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Die teuren Uhren am Handgelenk von Präsidentin Dina Boluarte haben Fragen aufgeworfen.

© REUTERS/Luis Iparraguirre

Sechs Minister zurückgetreten: Bringt eine Rolex Perus Präsidentin zu Fall?

Dina Boluarte hat verdächtig viele Luxusuhren – deshalb laufen nun Ermittlungen wegen der Veruntreuung. Experten vermuten allerdings ein Ablenkungsmanöver.

Dina Boluarte trägt gerne teuren Schmuck. Und das könnte ihr nun zum Verhängnis werden: Denn auch der peruanischen Presse sind die glitzernden Uhren am Handgelenk ihrer Präsidentin aufgefallen. Seit ihrem Amtsantritt habe Boluarte immer wieder Accessoires getragen, die sie sich mit ihrem Gehalt gar nicht leisten könne, berichtet das Nachrichtenportal „La Encerrona“.

Verschiedene Medien begannen anschließend zu zählen, kamen auf 14 Uhren, davon drei der Marke Rolex, zudem trug sie ein Cartier-Armband. Boluarte wird nun vorgeworfen, dass sie Gelder veruntreut habe.

Die Staatsanwaltschaft Perus reagierte am Samstag mit einer Durchsuchung im Haus der Präsidentin, bei der sie allerdings keine der Schmuckstücke fanden. Zwei Tage später traten sechs ihrer Minister zurück – ob das eine Reaktion auf die Razzia war, blieb bis zum Schluss unklar. Die große Frage ist nun: Könnte der Skandal um den Luxusschmuck Dina Boluarte ihr Amt kosten?

Die Politikwissenschaftlerin Yasmin Calmet hält das für unwahrscheinlich. Allerdings nicht, weil Perus Präsidentin sich nichts zuschulden kommen ließ, sondern weil das Parlament bisher keine Anstalten macht, sie abzusetzen. Boluarte ist nicht gewählt und rückte 2022 für den entmachteten Ex-Präsidenten Pedro Castillo nach.

Viele Gründe für einen Rücktritt

In der Bevölkerung gab es nach Castillos Absetzung große Proteste, die Demonstranten warfen dem Parlament einen Putsch vor. Der linke Präsident wurde besonders von der ländlichen Bevölkerung als Gegenspieler der städtischen Politelite gefeiert, Boluarte war seine Vizepräsidentin.

Kaum im Amt, setzte sie das Militär gegen die Demonstranten ein, mindestens 50 Menschen kamen in den Wochen und Monaten darauf ums Leben. Gegen die Präsidentin wird seitdem wegen „Völkermords, schwerer Tötung und schwerer Körperverletzung“ ermittelt.

Eigentlich hätte sie längst Neuwahlen ausrufen sollen „und hatte in über einem Jahr auch mehrere Gelegenheiten dazu“, sagt Politologin Katherin Mamani. Bisher gibt es dafür allerdings keinen Termin. Umfragen zufolge sind zwischen 80 und 92 Prozent der Bevölkerung unzufrieden mit ihrer Präsidentin.

„Boluarte sollte aus vielen Gründen zurücktreten oder abgesetzt werden“, sagt auch Calmet. „Aber daran besteht im Parlament bislang nicht genügend Interesse.“ Perú Libre, ausgerechnet die linke Partei Castillos, für die sie 2022 noch als dessen Vizepräsidentin zur Wahl antrat, unternahm den Versuch eines Misstrauensvotums, bekam allerdings nicht ausreichend Stimmen.

Denn Boluarte hat die rechten Parteien im Parlament auf ihrer Seite, sagt Politik-Expertin Mamani. Sie haben momentan kein Interesse daran, die Präsidentin abzusetzen. „Wenn Boluarte geht, müssen auch sie gehen“, sagt sie. Die Unzufriedenheit mit dem Parlament ist ähnlich hoch wie mit ihr. „Die Bevölkerung misstraut der Politik. Schon 2020 gab es Proteste mit dem Slogan ,Alle raus’.“ Das Land ist seit der Pandemie wirtschaftlich angeschlagen, Korruption und politische Instabilität verstärken das Problem.

Sie macht – vorerst – weiter: Nachdem sechs ihrer Minister zurücktraten, ernannte Präsidentin Dina Boluarte einfach gleich neue.

© REUTERS/SEBASTIAN CASTANEDA

Yasmin Calmet vermutet gar, dass es sich bei Rolex-Affäre um ein Ablenkungsmanöver handeln könnte. „Zumindest der Zeitpunkt ist verdächtig“, sagt sie.

Dafür ist wichtig zu wissen: Das Parlament hat mit Unterstützung der Präsidentin Anfang März eine umstrittene Verfassungsänderung beschlossen, durch die in Peru ein Zweikammersystem mit Parlament und Senat eingeführt werden soll. „Grundsätzlich ist das System ein gutes Mittel für mehr gegenseitige Kontrolle der Staatsgewalten“, sagt Politologin Calmet. In Peru befürchten allerdings viele, dass Politiker den neuen Senat zu ihrem Vorteil instrumentalisieren wollen. Es formierte sich Protest.

Statt über die Zukunft des demokratischen Systems zu diskutieren, diskutieren wir jetzt über Luxusuhren.

Yasmin Calmet, Politologin der Universidad Federal da Fronteira Sul

Denn in Peru dürfen sich Abgeordnete nur für eine Legislaturperiode zur Wahl aufstellen. Im neuen Zweikammersystem könnten sie sich, so sieht es das neue Gesetz vor, nach ihrer Zeit im Parlament dagegen im Senat bewerben – und damit ihre politische Karriere verlängern.

In einem Referendum sprachen sich 2018 deshalb 90 Prozent der Wähler gegen die Wiedereinführung dieses Systems aus. Das Parlament führte es jetzt trotzdem ein. „Wir wissen, dass das System korrupt ist. Aber den Willen der Bevölkerung so sehr zu ignorieren, ist gravierend“, sagt Calmet.

Hier kommt der Rolex-Skandal von Boluarte ins Spiel. „Denn statt über die Zukunft des demokratischen Systems zu diskutieren“, sagt die Politikwissenschaftlerin, „diskutieren wir jetzt über Luxusuhren.“

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