zum Hauptinhalt
Ein Fahrzeug des Roten Kreuzes.

© AFP/-

Update

Deal wäre fast gescheitert: Zweite Gruppe von Hamas-Geiseln frei – wie es zur Verzögerung kam

13 Israelis, darunter vier deutsche Doppelstaatler, und vier Thailänder sind am Samstag nach Israel zurückgekehrt. Die Übergabe hatte sich aber verzögert, Katar musste einschreiten.

| Update:

Nach Beginn der Feuerpause im Gaza-Krieg hat die islamistische Hamas eine zweite Gruppe von Geiseln freigelassen. Das Rote Kreuz habe am Samstag 13 Israelis sowie vier thailändische Staatsbürger über die Grenze nach Ägypten gebracht, teilte das israelische Militär am Abend mit. Kurz danach verkündete es, dass die Geiseln zurück in Israel seien. 

Die Hamas hatte zunächst von sieben ausländischen Staatsangehörigen gesprochen. Auch das Außenministerium von Katar erklärte dagegen, es seien lediglich vier Ausländer. Nach Angaben Katars sollen unter den freigelassenen Israelis acht Minderjährige und fünf Frauen sein.

Vier davon sind auch deutsche Doppelstaatler. Das teilte Außenministerin Annalena Baerbock in der Nacht zum Sonntag auf der Plattform X, ehemals Twitter, mit. „Ich denke an sie und an die, die noch in den Händen der Hamas sind. Wir arbeiten mit aller Kraft daran, dass auch sie bald in Freiheit sind.“

Nach Angaben ihrer Familien handelt es sich bei den vier Deutschen um eine 67-jährige Frau, sowie ihre 38-jährige Tochter und deren Kinder im Alter von 3 und 8 Jahren.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Nur wenige Stunden vor der Freilassung der Geiseln hatte die Hamas eine Übergabe in letzter Minute überraschend gestoppt. Als Grund nannte die Terrororganisation, dass Israel aus ihrer Sicht gegen einen Teil des Geisel-Deals verstoßen habe.

Mit Hilfe Ägyptens und Katars seien nach einer Verzögerung mit beiden Seiten die „Hindernisse für die Freilassung“ der Geiseln überwunden worden, erklärte der Sprecher des Außenministeriums in Doha, Madsched Al-Ansari im Onlinedienst X, vormals Twitter.

Im Gegenzug wurden am Abend 39 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen entlassen. Unter ihnen sind der Hamas zufolge sechs Frauen und 33 männliche Jugendliche unter 19 Jahren.

Wie begründet die Hamas die verspätete Geisel-Übergabe?

Als Grund für die verspätete Geisel-Übergabe nannte die Palästinenserorganisation, dass Israel aus ihrer Sicht gegen einen Teil des Geisel-Deals verstoßen habe. Sie warf Israel vor, Hilfslieferungen nicht wie vereinbart auch in den nördlichen Teil des Gazastreifen ermöglicht zu haben.

Ob dies tatsächlich Teil des von Katar vermittelten Abkommens zwischen den beiden Konfliktparteien war, blieb zunächst unklar.

In Israel war zunächst immer die Rede davon, Transporte mit Hilfsgütern wie Nahrung und Treibstoff in den Süden zu ermöglichen, wo sich Zehntausende Palästinenser vor den Kämpfen im Norden hingeflüchtet haben.

Auch gab der militärische Arm der Hamas an, Israel halte sich außerdem bei der Freilassung von Häftlingen nicht „an die vereinbarten Standards“.

Wie reagierte Israel auf die abgesagte Geisel-Übergabe?

Israel hatte als Antwort auf die verspätete Geisel-Übergabe ein Ende der Feuerpause um Mitternacht (Ortszeit) angedroht, sollte die islamistische Hamas die zweite Gruppe von Geiseln nicht wie geplant freilassen.

„Die Hamas ist sich bewusst, dass das israelische Militär die Bodenoffensive im Gazastreifen fortsetzen wird, wenn die Geiseln nicht bis Mitternacht freigelassen werden“, sagte ein israelischer Sicherheitsbeamter am Samstag der Nachrichtenseite „ynet“ - und warf der Hamas vor, bereits am Vortag „dasselbe Spiel“ gespielt zu haben.

Ein Fahrzeug des Roten Kreuzes, in dem vermutlich Geiseln transportiert wurden, erreichte am 24. November 2023 die Grenze von Rafah im südlichen Gazastreifen.
Ein Fahrzeug des Roten Kreuzes, in dem vermutlich Geiseln transportiert wurden, erreichte am 24. November 2023 die Grenze von Rafah im südlichen Gazastreifen.

© dpa/Mohammed Talatene

Demnach seien kurzfristig die Reiseroute und der Transport der Geiseln geändert worden.

Dem Beamten zufolge sollen auch, anders als von der Hamas angegeben, mehr als 61 von 200 für den Tag geplanten Hilfstransporte in den nördlichen Gazastreifen gelangt sein. Auch mehrere weitere israelische Medien berichteten unter Berufung auf Sicherheitskreise von dem Ultimatum bis Mitternacht, eine offizielle Bestätigung stand jedoch zunächst aus.

Freilassung der Geiseln: Wie kam es zu der Verzögerung?

Zuvor hatte es am Samstag Berichte gegeben, dass die Übergabe der Geiseln bereits begonnen habe. Es war nach unterschiedlichen Angaben von 13 oder 14 Israelis die Rede, die in der zweiten Gruppe freigelassen werden sollten.

Die Geiseln sollten Berichten zufolge sogar bereits an das Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) übergeben worden sein. Eine Bestätigung gab es dafür nicht. Unklar war zunächst auch, wie lange die angekündigte Verzögerung dauern wird. Auch war offen, wie Israel auf die Verzögerung reagieren würde.

Wie viele Tage Waffenruhe wurden ursprünglich vereinbart?

Die von Israel und der Hamas ausgehandelte Waffenruhe sollte eigentlich mindestens vier Tage dauern. Gemäß der Vereinbarung sollen in dieser Zeit insgesamt 50 Geiseln freikommen.

Eine Verlängerung der Feuerpause auf bis zu zehn Tage ist möglich, wie das in dem Konflikt vermittelnde Golfemirat Katar mitgeteilt hatte. Insgesamt sieht die Vereinbarung eigentlich einen Austausch von bis zu 100 Geiseln aus Israel gegen bis zu 300 palästinensische Häftlinge vor.

Was konnten die Hilfskonvois im Gazastreifen bislang erreichen?

Mit der Feuerpause rollte als Teil der Vereinbarung der Transport humanitärer Hilfe über den ägyptischen Grenzübergang Rafah in den Süden des Gazastreifens, um die Not der Menschen zu lindern. Der Palästinensische Rote Halbmond sprach von 196 Lastwagen.

Am Samstag sollten es demnach 260 Lastwagen sein. Am Morgen wurden schon Lebens- und Arzneimittel sowie Gas zum Kochen und Diesel in den Küstenstreifen geliefert.

Wie viele Geiseln wurden bereits freigelassen?

Am Freitag waren 24 Geiseln (13 Israelis sowie 11 Ausländer) freigekommen. Unter ihnen waren auch vier Deutsch-Israelis.

Im Gegenzug wurden 39 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen. Das Abkommen zwischen Israel und der Hamas sieht vor, dass für jede Geisel aus Israel drei palästinensische Häftlinge freikommen sollen.

Ein israelischer Gefangenentransporter transportiert palästinensische Gefangene, die von den israelischen Behörden aus dem Militärgefängnis Ofer bei Jerusalem entlassen wurden.
Ein israelischer Gefangenentransporter transportiert palästinensische Gefangene, die von den israelischen Behörden aus dem Militärgefängnis Ofer bei Jerusalem entlassen wurden.

© dpa/Mahmoud Illean

Palästinensischen Medien zufolge handelt es sich bei den Freigelassenen um sechs Frauen sowie 33 männliche Jugendliche unter 19 Jahren. Am Samstagabend hatten Dutzende auf die Freilassung vor einem israelischen Gefängnis nördlich von Jerusalem gewartet.

Sie sind einem Medienbericht zufolge bei ihrer Rückkehr ins Westjordanland und Ost-Jerusalem mit Jubel begrüßt worden. Auf einem von der Zeitung „The Times of Israel“ in der Nacht zum Sonntag verlinkten Video sind skandierende Menschenmengen und darunter hochgehaltene grüne Fahnen der islamistischen Hamas zu sehen.

In welchem Zustand sind die bisher freigelassenen Geiseln?

Die am Freitag nach Israel zurückgekehrten Geiseln wurden zunächst in Krankenhäuser in der Nähe von Tel Aviv gebracht und mit ihren Familien vereint.

„Kein Auge blieb trocken“, sagte eine Direktorin des israelischen Gesundheitsministeriums, Shoshy Goldberg, laut dem US-Nachrichtensender CNN auf einer Pressekonferenz vor Ort. Das israelische Militär teilte mit, dass die 24 aus dem Gazastreifen freigelassenen Menschen in „gutem Zustand“ seien.

Ein Hubschrauber mit von der Hamas freigelassenen Geiseln landet auf dem Schneider Children’s Medical Center in Petach Tikwa.
Ein Hubschrauber mit von der Hamas freigelassenen Geiseln landet auf dem Schneider Children’s Medical Center in Petach Tikwa.

© dpa/Ilia Yefimovich

Wie geht es den freigelassenen deutschen Geiseln?

Der Mann einer freigelassenen Deutschen äußerte sich glücklich über die Rückkehr seiner Frau und ihrer gemeinsamen zwei kleinen Töchter am Freitag. Er werde aber nicht feiern, ehe nicht alle Entführten zurückkehrten, sagte der Angehörige auf Hebräisch bei Facebook.

„Ich bin glücklich, dass ich meine Familie zurückbekommen habe.“ Er wolle ihnen helfen, sich von dem schrecklichen Trauma, das sie erlitten hätten, zu erholen. „Es liegen noch schwierige Tage vor mir.“

Medien zufolge wurden die Mutter und die beiden Kinder aus dem Haus der Großmutter entführt. Die Großmutter selbst sei bei dem Massaker der Hamas am 7. Oktober von Terroristen ermordet worden.

Welche Rolle spielt Katar bei dem bisherigen Geisel-Deal?

Überraschend traf eine Delegation aus Katar in Israel ein. Das Golfemirat hatte die Abmachung über die Feuerpause und die Freilasung der Geiseln ausgehandelt.

Ein Teil des katarischen „Einsatzteams“ solle vor Ort weitere Schritte absprechen und sicherstellen, dass „der Deal weiterhin reibungslos verläuft“, sagte ein Diplomat der Deutschen Presse-Agentur. Katar pflegt gute Kontakte zur Hamas, unterhält selbst aber keine diplomatischen Beziehungen zu Israel.

In der mindestens viertägigen Feuerpause sieht die Regierung Katars auch eine Vorlage für eine mögliche Verlängerung. „Wir haben die Formel, deshalb wird es leichter sein, einen zweiten Deal über die Bühne zu bringen“, sagte Madschid al-Ansari, Sprecher des Außenministeriums, der Deutschen Presse-Agentur am Freitagabend.

Nach israelischen Informationen sollen am Sonntag weitere Geiseln freikommen. Am selben Tag wird Bundespräsident Steinmeier zu einem Solidaritätsbesuch in Israel erwartet. (dpa, Tsp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false