zusätzlicher Truppen und Waffensysteme an der Grenze zum neuen Nato-Mitglied Finnland angekündigt. Wie er es sehe, sei der Nato-Beitritt ein „absolut sinnloser Schritt“ gewesen, der nicht den nationalen Interessen Finnlands entspreche. Mehr dazu hier.
  • Der russische Präsident Wladimir Putin sieht sein Land für einen Atomkrieg gerüstet. Aus militärisch-technischer Sicht sei Russland bereit, Atomwaffen einzusetzen, wenn die Existenz des russischen Staates bedroht sei, sagt Putin in einem Interview der staatlichen Nachrichtenagentur RIA und des Senders Rossja-1.
  • Russland wird bei der anstehenden Präsidentenwahl nach britischer Einschätzung eine hohe Wahlbeteiligung in besetzten Gebieten in der Ukraine angeben und entsprechend Druck ausüben. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Besatzungsbehörden in diesen Gebieten eine hohe Wahlbeteiligung mit einer überwältigenden Unterstützung für (Präsident Wladimir) Putin behaupten werden, unabhängig davon, was wirklich geschieht“, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Damit solle der Eindruck einer demokratischen Entscheidung erweckt werden.
  • In der Ukraine hat es nach neuerlichen russischen Drohnen- und Bombenangriffen in der Nacht Tote und Verletzte gegeben. In der Großstadt Sumy im Norden des Landes sei ein Wohnhaus durch eine Drohnenattacke schwer beschädigt worden, teilte die Gebietsverwaltung auf Telegram mit. „Vorläufigen Informationen nach wurden zehn Menschen aus den Trümmern geborgen, acht davon haben Verletzungen unterschiedlicher Schwere erlitten. Leider gibt es auch einen Toten.“
  • Russland verfolgt nach Angaben von Präsident Wladimir Putin aufmerksam die in Deutschland laufende Diskussion über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. „Wir werden sehen, worauf sie sich einigen werden, wir verfolgen das sehr genau“, sagte der Kreml-Chef in einem im Staatsfernsehen ausgestrahlten Interview. Sowohl ausländische als auch deutsche Fernsehkanäle zeigten bei der Bundeswehr immer wieder, „wie viel von deren Ausrüstungen in einem mangelhaften Zustand ist, wie viel verbessert, modernisiert werden muss und so weiter“.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Bundestag seine Ablehnung der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine bekräftigt. Er werde keiner Lieferung weitreichender Waffensysteme zustimmen, wenn dafür eine Beteiligung deutscher Soldaten nötig sei, sagte Scholz im Bundestag. Dies gelte nicht nur für eine Entsendung in die Ukraine, sondern auch dann, wenn die Einsatzplanung für Taurus „in Deutschland stattfindet“.
  • Die ukrainischen Truppen werden nach den Worten von Außenminister Dmytro Kuleba „in absehbarer Zukunft“ von Tschechien Artilleriemunition erhalten. „Diese Woche werden wir unsere tschechischen Kollegen kontaktieren, wenn sie einen detaillierten Versorgungsplan vorlegen werden, wie das funktionieren wird“, sagt Kuleba.
  • Russland lehnt eine Rückgabe des besetzten Kernkraftwerks Saporischschja an die Ukraine oder eine internationale Kontrolle über die Anlage strikt ab. Im Gegenteil betrachte Moskau jede Forderung nach einer Rückgabe als „versuchten Anschlag auf die Souveränität und territoriale Unversehrtheit Russlands“, teilte das Außenministerium mit.
  • Pro-ukrainische Kämpfer haben Angriffe auf zwei große Städte im russischen Grenzgebiet angekündigt. Die Kiew unterstützenden russischen Milizen riefen die Bevölkerung von Belgorod und Kursk auf, die beiden Städte „sofort zu verlassen“. In den pro-ukrainischen Freiwilligen-Milizen haben sich Kreml-Gegner aus Russland zusammengeschlossen. Sie waren bereits am Dienstag in russische Grenzregionen vorgedrungen.
  • Nach heftiger Kritik an seiner Äußerung zum Hissen der „weißen Flagge“ im Ukraine-Krieg hat sich Papst Franziskus nicht zu der Kontroverse erklärt. Bei der traditionellen Generalaudienz rief das Oberhaupt der katholischen Kirche allgemein zum Gebet gegen Krieg auf. „Beten wir zum Herrn, dass er uns die Gnade schenke, diesen Wahnsinn des Krieges zu überwinden, der immer eine Niederlage ist“, sagte der 87-jährige Pontifex vor zahlreichen Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom.

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