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Eine Flüchtlingsunterkunf im Irak.

© imago/photothek/imago stock

„Könnten Pull-Effekt haben“: Sachverständigenrat sieht Asylzentren in Drittstaaten kritisch

Die Bundesregierung prüft die Auslagerung von Asylverfahren. Die Konsequenzen seien aber schwer vorhersehbar, warnen Experten.

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration sieht juristische, aber auch praktische Hürden für die von einigen Politikern geforderte Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten.

Es stelle sich die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass die Verfahren unter Einhaltung europäischer Asyl- und Menschenrechtsstandards umgesetzt werden können, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme. „Dazu hat sich bislang noch kein Land bereit erklärt“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats, der Politikwissenschaftler Hans Vorländer.

Zudem gibt er zu bedenken, dass auch die praktischen Konsequenzen einer solchen Verlagerung unklar seien: „So könnten derartige Zentren einen Pull-Effekt haben und die Antragszahlen eher vergrößern.“ Vorländer verweist zudem auf juristische Fragen.

Das in der Genfer Flüchtlingskonvention verankerte Prinzip der Nichtzurückweisung Schutzsuchender müsse beachtet werden. Auch das Verbot der kollektiven Ausweisung und den Anspruch auf Zugang zu effektivem Rechtsschutz sehe der Sachverständigenrat in Gefahr.

Die Auslagerung von Asylverfahren setzt nach Ansicht der Expertinnen und Experten zudem voraus, dass die Asylpolitik in der EU grundlegend harmonisiert und solidarisch gestaltet werde. Dies sei auch mit den aktuellen Plänen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems nicht absehbar, sagte Vorländer. Die bisherigen Pläne sehen zwar einen sogenannten Solidaritätsmechanismus vor, der zu einer gerechteren Verteilung Schutzsuchender innerhalb der EU führen soll. Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, könnten stattdessen aber einen finanziellen oder alternativen Beitrag leisten.

Der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von Anfang November sieht vor, dass die Bundesregierung prüfen soll, „ob die Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention zukünftig auch in Transit- oder Drittstaaten erfolgen kann“.

Die Forderung kam zuvor vor allem aus der Union. Großbritannien hatte ein Abkommen mit Ruanda geschlossen, um abgelehnte Asylbewerber dorthin zurückschicken zu können. Es wurde von britischen Gerichten aber als rechtswidrig eingestuft. (epd)

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